Hamburg. Die meisten Infektionsquellen sind nicht mehr ermittelbar, gleichzeitig steigt die Zahl der älteren Infizierten wieder an.

Das Coronavirus breitet sich in Hamburg immer weiter aus: Am Donnerstag meldete die Gesundheitsbehörde 276 Neuinfektionen ­– so viele wie noch nie. Den bisherigen Höchststand hatte es am 24. März gegeben, damals waren es 248 neue Coronafälle. Am Freitag kommt der Senat zu einer Sondersitzung im Rathaus zusammen. Vermutlich werden weitere Beschränkungen erlassen.

Am Dienstag hatte Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) zusätzliche Restriktionen angekündigt, falls der Sieben-Tage-Inzidenzwert auch am Mittwoch über der 50er-Marke liegen sollte. Das tat er. Am Donnerstag stieg er weiter an – auf nunmehr 64,6. Auch dies ist ein Rekord. Der bis dahin höchste Wert (64,5) datierte vom 30. März.

Viele der im Beschluss der Ministerpräsidenten festgeschriebenen Maßnahmen beim dauerhaften Überschreiten der 50er-Grenze hat Hamburg bereits umgesetzt, so etwa die Sperrstunde für Gas­tronomie und die Maskenpflicht auf ausgewählten öffentlichen Plätzen. Hinzukommen könnte die Beschränkung der Kontakte im öffentlichen Raum auf zehn Personen aus maximal zwei Haushalten.

Corona in Hamburg: Wieder mehr Fälle bei älteren Menschen

Gleichzeitig erreicht das Virus, das ist vielleicht die schlechteste Nachricht des Donnerstags, nun auch wieder die Älteren. „Die Gruppe der Personen im Alter von über 70 Jahren spielt bei den Fallzahlen mittlerweile eine deutliche Rolle“, sagt Martin Helfrich, Sprecher der Gesundheitsbehörde. Das sei wegen des bekannten Zusammenhangs von höherem Lebensalter und schweren Verläufen der Covid-19-Erkrankung „problematisch“.

70 der neuen Fälle in der vergangenen Woche seien der Personengruppe über 70 Jahren zuzuordnen. „Von den insgesamt in Hamburg stationär behandelten 79 Patienten sind 38 im Alter von über 70 Jahren“, so Helfrich. In den Pflegeeinrichtungen gebe es insgesamt 105 Fälle bei Bewohnern in neun betroffenen Einrichtungen. „Große Ausbrüche sind nach wie vor nur in insgesamt drei Einrichtungen in Wandsbek, Nord, und Harburg) zu verzeichnen.“ In den Heimen sind auch 43 Beschäftigte infiziert.

"Zunehmend erschwerte" Kontaktnachverfolgung

Helfrich sprach von einem „gegenwärtig sehr ernstzunehmenden Infektionsgeschehen“. Dennoch sei die Situation Hamburgs – sowohl im internationalen Vergleich als auch im Vergleich zu anderen Großstädten – nach wie vor vergleichsweise beherrschbar.

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Die Kontaktnachverfolgung ist nach Auskunft der Gesundheitsbehörde allerdings „zunehmend erschwert“ – entweder, weil der zeitliche Ablauf nicht mehr aufklärbar sei, oder weil die Infizierten keine Angaben machten. Es gebe eine „Community-Verbreitung“ ­– also eine Weitergabe, bei der die Identifizierung aller Kontakte nur schwer gelinge.

Ort der Ansteckung in weniger als der Hälfte der Fälle bekannt

Der Ort der Ansteckung, gewissermaßen die Königsdisziplin der Kontaktnachverfolgung, war im September nur noch bei 47,6 Prozent der Infizierten ermittelbar. Das geht aus einer Kleinen Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion hervor. „Dies ist angesichts der hohen Bedeutung für die Eindämmung der Pandemie ein katastrophaler Wert“, sagte Stephan Gamm, gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion. „Hier muss der Senat mit höchster Priorität die Ursachen ermitteln, Arbeitsabläufe verbessern und zusätzliche Ressourcen bereitstellen.“

Auch Deniz Celik (Linksfraktion) kritisierte die Gesundheitsbehörde. „Besonders alarmierend ist es, dass in über 50 Prozent der Fälle der Infektionsort nicht mehr nachvollziehbar ist“, sagte er. Dies sei ein „teilweiser Kontrollverlust“. Um wieder die Kontrolle zu erlangen, sei es von entscheidender Bedeutung, dass die Nachverfolgung von Infektionsketten funktioniere.

Senat diskutiert mögliche Verschärfungen

Bereits am Montag hatte der Senat angekündigt, Feiern im privaten Wohnraum auf zehn Personen aus maximal zwei Haushalten begrenzen zu wollen. Am Freitag soll in der Sondersitzung des Senats eine Vorlage für die Ausgestaltung beschlossen werden. Wie es in Koalitionskreisen heißt, wurde in den vergangenen Tagen neben juristischen Fragen auch das Ausmaß der Beschränkung selbst diskutiert.

Hier gilt die Maskenpflicht in Hamburg

So sei etwa bei einem möglichen Verbot von Kindergeburtstagen zu berücksichtigen, dass Kinder nach heutigem Wissen als weniger starke Überträger des Coronavirus gelten, hieß es. Zudem gab es Stimmen im Senat, die einen Vorteil von wohlhabenderen Hamburgern bei der Einhaltung der Regeln verhindern wollen. Diese könnten eher etwa ein Etablissement im öffentlichen Raum anmieten, wo noch bis zu 25 Personen bei Feiern zugelassen sind.

Eilantrag abgelehnt: Sperrstunde hat weiter Bestand

Die vom Senat bereits beschlossene Sperrstunde hat jedenfalls weiter Bestand: Das Verwaltungsgericht Hamburg hat am Donnerstag den Eilantrag eines Swingerclub-Betreibers abgelehnt, der gegen die seit dem 17. Oktober geltende Beschränkung geklagt hatte. Demnach müssen Kneipen, Bars, Restaurants ebenso wie Speisesäle in Hotels und Pensionen jeweils von 23 Uhr bis 5 Uhr des Folgetages schließen.

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Die Regelung diene „der legitimen Zielsetzung, Neuinfektionen im Rahmen der durch das sogenannte neuartige Coronavirus ausgelösten Pandemie soweit als möglich zu vermeiden, um damit die Ausbreitungsgeschwindigkeit der durch das Virus ausgelösten Erkrankung Covid-19 zu verringern“, teilte das Gericht mit. Die Regelung sei rechtmäßig, notwendig, verhältnismäßig und geeignet.

Das Verwaltungsgericht folgte der Argumentation des Senats und betonte, „dass es im Zusammenhang mit gastronomischen Betrieben insbesondere zur Nachtzeit aufgrund von fortschreitenden sozialen Interaktionen und auch in Verbindung mit dem Konsum alkoholischer Getränke zu einer erheblichen Anzahl von Neuinfektionen komme“. Zwar sei die Maßnahme für den Swingerclub-Betreiber „mit gravierenden, insbesondere wirtschaftlichen Einbußen“ verbunden. Doch das öffentliche Interesse am Infektionsschutz und am Schutz von Leib und Leben der Bevölkerung überwiege.

Hohe Zahl von Anfragen bei der Corona-Hotline der Stadt

Die Hamburger Corona-Hotline verzeichnet unterdessen eine hohe Anzahl von Anfragen. 1815 Anrufe gingen von Mittwoch auf Donnerstag ein, von denen gut 88 Prozent angenommen werden konnten. Am Vortag waren von 1767 Anrufern allerdings lediglich knapp 43 Prozent durchgekommen.

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Am Flughafen kommen offenbar immer weniger Passagiere aus Risikogebieten an. Am Dienstag und Mittwoch lag die Zahl der Testungen jeweils unter 500. Keine große Rolle spielt Corona bislang innerhalb der Behörden. Der Anteil der Mitarbeiter, die in Quarantäne sind, lag zuletzt bei 0,4 Prozent.

Damit waren 283 der rund 80.000 Beschäftigten wegen Corona nicht am Arbeitsplatz. Die meisten Quarantäne-Fälle gibt es mit 122 bei der Behörde für Schule und Berufsbildung. Insgesamt beträgt der Krankenstand bei den Hamburger Behörden 6,4 Prozent.

Video: "Das ist Legendenbildung": Tschentscher verärgert über Frage

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Sperrstunde wird weitgehend eingehalten – nur wenige Problemfälle

Die Polizei registriert eine weitgehende Einhaltung der Sperrstunde. In der Scheplerstraße wurde eine Sportsbar, die „Sportsbar Sun Food“, und in Altona ein Lokal, das „Golden Times“, von der Polizei geschlossen, weil sich nicht an die Sperrstunde gehalten wurde.

Ein Problem bleibt aus Sicht der Ordnungshüter weiterhin das Drob Inn nahe des Hauptbahnhofs. Vor der Drogenhilfeeinrichtung halten sich bis zu 150 Personen gleichzeitig auf, wobei regelmäßig die Abstandsregeln nicht eingehalten werden.

Insgesamt überprüfte die Polizei von Mittwoch auf Donnerstag 415 Betriebe, wobei in 37 Betrieben Verstöße festgestellt wurden. Die meisten davon waren schlecht geführte Kontaktdatenlisten oder fehlende Mund-Nasen-Bedeckungen.