Hamburg. Weniger lästige Behördengänge: Hamburger Verwaltung führt neue Digital-Angebote ein. Was bereits möglich und was noch geplant ist.

Die Digitalisierung verändert den Alltag aller Hamburger – und die Verwaltung will schritthalten: Im Zuge einer Offensive sollen den Bürgern deutlich mehr lästige Behördengänge durch neue Online-Angebote erspart werden.

Kita-Gutschein in Hamburg per Mausklick

Am Dienstag stellte die Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) im Rathaus den Service für Eltern vor, den Kita-Gutschein jährlich per Mausklick beantragen zu können. „Es soll so bequem wie möglich sein für alle Eltern. Im Zweifel können sie das ganze Verfahren vom Sofa aus gestalten“, so Leonhard.

Das Angebot läuft bereits seit einigen Wochen testweise, um sicherzustellen, dass alles gut funktioniert. Bisher konnten Eltern nur die fünfstündige Betreuung digital beantragen, da man für sie keine Bedarfsprüfung braucht.

Nötige Dokumente für Betreuung online einreichen

Ab jetzt können auch die nötigen Dokumente für eine Betreuung von mehr als fünf Stunden online eingereicht und überprüft werden. Nur für Kinder mit besonderen Eingliederungsmaßnahmen wie körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen gibt es noch kein Online-Verfahren.

Die hierfür nötigen Dokumente seien bei jedem Kind unterschiedlich und könnten deswegen schwer im System normiert werden, heißt es dazu.

Moderner Kundenservice in der Hamburger Verwaltung

Der neue Service reiht sich in die Anstrengungen des Landes ein, den Kundenservice der Verwaltung zu modernisieren.

Durch das 2017 beschlossene Onlinezugangsgesetz sind Bund und Länder von 2022 an „verpflichtet, ... ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten“. Für die Bürger hieße das: keine langen Wartezeiten, keine Terminkollisionen und keine nervigen Fahrten zum Amt.

Bereits vor zwei Jahren sprachen Christian Pfromm, Digitalchef der Stadt Hamburg, und der verantwortliche Staatsrat Christoph Krupp von einer möglichen Führungsrolle Hamburgs bei der bundesweiten digitalen Transformation.

Portal "Hamburg Service" für Anträge

Der wohl größte Schritt war bislang der Aufbau einer sogenannten Online-Service-Infrastruktur. Durch sie können Bürger auf dem Portal „Hamburg Service“ Anträge über ein Servicekonto online erledigen.

Aus einer aktuellen Anfrage des Abgeordneten Sandro Kappe (CDU) an den Senat geht hervor, dass die Zahl der angebotenen Leistungen von 54 im Jahr 2019 auf aktuell 143 gestiegen ist – ein beachtlicher Erfolg. Obgleich es noch ein weiter Weg bis zu den vom Onlinezugangsgesetz geforderten 575 Leistungen ist.

Persönliches Erscheinen für Personalausweis weiterhin nötig

In der Praxis ist die Auswahl an Dienstleistungen breit, aber auch die Unterschiede groß. So ist es für die Ausstellung eines Personalausweises weiterhin notwendig, beim Amt vorstellig zu werden, auch wenn man Termine online vereinbaren und den Status der Bearbeitung im Portal nachverfolgen kann.

Wer dagegen auf der Alster angeln möchte, kann sich den Gang zum Bezirksamt von nun an komplett sparen. Innerhalb von fünf Minuten kann über das Serviceportal der Stadt Hamburg die Alsterbootangelkarte erworben werden.

Gastronomen können Erlaubnis für Angebote im Freien online beantragen

Ebenso haben durch die Corona-Krise gebeutelte Gastronomen die Möglichkeit, online eine Erlaubnis für Angebote im Freien zu beantragen. Hochzeitspaare können über das Serviceportal nach alternativen Orten für eine standesamtliche Hochzeit suchen.

Weitere Online- Dienstleistungen umfassen unter anderem das Anmelden eines Hundes, die Beantragung von BAföG und eines Parkausweises. Zudem sind das Stellen von Bauanträgen, die Beantragung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und auch die Abgabe der Steuererklärung möglich.

Die Pläne für einen weiteren Ausbau sind teilweise bereits fortgeschritten. Seit vergangener Woche ist nun auch die internetbasierte An-, Ab- sowie Um­meldung eines Fahrzeuges möglich. Im Winter 2021 soll die Anmeldung gewerblicher Fahrzeuge folgen. Das Service Portal bietet Fahrschülern darüber hinaus die Möglichkeit ihren Führerschein von zu Hause aus zu beantragen.

In der Corona-Krise neue Dienste entwickelt

Die Stadt plant zudem die Umsetzung des bundesweiten Service „Ummeldung Online“. Jörg Schmoll, Leiter der Abteilung Digitalstrategie und Kommunikation beim Amt für IT und Digitalisierung, sagte dem Abendblatt: „Den Bürgern soll ermöglicht werden, ihre Ummeldung im Zuge eines Wohnortwechsels digital vorzunehmen. Eine Um­meldung innerhalb Hamburgs für Alleinstehende inklusive der Möglichkeit einer Aktualisierung des Personalausweises soll im Oktober 2021 realisiert werden.

Während der Corona-Pandemie wurden viele Abläufe bei den Behörden wegen des Infektionsschutzes über den Haufen geworfen. Schmoll erklärt: „Über das reguläre Angebot an Online-Verwaltungsleistungen hinaus wurden zu Beginn der Corona-Krise sehr kurzfristig neue Dienste entwickelt.“

Da die Bezirksämter geschlossen waren, konnten einige Dienstleistungen der Ämter, wie das Ummelden des Wohnsitzes innerhalb Hamburgs oder die Beantragung einer „Neustartprämie für Künstler“, vorübergehend online erledigt werden.

Hamburg belegt deutschlandweit Spitzenposition

Das größte Manko ist bisher eine fehlende Verknüpfung des Serviceportals mit dem Behördenfinder. In vielen Fällen ist nicht nachzuvollziehen, wann noch ein Besuch beim Amt nötig ist.

Dies war auch einer der Gründe für die Anfrage des CDU-Abgeordneten Sandro Kappe an den Senat. In Einzelfällen bleibe weiterhin unklar, ob „für Nutzer vollständig digital“ heißt, dass auch etwa das Abholen vor Ort nicht mehr nötig ist.

Bereits 200.000 Bürger bei Portal registriert

Laut den Senatsdaten sind bereits 200.000 Bürger und fast 10.000 Unternehmen bei dem Serviceportal der Stadt angemeldet. Jedoch verzeichnete die am häufigsten genutzte Funktion „Termin buchen“ im ersten Halbjahr gerade einmal knapp 5000 Anfragen.

Nach einem aktuellen Digitalisierungsindex belegt Hamburg dennoch deutschlandweit eine Spitzenposition bei der Zahl online benutzbarer Verwaltungsdienste. Zudem stieg die Zahl der Nutzungen von Januar bis Juni dieses Jahres fast um das Fünffache.

Im EU-Vergleich liegt Deutschland bei digitalen Behördengängen aber nur auf dem drittletzten Rang. Hamburg ist also ein Vorreiter unter den Nachzüglern.