Hamburg. Passanten sind verwirrt über neue Regelung auf einigen Plätzen und Straßen. Sie üben Kritik, andere zeigen Verständnis.
Tag eins der Maskenpflicht auf belebten Straßen und Plätzen: Noch nicht überall in Hamburg sind die verschärften Anordnungen bekannt – und durchgesetzt. In der Stadt sind vereinzelt laminierte Hinweisschilder zu sehen. Noch blieben verstärkte Kontrollen aus.
Sollte sich die Lage abends und am Wochenende ändern, kündigen Polizei und Behörden „gezielte Schwerpunkteinsätze“ an. Bei vielen Befragten in den Stadtteilen St. Pauli, Potenten, Winterhude sowie in der City stießen die ausgewählten Open-Air-Bereiche auf Kritik. Es handele sich um Stückwerk, mangele an Überblick und klaren Richtlinien.
Maskenpflicht in Hamburg: Passanten kritisieren Wirrwarr
„Warum herrscht hier Maskenpflicht?“, meinte Hajo Kurbjun aus Rendsburg verblüfft. „Woher soll ich das wissen, woran erkennen?“ Wie andere Passanten an den Landungsbrücken am Montagmittag trugen seine Begleiterin und er keine Mund-Nasen-Bedeckungen. Bei der Bestellung eines Fischbrötchens am Tresen des Restaurants „Nordsee“ nestelte sie den Schutz aus ihrer Handtasche.
Vor Brücke 3 pries ein Mann in blauer Jacke lauthals Tickets für eine Hafenrundfahrt an. Eine Maske trug er nicht. Andererseits war auch hier kein Plakat in Sicht. Die Polizei war zu dieser Stunde gleichfalls nicht präsent. Ohnehin hielt sich die Besucherdichte am Elbufer trotz Sonne in Grenzen. Am Wochenende könnte sich das ändern.
Doch wer an diesem Montag suchte, der fand: An einem Pfeiler der Brücke 1 war ein Hinweisschild in Format DIN A4 befestigt: Unter dem Symbolbild eines Maskenträgers sind die Zeiten der Tragepflicht notiert: werktags von 6 bis 18 Uhr, am Wochenende von 11 bis 18 Uhr. Diese Auflagen variieren von Stadtteil zu Stadtteil. Nach dem Zufallsprinzip befragte Anwohner und Fußgänger sprachen einheitlich von Wirrwarr und schwer durchschaubaren Anordnungen.
20 Schilder zur Maskenpflicht allein an den Landungsbrücken
„Heute ist der erste Tag der Maskenpflicht an stark besuchten Plätzen“, sagte Sorina Weiland im Namen des für die Landungsbrücken zuständigen Bezirksamts Mitte, „und wir ergänzen die Hinweistafeln laufend.“ Bis zum Abend werde alles erledigt sein. Für die Landungsbrücken sind 20 Schilder vorgesehen, für den gesamten Bezirk Mitte 230, St. Pauli inklusive. Vor der Europa Passage am Ballindamm hielt sich ein großer Teil der Passanten noch nicht an die neue Mundschutzpflicht – es gab aber zunächst auch nur wenige Schilder. Beim U-Bahn-Ausgang fehlten sie völlig.
Ortswechsel nach Winterhude. Zur Mittagspausenzeit wirkte der Mühlenkamp bisweilen noch etwas unausgeschlafen. Zum einen war auf der sonst belebten Meile noch nicht allzu viel los, und zum anderen hatte sich die Nachricht, dass hier – zwischen Körner- und Preystraße – nun täglich von 12 bis 1 Uhr Maskenpflicht auf der Straße herrscht, offensichtlich noch nicht bis zu jedem herumgesprochen. Denn gegen 14 Uhr waren hier noch etliche Menschen ohne Maske unterwegs.
30 bis 40 Prozent der Menschen ohne Schutz unterwegs
Doch offenbar liegt das bei vielen nicht am bösen Willen, sondern schlicht an Unwissenheit. Denn die meisten gaben an, von der Regelung noch nichts gehört zu haben. So auch zwei Freundinnen (17 und 23), die in der Außengastronomie vor dem „Espresso House“ die Mittagspause genossen. „Maskenpflicht? Hier auf den Gehwegen?“ fragten sie. Erst jetzt, wo sie es wüssten, würde ihnen auffallen, dass mehr Menschen als sonst einen Schutz tragen würden.
Ob die neue Regelung aus ihrer Sicht sinnvoll sei? Beide nicken. Gerade zum Feierabend würde es hier knackig voll werden. Ebenfalls unwissend zeigte sich ein etwa 60 Jahre alter Mann, der an der Bushaltestelle wartete – ohne Maske. „Ich komme einfach manchmal durcheinander, was nun wo gilt“, sagte er. In jedem Fall waren hier am ersten Tag, an dem das Verbot gilt, schätzungsweise 30 bis 40 Prozent der Menschen ohne Schutz unterwegs. Darunter auch Menschen, die in Ruhe ihre Zigarette rauchten, oder Leute, die auf den Gehwegen in der Sonne standen und aßen - beides logischerweise ohne Maske.
Mehr Verständnis zeigte Anwohnerin Christl. „Gerade zum Nachmittag, wenn es voller wird, ist es sinnvoll, dass hier Maskenpflicht gilt“, so die 71-Jährige. Besonders, weil die Gehwege teilweise eng seien und es schwer sei, Abstand zu halten.
Warntafeln in Ottensen verweisen auf Maskenpflicht am Abend
In Ottensen bleibt noch Zeit bis Freitag. Rund um den besonders zu später Stunde belebten Alma-Wartenberg-Platz herrscht fortan freitags und sonnabends von 19 Uhr bis ein Uhr nachts Maskenpflicht. Warntafeln sind jetzt schon ausreichend angebracht. „Das System ist schwer zu durchschauen“, sagte Jonas Schindelhauer vor dem Café „Carlos Coffee“ an der Bahrenfelder Straße.
So nannte er Beschränkungen von teilweise nur auf wenigen Metern. Beispiele: An der Bergiusstraße gilt die Maskenpflicht ausschließlich vor der Hausnummer 7 vis-à-vis dem Hinterausgang des Zeise-Kinos. An der Friedensallee sind die Nummern 7 bis 14 betroffen, an der Kleinen Rainstraße die Häuser 3 bis 6.
„Wir waren an der Auswahl der Straßen und Plätze nicht beteiligt“, erklärte ein Sprecher des Bezirksamts Altona. Der Senat verwies an die Sozialbehörde. Dort hieß es: „Bei der Auswahl haben wir auf die detaillierten Ortskenntnisse der Polizei gesetzt.“ Diese könnte „durch ihre dezentrale Struktur die jeweilige Lage am besten beurteilen“. Die Bezirksämter seien „kurzzeitig beteiligt“ gewesen, hätten jedoch keine Anmerkungen vorgebracht.
„Wir beobachten die Lage genau“, teilte die Polizei mit. „Aktuell sind keine Schwerpunkteinsätze geplant.“ Kontrollen der Regionen mit Maskenpflicht an freier Luft würden im Rahmen der normalen Streifen sowie von Bürgernahen Beamten vorgenommen. Diese Praxis könne sich täglich ändern – je nach Notwendigkeit.
Opposition kritisiert „undurchsichtigen Maskenwirrwarr“
Die Opposition in der Bürgerschaft hat die Regelungen des rot-grünen Senats kritisiert. „Dieser Flickenteppich ist de facto nicht kommunizierbar und damit realitätsfern“, sagte der CDU-Gesundheitspolitiker Stephan Gamm, der dem Senat vorwirft, mit den neuen Bestimmungen „Verwirrung und Unverständnis“ zu schaffen.
Es gebe nur zwei Möglichkeiten: entweder auf eine Maskenpflicht vollständig zu verzichten oder eine generelle Pflicht auf allen Straßen und Plätzen einzuführen. Die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein sprach von einem „undurchsichtigen Maskenwirrwarr“, mit dem Rot-Grün „die Akzeptanz der Maskenpflicht im Besonderen und der Corona-Maßnahmen im Allgemeinen“ schädige.
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Die Gesundheitsbehörde meldete am Montag 77 Neuinfektionen. Eingeschlossen sind 24 Fälle vom Sonntag, die zunächst nicht registriert worden waren. Der Sieben-Tage-Inzidenzwert ist leicht auf 37 Fälle pro 100.000 Einwohner gesunken. Am Sonntag hatte er noch bei 38,1 Neuinfektionen gelegen. Derzeit werden 60 Corona-Erkrankte stationär betreut, von denen zwölf intensiv-medizinisch versorgt werden.
Unterdessen wächst bundesweit die Kritik an den unterschiedlichen Regelungen zum sogenannten Beherbergungsverbot in den Bundesländern. Es betrifft Reisende aus Städten und Regionen mit hohen Corona-Fallzahlen. Morgen wollen die Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) darüber beraten.
Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde
- Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum, und halten Sie mindestens 1,50 Meter Abstand zu anderen Personen
- Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
- Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
- Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
- Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an Ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden