Hamburg. Neue Regelung soll ab Montag gelten. Aber bisher keine Teilung der Klassen geplant. Kritik an Schulsenator.
Vom kommenden Montag an sollen aufgrund der hohen Infektionszahlen auch die Hygienemaßnahmen an den Hamburger Schulen verstärkt werden. Nach Abendblatt-Informationen will Schulsenator Ties Rabe (SPD) nun doch eine Maskenpflicht bereits ab Klasse 5 auch im Unterricht einführen – so wie es das Robert-Koch-Institut (RKI) bei höheren Infektionszahlen empfiehlt. Schulen wurden bereits vorab telefonisch von der Behörde informiert, um sich rechtzeitig auf die neuen Vorgaben vorzubereiten. Bisher gilt die Maskenpflicht im Unterricht nur für Oberstufen und Berufsschulen. Eine Teilung der Klassen, wie es das RKI bei so hohen Infektionszahlen neben der Maskenpflicht für richtig hält, sei aber bisher in Hamburg nicht vorgesehen, heißt es aus dem Senat.
Maskenpflicht, aber Teilung der Klassen nicht geplant
Mit der neuen Regelung hält sich Hamburg an die Beschlüsse von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Länderchefs vom Mittwoch, die der rot-grüne Senat in einer Sondersitzung am Freitag in Hamburger Recht umsetzen will. Danach sollen Kitas und Schulen geöffnet bleiben, zugleich sollen die Länder über weitere Hygienemaßnahmen entscheiden.
„Anders als einzelne Verbände behaupten, haben die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin keineswegs entschieden, dass die Klassen geteilt und die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler zu Hause lernen sollen“, sagte Schulbehördensprecher Peter Albrecht. „Deshalb plant weder das Bundesland Hamburg noch irgendein anderes Bundesland zurzeit ein solches Unterrichtsmodell. Sollte sich die Lage ändern, sind Hamburgs Schulen auf diesen Fall gut vorbereitet: Schulbehörde und Schulleitungen haben bereits vor Wochen ein umfangreiches Konzept für den sogenannten Hybridunterricht erarbeitet, das allen Schulen vorliegt.“
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Seit Ende der Herbstferien 306 Schüler positiv getestet
Laut Schulbehörde wurden seit Ende der Herbstferien am 16. Oktober 306 Schülerinnen und Schüler sowie 74 Schulbeschäftigte positiv auf das Coronavirus getestet. In keinem der insgesamt 380 Fälle gehe man derzeit von einer schulinternen Infektion aus, so Behördensprecher Peter Albrecht. Alle Infektionen seien mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Freizeit, zu Hause oder in den Ferien erfolgt. Seit Ende der Sommerferien seien 729 infizierte Schülerinnen und Schüler sowie 152 infizierte Schulbeschäftigte ermittelt worden. „63 dieser Infektionen sind möglicherweise in der Schule erfolgt, das ist ein Anteil von sieben Prozent“, so der Behördensprecher.
„Die Infektionszahlen zeigen, dass sich rund 85 bis 90 Prozent aller bislang infizierten Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte nicht in der Schule, sondern außerhalb der Schule infiziert haben. Forderungen nach Schulschließungen, Ferienverlängerungen oder Unterricht im Wechselmodell sind deshalb nicht nur pädagogisch fragwürdig und eine große Belastung der Familien, sie würden auch das Infektionsrisiko von Kindern und Jugendlichen keineswegs senken.“ Die Hamburger Zahlen zeigten, dass die Infektionsgefahren in der Freizeit deutlich höher seien als in der Schule.
Elternkammer: Hamburg nicht gut genug auf Verschärfung der Lage vorbereitet
Die Elternkammer befürwortete am Donnerstag zwar eine Ausweitung der Maskenpflicht, übte aber auch Kritik daran, dass Hamburg bisher nicht gut genug auf eine Verschärfung der Lage vorbereitet sei. „Die Elternkammer würde eine Maskenpflicht in den Klassenstufen 5 bis 13 während des Unterrichts begrüßen, sofern sie denn vom Senat vorgeschrieben werden sollte“, sagte der Kammervorsitzende Marc Keynejad dem Abendblatt. „Allerdings muss genauso sichergestellt sein, dass es Zeiten gibt, während derer die Masken gefahrlos abgenommen werden können. Beispielsweise während der Pausen auf dem Schulhof.“
Die Elternkammer glaube weiterhin, „dass die Entwicklung des Infektionsgeschehens eine Reduzierung der Schülerinnen und Schüler (SuS) pro Klassenraum erforderlich machen wird“, so Keynejad. „Nach Auffassung und Wissen der Elternkammer sind die Schulen für diesen Fall bislang nicht gut vorbereitet. Die an fast jeder Schule aus der Not des Frühjahrs geborene und eher pragmatisch umgesetzte Fernbeschulung mit digitalen Mitteln hat zu einem ungeordneten Wildwuchs an Lösungen geführt. Das hat unlängst auch Hamburgs oberster Datenschützer Herr Caspar moniert.“
Kritik an Rabe wegen nur teilweiser Umsetzung der RKI-Empfehlungen
Linken-Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus übte scharfe Kritik daran, dass Schulsenator Rabe die Empfehlungen des RKI zunächst wochenlang ignoriert habe und sie nun nur teilweise umsetzen will. „Mir ist es wirklich völlig schleierhaft, wie die Schulbehörde in einer so nie dagewesenen Krise meint, erstens immer alles besser zu wissen, sogar besser als die Experten des RKI, und zweitens so dermaßen fahrlässig die konkreten Probleme im derzeitigen Schulalltag ignoriert“, sagte Boeddinghaus. „Wie kann Rabe angesichts der bitteren Erkenntnis, dass nur mehr etwa 50 Prozent aller Fälle noch nachverfolgt werden können, behaupten, nur jeder zehnte junge Mensch hätte sich im Kontext Schule angesteckt?“
Durch „diese Politik der halben Sachen“ werde „erst das provoziert, was wir alle unbedingt verhindern wollen, nämlich die kompletten Schulschließungen“, so Boeddinghaus. „Deshalb braucht es neues Nachdenken über alternative Orte des Lernens, um die Lerngruppen zu teilen, damit erstens kein gesundes Kind nach Hause geschickt werden muss und zweitens Gesundheitsschutz und Bildungsteilhabe und Betreuung weiterhin möglich sind.“ Dass Rabe stets alle Vorschläge aus der Opposition und vieler Eltern sofort abqualifiziere, werde „dieser krisenhaften Situation, in der wir doch alle um Akzeptanz und Solidarität ringen müssen, wahrlich nicht gerecht“.
Die Linke hat jetzt einen Bürgerschaftsantrag eingebracht, in dem sie den Senat auffordert, den Regelbetrieb auszusetzen, die Klassen wie in Dänemark zu teilen, um Abstände einzuhalten – und ein Konzept für „hybriden Unterricht“ vorlegen, bei dem im Wechsel in den Schulen und zu Hause im Fernunterricht gelernt wird.