Hamburg. Die von der Initiative angestrebte Streichung aus der Verfassung schürt auch Hoffnung auf neue Corona-Hilfen. Was das Gericht sagt.

Ist die Volksinitiative zur Streichung der Schuldenbremse aus der Hamburgischen Verfassung überhaupt mit dieser vereinbar? Dazu fand am Mittwoch die mündliche Verhandlung vor dem Verfassungsgericht der Hansestadt statt. Dessen neue Präsidentin Birgit Voßkühler deutete zumindest in einem Punkt an, dass das Gericht die Klage des Senats gegen die Initiative für berechtigt hält – weil diese irreführend sein könnte.

Doch der Reihe nach. Die vor allem von studentischen Gruppen getragene Volksinitiative war im April 2019 gestartet und hat das Ziel, die seit 2012 in der Hamburgischen Verfassung verankerte Schuldenbremse rückgängig zu machen. Nachdem die Ini 13.000 Unterschriften dafür eingereicht hatte (10.000 waren erforderlich), meldete sie im März 2020 den nächsten Schritt an – die Durchführung eines Volksbegehrens. Bevor es dazu kommen konnte, rief der Senat jedoch das Verfassungsgericht an.

Volksinitiative bestreitet Aufforderung an Senat

In der Verhandlung, die aus Pandemie-Gründen im Logenhaus in der Nähe der Oper stattfand, brachte Staatsrat Jan Pörksen (SPD), der als Chef der Senatskanzlei die Regierung vertrat, gleich mehrere Gründe vor. So sei das eigentliche Ziel der Initiative, die Schuldenbremse aus dem Grundgesetz der Bundesrepublik zu streichen, und sie wähle dafür nur den Umweg über eine Volksinitiative auf Landesebene. Den Senat so indirekt zu einem Vorstoß im Bundesrat aufzufordern, sei Initiativen jedoch nicht gestattet. Die Vertreter der Initiative bestätigten darauf zwar die Zielsetzung, wiesen aber darauf hin, dass der Senat mitnichten zu irgendwelchen Schritten aufgefordert werde.

Zweitens wiesen Pörksen und die ebenfalls anwesende Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) darauf hin, dass Volksinitiativen nicht in die Haushaltspläne der Stadt eingreifen dürften. Die „Grundverantwortung“ dafür liege beim Parlament und dürfe nicht beeinträchtigt werden, so Pörksen. Genau das wäre aber der Fall, wenn der Bürgerschaft vorgegeben würde, ob Kredite aufgenommen werden dürften. Die Initiativenvertreter hielten dagegen, dass sie ja nur die „Rahmenbedingungen“ ändern wollten, das sei sehr wohl erlaubt.

Falsche Versprechungen bezüglich Corona-Hilfen?

Das führte zum springenden Punkt: Voßkühler stellte klar, dass eine Änderung der Hamburgischen Verfassung eben „nicht zur Folge“ hätte, dass die Schuldenbremse dann nicht mehr gelten würde. Vielmehr würde dann die noch strengere Regelung im Grundgesetz greifen. Diese enthalte keine Ausnahmetatbestände, etwa die mögliche Kreditaufnahme zur Bekämpfung von Naturkatastrophen wie der aktuellen Corona-Pandemie.

Auch Pörksen machte deutlich, dass Hamburg, falls die Initiative so beschlossen würde, keine Milliarden-Kredite zur Milderung der Corona-Krise aufnehmen dürfte. Er sehe daher die „große Gefahr einer Irreführung“, so der Staatsrat: „Jeder, der das unterschreibt, denkt, dass es dann keine Schuldenbremse mehr gibt und Hamburg Schulden aufnehmen kann – das ist aber nicht der Fall.“ Aus seiner Sicht würden daher „falsche Versprechungen“ gemacht.

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Vertreter der Initiative entgegneten, dass diese Ausnahmetatbestände von der Bürgerschaft ja durch einfache Gesetze wieder in Kraft gesetzt werden könnten. Dazu erlaubte sich Gerichtspräsidentin Voßkühler die kritische Anmerkung, dass die Initiative diesen Vorschlag ja gar nicht zur Abstimmung stelle. Sie kündigte eine Urteilsverkündung für den 4. Dezember an.