Hamburg. Sie stellen umweltfreundliches und plastikfreies Waschpulver her. Das Ziel: „Eine Million Wäschen in Hamburg retten“.

Du hast die Haare nass! 23 Kinder der Grundschule Rothestraße kommen gerade vom Schwimmunterricht zurück in ihren Klassenraum. Ein paar Kinder trocknen noch schnell mit dem Föhn ihre Mähne, andere essen Bananen und Fruchtriegel. Die nächste Stunde erfordert Energie, denn in der folgenden Unterrichtseinheit geht es um nichts Geringeres, als die Welt zu retten. „Saubere Sache“ steht auf dem Stundenplan, der im Klassenraum der 4 c an der Wand hängt. Es ist 11.40 Uhr – aber aus Sicht des Klimas natürlich fünf vor 12.

Lehrerin Anke Vatterodt ruft ihre Kinder im Kreis zusammen: „So, wer geht in welches Team?“ Es gibt ein Sammel-, ein Zutaten-, ein Misch-, ein Liefer- und ein Kommunikationsteam, denn wer die Erde retten möchte, der braucht eine gute Struktur sowie konkrete Aufgabenverteilungen und vor allem einen Plan. Und der lautet wie eigentlich?

„Greenpeace – The next Generation“

„Wir stellen gleich selbst Waschpulver her, das viel gesünder ist als das im Geschäft und außerdem viel billiger, und füllen es für jeden ab, der uns ein Marmeladenglas vorbeibringt“, sagt Theo, der später als Biologe arbeiten möchte. Seine Mitschüler wollen Profi-Skater, Künstler, Lehrerin oder „irgendwas im Zirkus“ werden, auf jeden Fall hätten sie gerne noch eine heile Umwelt, wenn sie groß sind. Kein unverständlicher Wunsch. „Wenn wir nicht aufpassen, wird es immer heißer, dann brennt in Afrika alles ab, die Eisberge schmelzen, der Wasserspiegel steigt, und es gibt mehr Überflutungen“, erklärt Paul Eddie. Aber Hamburg liegt doch gar nicht am Meer? „Denkst du! Das Meer kommt durch die Elbe irgendwann auch zu uns!“

Der Klasse 4c kann man nichts vormachen, hier sitzt „Greenpeace – The next Generation“. Gemeinsam stellen sie nun aus nur drei Zutaten, die das Zutatenteam besorgt hat, ein plastikfreies, gesundheits- und umweltfreundliches Waschmittel her. Als Erstes reiben Joris, Sava und Billie die Kernseife in einer Trommelreibe zu Flocken.

Gläser werden für je 2 Euro von den Kindern an die Besteller ausgeliefert

Die Kinder haben sich ihren Mundschutz aufgesetzt, weil die anderen Zutaten ein bisschen die Nase kitzeln. „Sonst müssen wir so viel niesen bei der Zubereitung“, erklärt Lilly, die schon mal getestet hat, sich mit Kernseife die Zähne zu putzen. Sauber würden die Zähne zwar, es sei aber nicht so lecker gewesen.

Präzision ist wichtig. Da kommt es auf jedes Gramm an.
Präzision ist wichtig. Da kommt es auf jedes Gramm an. © Marcelo Hernandez

Weiter im Arbeitsprozess: Zu jeweils 50 Gramm Kernseife kommen 75 Gramm Soda und 75 Gramm Natron, die drei Zutaten werden in einer Schale vermischt und auf digitalen Waagen in Gläser abgefüllt. In jedes Glas kommt 200 Gramm Waschmittel, das reicht für 20 Wäschen zwischen 30 und 90 Grad. Wolle und Seide sind ausgenommen, für weiße Wäsche fügt man einen Esslöffel Zitronensäure hinzu. Die Gläser werden dann für je 2 Euro von den Kindern an die Besteller (meistens Eltern) ausgeliefert.

„Eine Million Wäschen in Hamburg retten“

„Unser Ziel ist es, eine Million Wäschen in Hamburg zu retten“, sagt Tamara Will von „Saubere Sache“. Die Aktion steht hinter dieser Schulstunde, sie wurde ins Leben gerufen, um zu zeigen, dass jeder etwas zum Klimaschutz beitragen kann. Initiatorin Will vermeidet Müll und stellt so viel wie möglich selbst her und fragte sich, wie sie mit wenig Aufwand möglichst viele Menschen erreichen könne. Ihre Antwort: mit Waschpulver. Denn jeder wäscht seine Wäsche. Gleichzeitig enthält konventionelles Waschpulver viele schwer abbaubare Inhaltsstoffe sowie optische Aufheller und Duftstoffe. „Und gerade die lösen häufig Allergien bei Menschen und Tieren aus“, sagt Tamara Will, die heute nur ausnahmsweise bei der Herstellung des Pulvers in der Grundschule dabei ist.

Die „Saubere Sache“ läuft normalerweise so ab, dass Wills Team ein Bildungspaket an eine interessierte Lehrkraft schickt. Darin enthalten sind Videos und Arbeitsblätter, die die Einrichtung des Lieferservices erklären. Dazu gibt es Hintergrundinfos. Die Lehrkraft richtet dann den Lieferservice selbst mit den Kindern ein. „Wir tauchen nur auf Wunsch an der Schule auf, wenn wir uns zum Beispiel bei einem Elternabend vorstellen sollen“, erklärt Will. Das Vorgehen sei nicht nur coronasicher, sondern so könnten sie viel mehr Bildungseinrichtungen erreichen und schneller an das Ziel von einer Million geretteter Wäschen kommen.

Einen Nachteil hat das Waschpulver

Bislang sind sie bei 4000, elf Hamburger Kitas und Schulen machen bereits mit, das Projekt wird von der Klimaschutzstiftung der Umweltbehörde gefördert. In dieser Schulstunde sind 240 gerettete Wäschen hinzugekommen, denn die Kinder haben zwölf Gläser Waschpulver hergestellt. „Ganz ohne Verpackung, das ist besonders gut“, erklärt Joris. Verpackung sei nämlich häufig aus Plastik, die dann wiederum die Umwelt verschmutze. „Das Plastik landet im Meer, es dauert Millionen von Jahren, bis es verrottet, und bis dahin essen es die Fische und sterben daran.“

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Nur einen Nachteil habe das selbst gemachte Waschpulver, findet die neunjährige Malou: „Die Wäsche riecht nach nichts.“ Durch den fehlenden Duft könnte beim ersten Benutzen eventuell das Gefühl von Sauberkeit fehlen, doch ein Lavendelkissen im Schrank tut es vielleicht auch. Außerdem ginge es ja um mehr als nur darum, gut riechende Klamotten zu tragen, findet Mitschüler Jul-Kato. Er habe letztens ein Video aus Australien gesehen, da sei ein Koala vor Feuer geflüchtet. „Seine Nase hat schon gebrannt, das ist doch schlimm“, sagt der Junge. „Wir wollen die Tiere retten, und das tun wir mit dem, was wir hier machen.“ Diese Aktion hat sich gewaschen!

Weitere Informationen unter www.saubere-sache-hamburg.de