Hamburg. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Bürgerschaft, Dominik Lorenzen, sieht den Hamburger Hafen in der Schlickfalle.
Die Überlegungen der Hamburg Port Authority, Hafensedimente in der Nähe der Insel Scharhörn am Rande des Nationalparks Wattenmeer verbringen zu wollen, ist vor allem eines: ein Hilferuf. Der Hamburger Hafen hat ein nicht mehr wegzudiskutierendes Schlickproblem. Die Natur zeigt der Großschifffahrt auf der Elbe gerade spürbar die Grenzen auf.
Die Gründe dafür sind klar: Die Tidedynamik der Elbe ist durch menschliche Eingriffe aus dem Gleichgewicht geraten. Der Flutstrom wird dominanter, der Ebbstrom schwächer. Die aktuelle Elbvertiefung wird diese Entwicklung deutlich verschärfen. Hinzu kommt die anhaltende Trockenheit im Oberlauf der Elbe als ein spürbarer Indikator für den Klimawandel. Der Mangel an Niederschlägen führt dazu, dass der Fluss weniger Wasser führt.
Hamburg wird zur Schlickfalle – und das löst Stress aus
So verliert die Elbe noch mehr an Kraft, die nötig ist, um Sedimente auf natürlichem Wege in Richtung Nordsee auszutragen. Das Resultat: Hamburg wird zur Schlickfalle – und das löst Stress aus. Stress für die Hafenwirtschaft, weil Mindertiefen mittlerweile Alltag im Hafen geworden sind, aber auch Stress im Ökosystem, weil die Trübung zunimmt und ökologisch wertvolle Flachwasserbereiche wie das Mühlenberger Loch immer weiter verschlicken.
Der Hilferuf der HPA zeigt aber noch etwas anderes: Die Elbvertiefung ist von den Planenden nicht zu Ende gedacht worden, auch wenn es juristisch grünes Licht gab. Ein Ausbau der Elbe macht für die Schifffahrt nur Sinn, wenn die neue Solltiefe dauerhaft zur Verfügung steht – und nicht nur ein einziges Mal zur formellen Abnahme durch das Oberhafenamt, inszeniert im kommenden Sommer in Form eines medienwirksamen Termins.
Lesen Sie auch:
- Plan B: Hamburger Hafenschlick belastet Atmosphäre im Senat
- Scharhörn soll Hafenschlick ab 2023 aufnehmen
- Kann die Elbvertiefung noch am Hafenschlick scheitern?
Welche Art von Hafen wollen wir in Zukunft haben?
Jedoch: Für eine sichere Unterhaltung des Hafens existiert in Hamburg aktuell kein ausreichend abgestimmtes und durchdachtes Konzept. Die Option Scharhörn kann nicht die Lösung sein. Die Insel liegt direkt am Nationalpark Wattenmeer und muss daher sehr gründlich geprüft werden. Deshalb ist der Moment gekommen, an dem wir innehalten müssen. Wir müssen ein Deck höher gehen und uns fragen: Welche Art von Hafen wollen wir in Zukunft haben?
Die Zeit ist reif für einen breiten Dialog zu dieser Frage – und für eine ernsthafte Debatte ohne jegliche Tabus. Denn viele weitere Fragen drängen sich auf: Welchen Umschlag brauchen und wollen wir im Hamburger Hafen? Wie viel Innovation mit grünen Technologien trauen wir uns zu – über Landstromanschlüsse hinaus? Wie kann eine vom Wirtschaftssenator vorgeschlagene Hafenkooperation konkret aussehen?
Hamburg darf keine Alleingänge mehr machen
Diese Debatte ist dringend nötig. Und sie hat einen klar definierten Ort. Wir haben im Koalitionsvertrag festgelegt, dass wir einen neuen Hafenentwicklungsplan (HEP) zeitnah diskutieren und schreiben müssen. Dieser HEP – das wird aktuell offensichtlich – darf nicht nur wirtschaftliche Potenziale ausbuchstabieren, sondern er muss neue Wege aufzeigen, wie Hafen und Lebensraum Elbe sich gemeinsam positiv entwickeln können. Dazu brauchen wir in Hamburg möglichst viele Perspektiven am Tisch – und eine respektvoll begleitende Abstimmung mit den Nachbarländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Hamburg darf keine Alleingänge mehr machen. Diese Zeiten sind vorbei. Die Diskussion über die Sedimentverbringung bei Scharhörn macht das mahnend deutlich.