Hamburg. Erste hochautomatisierte S-Bahn in Hamburg vorgestellt. Auf dieser Strecke werden die vier ersten digital gesteuerten Züge rollen.

Hamburgs S-Bahn rüstet sich für die Zukunft: Im S-Bahn-Instandhaltungswerk in Stellingen, das 2019 in Betrieb genommen wurde, läuft derzeit ein Pilotprojekt zur Digitalisierung des S-Bahn-Verkehrs. Als erste deutsche Stadt wird Hamburg zum Verkehrskongress ITS im Oktober 2021 vier mit komplett neuer Technik ausgerüstete Züge präsentieren.

Eingesetzt werden diese auf der – ebenfalls technisch neu ausgestatteten – Strecke zwischen Berliner Tor und Aumühle. Am Donnerstag stellten Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne), S-Bahn-Chef Kay Uwe Arnecke und Projektleiter Jan Schröder den ersten digital ausgerüsteten S-Bahn-Zug vor.

Digitale S-Bahn – 60 Millionen Euro Kosten

„Mit der digitalen S-Bahn haben wir eine intelligente Lösung für mindestens 20 Prozent mehr Kapazität, ohne einen Meter Gleis neu bauen zu müssen“, betonte Arnecke. „Das bedeutet zusätzliche Züge, noch klimafreundlicheres Fahren und mehr Stabilität im Betrieb für unsere Fahrgäste.“ An dem „wichtigen Forschungs- und Entwicklungsprojekt“ würden 300 Techniker von Siemens Mobility und der Deutschen Bahn seit zwei Jahren arbeiten.

Die Kosten von 60 Millionen Euro teilten sich Siemens, die Bahn und die Stadt Hamburg. Letztere finanziert auch eine drei Millionen Euro teure Machbarkeitsstudie, die eine sukzessive Ausweitung der Digitalisierung auf das gesamte Streckennetz prüft.

Digitalisierung Meilenstein auf dem Weg der S-Bahn in die Zukunft

„Diese Technik ist eine Lösung, um Wachstum im S-Bahn-Netz und damit auch den Hamburg-Takt zu ermöglichen“, sagte Tjarks. Nach dem Bau des neuen Stellwerks, in dem mehr Züge repariert werden könnten, als es derzeit gebe, und den Planungen zum Ausbau der S4 nach Bad Oldesloe sei die Digitalisierung ein dritter wichtiger Meilenstein auf dem Weg der S-Bahn in die Zukunft.

„Wir entwickeln hier die Technik des bedeutendsten technologischen Wandel im Bahnbetrieb seit Jahrzehnten“, so Projektleiter Schröder. Dann zeigte er den bereits digital aufgerüsteten, 20 Jahre alten Zug. Von außen scheint er fast unverändert. Lediglich ein gelbes Kästchen unter dem Führerstand, die Balisenantenne, und zwei seitlich nebeneinander angebrachte größere graue Kästen, der ETCS- (European Train Control System) und der ATO-Rechner (Automatic Train Operation), fallen auf.

Wissenswertes zu den S-Bahn-Linien in Hamburg:

  • Die S-Bahn Hamburg ist ein Tochterunternehmen der Deutschen Bahn AG und Teil des HVV
  • Die ersten S-Bahnen fuhren 1907 durch Hamburg
  • Es gibt in Hamburg vier Haupt- (S1, S21, S3, S31) und zwei nur zeitweise verkehrende Verstärkerlinien (S11, S2)
  • Am Wochenende verkehrt die S-Bahn rund um die Uhr
  • Unter der Woche verkehren zwischen etwa 1 Uhr und 4 Uhr keine Züge
  • Das gesamte S-Bahn-Streckennetz umfasst rund 144 Kilometer und 68 Haltestellen
  • Die meisten Haltestellen der S-Bahn in Hamburg haben ein funktionsbetontes Design mit offenem Bahnsteig und offenem Flachdach

Hochautomatisierung der S-Bahn – aber die Zugführer bleiben

Dass das in ganz Europa eingesetzte elektronische Zugleitsystem ETCS erstmalig mit ATO ergänzt wird, ermöglicht hochautomatisiertes Fahren. Durch den ständigen Datenabgleich zwischen Balisenantenne und den zwischen den Schienen angebrachten Ortungsbalisen werden Geschwindigkeit und Position des Zuges genau ermittelt.

So können, anders als bei der seit rund 100 Jahren blockweise eingesetzten Signaltechnik, der notwendige Sicherheitsabstand genauer berechnet – und auf der Strecke mehr Züge eingesetzt werden. Hochautomatisierung bedeute jedoch nicht, das man die Zugführer abschaffen werden, betonten Arnecke und Tjarks. Im Gegenteil. „Sie sind wichtig, wenn spontan bei Störungen eingegriffen werden muss, und bleiben natürlich an Bord.“