Kiel. Streit im Innenausschuss: Oppositionsführer Stegner attackiert Ministerpräsident Günther. Der geht zum Gegenangriff über.

Harte Auseinandersetzungen zwischen Ministerpräsident Daniel Günther und SPD-Fraktionschef Ralf Stegner: In der Ausschusssitzung im Landtag zur Entlassung des Innenministers Hans-Joachim Grote (CDU) warf Günther am Mittwoch Stegner vor, dieser stelle „seit Monaten in der Öffentlichkeit Falschbehauptungen auf“. Zum Teil diffamiere er in sozialen Medien Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung persönlich.

Stegner warf Günther dagegen vor, die Öffentlichkeit über die wahren Gründe für Grotes Entlassung Ende April getäuscht zu haben. Auf einen Fragenkatalog habe die Regierung zum Teil unvollständige und falsche Antworten gegeben. Neben der damaligen Justiz- und heutigen Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) stellten sich auch Staatskanzleichef Dirk Schrödter und - obwohl nicht geladen - Justizminister Claus Christian Claussen (CDU) den Fragen der SPD.

Günther: Mangelndes Vertrauen in Grote

Günther bekräftigte vor den Abgeordneten, fehlendes Vertrauen in Grote sei der Grund für die Entlassung gewesen. Er habe sich von ihm falsch über dessen Kontakte zu einem damaligen Polizeigewerkschafter und einem Reporter informiert gefühlt. Zunächst habe Grote erklärt, gar keinen Schriftverkehr mit dem Polizisten und dem Journalisten geführt zu haben und drei Tage später, es habe keinen persönlich-vertraulichen Schriftverkehr gegeben. Das Vertrauensverhältnis sei nicht mehr zu kitten gewesen. Nur auf gesundheitliche Probleme Grotes zu verweisen, sei für ihn keine Option gewesen. Im Übrigen habe Grote drei Jahre lang einen ordentlichen Job gemacht.

Hans-Joachim Grote (CDU), Ex-Innenminister von Schleswig-Holstein.
Hans-Joachim Grote (CDU), Ex-Innenminister von Schleswig-Holstein. © dpa

Für die SPD passt dies nicht zu einem Entwurf aus der Staatskanzlei für eine Rücktritts-Erklärung. Diese sei „ein Komplettverriss der Amtsführung Grotes“ gewesen, sagte Stegner. Darin erhaltene Vorwürfe tauchten in der veröffentlichten Version nicht auf. Günther sagte dazu, in der Regierung würden viele Entwürfe gemacht, von denen er keine Kenntnis erhalte. Staatskanzleichef und Regierungssprecher hätten sich auf verschiedene Szenarien eingestellt. Danach habe man sich mit Grote auf einen Text verständigt. Für Stegner ist das unglaubwürdig.

Grote sei angesichts seines Verhältnisses zu dem Journalisten und dem damaligen Polizeigewerkschafter „nicht mehr frei in seinen Entscheidungen“ gewesen, sagte Günther. „Es hat zwischen Herrn Grote und mir niemals Differenzen über seine Entscheidungen im Innenministerium gegeben.“ Dies habe auch für den von Grote veranlassten Wechsel an der Polizeispitze gegolten. „Ich habe das alles mitgetragen.“

SPD kritisiert "Nahverhältnis von Staatskanzlei und Staatsanwaltschaft"

Günther hatte über das Justizministerium Berichte der Staatsanwaltschaft über Ermittlungen gegen den früheren Landesvize der Deutschen Polizei-Gewerkschaft, Thomas Nommensen, bekommen. Sie belegen eine schriftliche Kommunikation Grotes mit dem Journalisten. Auf dem Handy des Polizisten stellten Ermittler umfangreiche WhatsApp-Protokolle und E-Mails sicher - auch Kommunikation zwischen Grote und dem Journalisten. Dieser leitete sie an Nommensen weiter. Gegen den Beamten Nommensen hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Verdacht des Geheimnisverrats erhoben.

Am Nachmittag wurde Grote im Ausschuss erwartet. Er hatte Fehlverhalten bestritten. Mit dem Reporter will er zwar erklärende Hintergrundgespräche geführt, aber keine vertraulichen Informationen weitergegeben haben.

Äußerst kritisch betrachtet die SPD auch, dass die Leiterin der Kieler Staatsanwaltschaft, Birgit Heß, vor der Entlassung Grotes an zwei Treffen in der Staatskanzlei mit Günther und der damaligen Justizministerin teilgenommen hatte. Stegner sprach von einem „beunruhigenden Nahverhältnis von Staatskanzlei und Staatsanwaltschaft“. Staatskanzleichef Schrödter begründete die Einbeziehung von Heß damit, es sollte geklärt werden, ob Formulierungen die Ermittlungen gegen Nommensen gefährden könnten.

Stegner sah in mündlichen Aussagen Schrödters Widersprüche zu dessen schriftlichen Antworten. Stegner versuche, Widersprüche zu konstruieren, die es nicht gebe, sagte Jan Marcus Rossa von der FDP. Dies sei unerträglich. Stegner wolle einen Skandal aufbauen, der nicht belegt sei. Am Ende werde nichts herauskommen, weil das Handeln des Ministerpräsidenten nicht zu beanstanden sei. Der Grüne Burkhard Peters mahnte, nach Antworten nicht gleich Bewertungen vorzunehmen. „Wir sind hier nicht im Gerichtssal“, konterte Stegner.

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