Hamburg. An Gymnasien und Stadtteilschulen ist die Lage besonders dramatisch. Ganze Klassen sind in Quarantäne, viele Eltern kochen selbst.
Hamburgs Schulcaterer in Not: Weil coronabedingt immer wieder Klassen oder ganze Jahrgänge zu Hause in Quarantäne bleiben müssen, brechen ihnen die Einnahmen aus dem Verkauf von Mittagessen und Snacks weg. Besonders schlimm ist die Lage an den weiterführenden Schulen: „An den Gymnasien sind die Einnahmen um die Hälfte zurückgegangen“, sagt Okan Saiti, Geschäftsführer von Mammas Canteen und Sprecher der Initiative Hamburger Schulcaterer.
Hamburger Schulcaterer verzeichnen weniger Einnahmen wegen Corona
Vor Kurzem war es besonders krass. Da erhielt Okan Saiti Sonntagabend gegen 22.45 Uhr einen Anruf, dass am kommenden Tag an einem Grundschulstandort die Hälfte der Schüler gar nicht erst zur Schule kommt, weil zwei Erzieherinnen mit Covid-19 infiziert sind. Da war die Ware für den Montagmorgen schon bestellt und kurz vor der Auslieferung.
Mammas Canteen mit 70 Standorten an Grund- und weiterführenden Schulen in Hamburg ist eine sogenannte Vitalküche, das heißt: Das Essen wird an den Schulen frisch gekocht und nicht wie bei anderen Caterern in Großküchen gekocht und dann angeliefert. „Wie soll man auf so eine Botschaft reagieren?“, fragt sich Okan Saiti. Corona mache alles unberechenbar. Im schlechtesten Fall muss er die Ware vernichten, im günstigsten Fall gibt es dann in der Woche eben zweimal das gleiche Gericht auf dem Speiseplan.
Eltern melden Kinder aus Sorge vor einer Corona-Infektion vom Essen ab
An den Grundschulen lief es nach den Sommerferien für alle Caterer ganz gut an. Aber auch dort gingen die Umsätze zurück, weil viele Eltern noch zu Hause arbeiten und selber kochen und ihre Kinder vom Mittagessen abmelden. „Oder weil sie aus Sorge vor einer Corona-Infektion ihre Kinder vom Essen abmelden“, sagt Saiti. An den weiterführenden Schulen ist die Lage deutlich schlechter – das gilt nicht nur für die Standorte von Mammas Canteen, sondern für alle sieben großen Caterer, die sich zur Initiative Hamburger Schulcaterer zusammengeschlossen haben.
An den weiterführenden Schulen macht vor allem die Kohortenregelung, also die strikte Trennung nach Jahrgängen, Schwierigkeiten. „Den einzelnen Stufen bleiben oft nur 50 bis 60 Minuten Zeit für das Essen in den Pausen. Dann haben die jeweiligen Jahrgänge vielleicht 20 Minuten Zeit für ihr Essen. Wenn dann die fünften und sechsten Klassen essen, bleibt kaum noch Zeit für die übrigen Jahrgänge“, so Saiti. Das ist besonders schlimm an den weiterführenden Schulen ohne Ganztagsrhythmisierung. „Die Lage für uns Caterer ist besonders an den weiterführenden Schulen existenziell bedrohlich.“
Schüler müssen ihr Essen auf den Fluren einnehmen
„Aufgrund der Abstandsregeln können ja nur eine deutlich geringere Menge der Schüler überhaupt in die Kantinen“, sagt Anton Senner vom Caterer Bergedorfer Impuls. „Die Schüler müssen ihr Essen auf den Fluren, in leeren Räumen oder auf dem Schulhof einnehmen.“ Die Auslastung bei Bergedorfer Impuls sei um bis zu 30 Prozent gesunken. „Die Zeit fürs Mittagessen ist viel zu eng getaktet. Wir müssen die Essen auch schon mal im Zehn-Minuten-Takt an die verschiedenen Jahrgänge verteilen“, so Senner.
Gingen die fünften bis siebten Jahrgänge früher durchaus noch zum Mittagessen an den Schulen, brechen die achten bis zehnten Klassen ohnehin häufig weg, weil die Schüler es uncool finden. „In der Oberstufe wissen sie das Essen an den Schulen dann wieder zu schätzen und kehren zurück“, sagt Okan Saiti.
Die Preise wurden auf 3,90 Euro angehoben
Nicht nur der Verkauf der Mittagessen ist rückläufig, auch für den Schulkiosk bleibt kaum Zeit, kleine Snacks und Getränke an die Schüler zu verkaufen. Saiti: „Der Snackbereich ist komplett weggefallen, weil die Pausensituation mit den einzelnen Kohorten das nicht mehr hergibt.“ Die Umsätze in diesem Bereich seien sogar um bis zu 95 Prozent gefallen.
Die Vorgaben
- Die Nutzung der Kantinen ist für alle Jahrgangsstufen ohne Beachtung des Mindestabstandes zwischen Schülern einer Kohorte möglich. Dazu ist es empfehlenswert, dass die Essenspausen nach Kohorten getrennt organisiert werden. Büfetts zur Selbstbedienung dürfen seit dem 1. September wieder angeboten werden. Folgende Hygienemaßnahmen sind zu achten, wenn Büfetts angeboten werden bzw., wenn Schüler kohortenübergreifend zur Pause gehen:
- Definierte Wegeführung („Einbahnstraßenprinzip“)
- Ausreichenden Abstand zwischen den Personen bei der Aus- und Abgabe sowie der Essenseinnahme sicherstellen
- Abstand durch entsprechende Aufstellung/Reduzierung von Stühlen und Tischen sicherstellen
- Vor dem Essen Hände mit Wasser und Seife ausreichend lange waschen (mindestens 30 Sekunden). Das gründliche Händewaschen hat immer Priorität. Als zweite Möglichkeit kann Handdesinfektionsmittel genutzt werden.
- Schüler an weiterführenden Schulen tragen einen Mund-Nasen-Schutz, bis sie ihren Essplatz eingenommen haben.
- Bei Büfetts werden die Auffülllöffel beim Wechsel der Kohorten bzw. der zum Essen gehenden Gruppen ausgewechselt.
- Auf den Abstand in Warteschlangen an Kassen, Ausgaben oder Automaten durch Markierungen auf dem Boden und Aufsteller aufmerksam machen.
- Bedienpersonal an Kassen oder der Ausgabe durch mechanische Barrieren (z.B. Acrylglas) schützen.
- Regelmäßige Stoßlüftung alle 30 Minuten, je nach Fenstergröße auch häufiger.
- Die Möglichkeiten des getrennten Essens der Lerngruppen in den jeweiligen Unterrichtsräumen über abgepackte Essenslieferungen oder Lunchpakete sind in Abstimmung mit den Caterern weitere Möglichkeiten, um die Versorgung sicherzustellen.
„Gerade dieser Snackbereich ist für uns Caterer eine tragende Säule und macht bis zu ein Viertel des Umsatzes aus“, so Saiti. Der Verkauf an den Kiosken ist wegen der Abstandsregeln nicht durchführbar. „Dann bräuchten die Schulen Personal, um die Abstände vor dem Kiosk zu überwachen, das machen die wenigstens“, so Anton Senner.
Geholfen habe den Schulcaterern die Reduzierung der Mehrwertsteuer auf fünf Prozent. „Dadurch können wir einen Teil des Verlustes auffangen.“ Saiti macht sich große Sorgen, wie es im Herbst weitergeht, wenn coronabedingt vielleicht doch immer mehr Jahrgänge in Quarantäne sind. Besonders hart trifft der coronabedingte Rückgang der Mittagessen an den Schulen kleine Caterer, wo sich vielleicht nur ein, zwei Frauen zusammengeschlossen haben. „Diese kleinen Betriebe werden noch massiv Probleme bekommen“, so Saiti.
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Immerhin wurden die Preise für ein Mittagessen von 3,50 auf 3,90 Euro angehoben. Die Schulbehörde subventioniert diese 40 Cent bis Jahresende. Zur Finanzierungsfrage 2021 gebe es noch keine Entscheidungen, teilte die Schulbehörde mit. Das sei Gegenstand der Haushaltsberatungen des Senats. „Wir hoffen, dass die Finanzierung auch 2021 weitergeht. Das ist für die Familien, die ohnehin belastet sind, sehr wichtig“, sagt Anton Senner.