Hamburg. Handel beklagt Einbußen von 20 bis 50 Prozent. Barkassen fehlen bis zu 70 Prozent der Umsätze. Neuinfektionen steigen nicht mehr.

Die erste Hälfte des Novembers ist geschafft – doch die Beschränkungen für die Bürger , für Gastronomie, Kultur und Sport haben in Hamburg tiefe Spuren hinterlassen, wirtschaftlich wie sozial. Folgen des Shutdowns zeigten sich in der Innenstadt, sagte City-Managerin Brigitte Engler am Sonntag. Obwohl die Geschäfte geöffnet bleiben dürfen, sei die Kundenfrequenz in den vergangenen zwei Wochen um etwa 40 Prozent gesunken. Damit einher gingen Umsatzeinbußen von 20 bis 50 Prozent je nach Warengruppe im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Unter den schwierigen Umständen laufe noch relativ gut der Verkauf von Produkten, die das Leben zu Hause angenehmer machen. „Unterhaltungselektronik, Dekorationsartikel, Bettwäsche, Kosmetika, Spielwaren und Bücher werden nachgefragt“, sagte Engler. „Schwerer tut sich der Bereich Modewaren.“

Etliche Kunden erledigen schon Weihnachtseinkäufe

Zwar war die Innenstadt seit Anfang November an einigen Tagen relativ gut besucht, etwa am Sonnabend. Womöglich habe das mit dem Wetter zu tun gehabt, sagte Engler. Auffällig sei, dass etliche Kunden schon Weihnachtseinkäufe erledigten. Insgesamt sei aber erheblich weniger los gewesen – vor allem deshalb, weil Restaurants und Cafés geschlossen bleiben müssen und Speisen nur zum Verzehr außer Haus anbieten dürfen. „Einen Einkauf in der City verbinden viele Menschen mit einem Besuch in einem der Cafés und Restaurants“, sagte Engler. Erschwerend komme hinzu, dass derzeit kaum Touristen die Innenstadt besuchten, viele in der City ansässige Firmen ihre Mitarbeiter wieder ins Homeoffice geschickt haben und dass es in der City kaum Wohnbevölkerung gebe.

Brigitte Engler hofft auf Besserung. „Vor uns liegen die wichtigsten Wochen des Jahres.“ Auch ohne Weihnachtsmärkte werde sich die City mit Licht­installationen und weihnachtlichem Schmuck präsentieren, um den Kunden einen stimmungsvollen Einkauf zu ermöglichen.

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Hafenschifffahrt klagt über Umsatzeinbußen

Hart getroffen von der Pandemie sehen sich auch die Barkassen-Betreiber. „Die Corona-Krise mit dem zweiten Verbot von Gästefahrten hat der gesamten Branche große Einbußen beschert“, sagte Knut Heykena, Geschäftsführer des Hafenschifffahrtsverbands Hamburg, der DPA. Die Sommersaison sei schlecht gelaufen, sagte Jan Ehlers von der Barkassen-Centrale Ehlers. „Es konnte kaum Geld gespart werden für den Winter.“ Besonders hart treffe es Firmen, die ihr Geld mit Geburtstags- und Partyfahrten verdienen. Manche Betriebe befürchten einen Umsatzverlust von bis zu 70 Prozent auf das ganze Jahr gerechnet.

Die Barkassen-Betreiber trifft die Pandemie mit Wucht.
Die Barkassen-Betreiber trifft die Pandemie mit Wucht. © dpa | Christian Charisius

Dass seit zwei Wochen das öffentliche Leben teilweise heruntergefahren ist, bedeutet für viele Menschen auch eine besondere psychische Belastung. „Bei uns melden sich seit Anfang November mehr Akut-Anrufer als sonst üblich“, sagte die Leiterin der Telefonseelsorge der Diakonie Hamburg, Babette Glöckner. Dagegen erwischten Mehrfach-Anrufer, die sich sonst regelmäßig mit Problemen an die Hotline wenden, wegen der vielen Anfragen von Akut-Anrufern weniger freie Gesprächszeiten. Wegen des Coronavirus seien viele Anrufer verunsichert. „Wie geht es bloß weiter? – Das ist eine Frage, die wir häufig hören“, sagte Glöckner. Etliche Anrufer haben nach eigenen Angaben schon eine Corona-Infektion überstanden, aber mit Folgen wie Erschöpfung, Schlafstörungen, Geruchs- und Geschmacksverlust und Ängsten zu kämpfen

Corona-Infektionen in Deutschland und weltweit.

77 Patienten auf Intensivstationen

Ein Rückgang des Infektionsgeschehens zeigt sich in Hamburg noch nicht: Mit 528 Corona-Neuinfektionen am Sonnabend und 243 am Sonntag meldeten die Gesundheitsämter erneut hohe Zahlen, obwohl offenbar eine Stagnation erreicht ist. Die Sieben-Tage-Inzidenz ging von 167,9 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner am Freitag leicht auf aktuell 162,3 zurück. Am Sonntag vor einer Woche lag die Inzidenz bei 163,4. Die Zahl der Covid-19-Patienten auf Intensivstationen stieg von 71 am Freitag auf 77 am Sonntag; 63 der Betroffenen kommen aus Hamburg. Stationär werden insgesamt 273 Covid-19-Patienten in Kliniken der Hansestadt behandelt.

Zugenommen hat das Infektionsgeschehen in Hamburgs Pflegeeinrichtungen (siehe auch Text unten): 349 Heimbewohner waren am Freitag nachweislich mit Corona infiziert – erheblich mehr als Anfang der Woche (266). Unter den Beschäftigten gab es 167 akute Fälle – am Wochenanfang waren 122 Fälle gemeldet worden. Insgesamt waren zuletzt 13 Pflegeeinrichtungen betroffen, sechs weniger als Anfang vergangener Woche.

102 Schulklassen in Quarantäne

Welche Rolle die Schulen bei der Pandemie spielen und ob es beim Präsenzunterricht bleiben sollte, ist umstritten. In Hamburg seien aktuell 4252 Schüler und Schulbeschäftigte vorbeugend in Quarantäne, weil sie Kontakt mit Infizierten hatten – das entspreche einer Quote von 1,46 Prozent der insgesamt 290.500 Schüler sowie Schulbeschäftigten, teilte Schulsenator Ties Rabe (SPD) auf Anfrage mit. „Es ist besser, wenn 1,46 Prozent in Quarantäne sind, als wenn wir für 100 Prozent aller Schüler den Unterricht einschränken.“ Von insgesamt 9500 Klassen befanden sich am Freitag 102 Klassen in Quarantäne.

Tatsächlich mit Corona infiziert seien in Hamburg derzeit 804 Schüler und Schulbeschäftigte. Das entspreche einer Quote von 0,28 Prozent. Diese Fälle betreffen 227 Schulen von 472 Schulen.

Lockdown auf Sylt: Die Insel ist leer

Die Urlauber Andreas und Sabine Lux müssen jetzt auch die Insel verlassen. Sie genießen hier ihre letzten Stunden auf der Promenade von Westerland
Die Urlauber Andreas und Sabine Lux müssen jetzt auch die Insel verlassen. Sie genießen hier ihre letzten Stunden auf der Promenade von Westerland © Andreas Laible / Funke Foto Services
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Der "Hotspot‘ Friedrichstraße in Westerland ist fast menschenleer. Hier gilt nun auch die Maskenpflicht. © Andreas Laible / Funke Foto Services
Hoteldirektor Christian Siegling im leer geräumten Frühstücksraum des Keitumer Hotels Severin’s: „Wir haben alle Corona-Auflagen erfüllt, und jetzt müssen wir wieder schließen. Da fühlt man sich hilflos.“
Hoteldirektor Christian Siegling im leer geräumten Frühstücksraum des Keitumer Hotels Severin’s: „Wir haben alle Corona-Auflagen erfüllt, und jetzt müssen wir wieder schließen. Da fühlt man sich hilflos.“ © Andreas Laible / Funke Foto Services
Reisende gehen auf einem Bahnsteig zu einem Zug, der die Insel Sylt verlässt.
Reisende gehen auf einem Bahnsteig zu einem Zug, der die Insel Sylt verlässt. © : Bodo Marks/dpa
Der Gastronom: Tobi Kusch ist einer der Betreiber vom Pony Club in Kampen und will schnell wieder loslegen.
Der Gastronom: Tobi Kusch ist einer der Betreiber vom Pony Club in Kampen und will schnell wieder loslegen. © Andreas Laible / FUNKE Foto Services | Andreas Laible
Die Promenade am leeren Strand von Westerland.
Die Promenade am leeren Strand von Westerland. © Andreas Laible / Funke Foto Services
Touristen verlassen die Insel: Fahrzeuge werden an der Sylter Autozugverladung eingewiesen.
Touristen verlassen die Insel: Fahrzeuge werden an der Sylter Autozugverladung eingewiesen. © Bodo Marks/dpa
Leere Tische und Stühle stehen angekettet vor einem Lokal.
Leere Tische und Stühle stehen angekettet vor einem Lokal. © dpa
Strandarbeiten am Strand von Westerland.
Strandarbeiten am Strand von Westerland. © Andreas Laible / Funke Foto Services
Moritz Luft, Chef von Sylt Marketing:
Moritz Luft, Chef von Sylt Marketing: "Die Wirtschaft auf Sylt hängt maßgeblich vom Tourismus ab." © Andreas Laible / Funke Foto Services
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Zehner-Regel gilt auch für Fahrzeuge

Rabe will sich dafür einsetzen, dass die Kultusministerkonferenz eine Studie in Auftrag gibt, die genauer untersucht, ob sich infizierte Schüler in oder außerhalb der Schule angesteckt haben. Erkenntnisse darüber seien „entscheidend für alle Diskussionen über die Öffnung oder Schließung der Schulen“.

Unterdessen hat die Sozialbehörde die Eindämmungsverordnung angepasst. Zwar gilt längst, dass im öffentlichen Raum und in Privaträumen maximal zehn Menschen aus zwei Haushalten zusammenkommen dürfen. Nach den Worten von Sozial- und Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard (SPD) suchten zuletzt allerdings etliche Hamburger „sehr kreativ“ nach Lücken, was noch möglich ist – und trafen sich zu Feiern in Autos. Das berge „eine hohe Infektionsgefahr“, sagte Leonhard. Die jüngste Verordnung legt nun explizit fest, dass auch in Fahrzeugen maximal zehn Personen aus maximal zwei Haushalten zusammenkommen dürfen. Neu ist zudem: Bei Versammlungen gilt ab 100 Teilnehmern eine Maskenpflicht – bei Vorträgen und Ansprachen darf aber der jeweils Sprechende seine Maske ablegen.