Hamburg. Abendblatt-Redakteurin Juliane Lauterbach hat ein Buch geschrieben und eine CD aufgenommen – über das erste Jahr mit Sohn Thees.

Manche jungen Mütter schaffen es kaum in die Dusche, wenn sie einen Säugling haben – andere komponieren nebenbei Kinderlieder und schreiben ein Buch, wie jetzt Juliane Lauterbach. Die Hamburgerin, die in Friesland aufgewachsen ist, hatte sich auf eine geruhsame Zeit als junge Mutter gefreut, als sie ihr erstes Kind erwartete. „Ich bin in eine Buchhandlung gegangen und habe mir viele Bücher gekauft“, sagt die 36-Jährige. „Ich dachte, mein Kind wird bestimmt ruhig im Kinderwagen liegen und viel schlafen, und ich lese dabei ...“ Aber diese Momente gab es nicht.

Als ihr Sohn Thees im Juni vor drei Jahren geboren wurde, hatte sie gar keine Muße mehr für Bücher mit 300 oder mehr Seiten. Bei einem der Besuche in der Buchhandlung, sagt Lauterbach, habe sie sich deshalb Kurzgeschichten gewünscht – als kleine Lesehäppchen zwischendurch. Doch man habe ihr nicht weiterhelfen können. Die Lösung? Sie schrieb einfach selber welche!

Windeln, Wahnsinn, Wochenbett

„Ich hatte damals schon angefangen, vieles aufzuschreiben – zur Entspannung“, sagt Juliane Lauterbach, die als Redakteurin beim Hamburger Abendblatt arbeitet. Ans Schreiben sei sie ja gewöhnt, das sei ihr leichtgefallen. Ein Jahr lang hat sie an den Texten gearbeitet, nun ist daraus ein Buch entstanden: „Windeln, Wahnsinn, Wochenbett“ (Edel Books, 224 Seiten, 16,95 Euro). In zwölf Geschichten, eine für jeden Monat im ersten Lebensjahr als Mama, erzählt sie von den Herausforderungen, die Mütter von Neugeborenen erwarten. Denkwürdige Erlebnisse habe es ja genug gegeben.

„Ich hatte einen Kreativschub im ersten Jahr“, sagt Juliane Lauterbach. Auch eine Musik-CD („Bo, der Bär“) sei so entstanden: „Thees liebte es, auf dem Boden zu liegen, und ich habe Gitarre gespielt. Irgendwann waren die Lieder fertig.“ Der große kommerzielle Erfolg sei es bislang nicht geworden, denn eine Woche, nachdem sie die CD in einem Kindergeschäft am Eppendorfer Weg in die Auslage gelegt hatte, kam der Lockdown. Aber das sei nicht schlimm: Sie habe die Platte als Erinnerung an die erste Zeit mit ihrem Kind aufgenommen.

Kurzgeschichten mit verschiedenen Protagonisten

Musik hat Lauterbach auch schon vorher gemacht – mit ihrer Band Mizziwave, in der sie singt. „Ein halbes Jahr nach der Geburt bin ich wieder zur Probe gegangen. Das war mir wichtig.“ In den Stunden hat ihr Mann Jörn, ebenfalls Journalist, die Kinderbetreuung übernommen. Mütter, die über ihre Kinder schreiben – gibt es solche Bücher nicht schon zuhauf?

„Es gibt Ich-Geschichten, aber in so einer literarischen Form wie meines nicht“, meint Juliane Lauterbach. Sie hat Kurzgeschichten geschrieben, in denen jede Protagonistin ihre ganz speziellen Nöte hat. „Ein Kind ist eine Wundertüte“, sagt die Autorin, man wisse vorher nicht, was man bekommt. „Und es gibt so unterschiedliche Arten von Müttern. Man wächst da mit dem Kind gemeinsam rein. Man macht es so gut, wie man kann, weil man sein Kind liebt, aber man muss auch ein bisschen gnädig mit sich selbst sein.“

Lauterbach, die mit ihrer Familie im Generalsviertel in Hoheluft-West lebt, hat sich in der Elternzeit „ein Mütterumfeld gesucht“, wie sie es nennt. Sie habe dabei sehr viele neue Freundschaften geknüpft, zu Müttern, aber auch zu Paaren. Sie ging zur Babymassage, zum Kindermusikkurs und zum Babyschwimmen mit ihrem Sohn – zu Letzterem allerdings nur ein einziges Mal, weil er wie am Spieß gebrüllt habe. „Man saß viel auf Wollsocken, und es gab sehr lustige Momente“, erinnert sie sich. Und auch wenn die einzelnen Protagonistinnen, über die sie schreibt, keine realen Vorbilder haben, basiere doch vieles auf eigenem Erleben oder Erzähltem aus dem Bekanntenkreis.

Warum Babybetten immer so gut erhalten sind

Da geht es beispielsweise um eine Frau, der kein Babysitter gut genug ist und die jeglichen Vorwand nutzt, um ihr Kind nicht in fremde Hände geben zu müssen. Ein anderes Mal kommt die Polizei zur Familie eines Schreibabys, weil Nachbarn die Beamten gerufen haben – Verdacht auf Kindeswohlgefährdung. Oder es gibt den Fall einer Mutter, die mit ihrem Kind ständig in die Notaufnahme rennt. Auch die Sache mit dem Babybett im Elternschlafzimmer, das gebraucht gekauft wurde und so lange ungenutzt steht, bis das Paar es weiterverkauft, sei ein Klassiker, sagt Juliane Lauterbach: „Wir hatten auch so eins, Thees hat nie drin geschlafen.“ Das habe sie auch nie schlimm gefunden, anders als das Paar in der Geschichte, das lange meint, das müsse doch irgendwann klappen, dass das Baby im eigenen Bett schläft. Klappt aber nicht. Stattdessen zieht der Mann nachts immer leise auf das Sofa um und bringt morgens Kissen und Bettdecken ebenso leise zurück. Und alle schweigen darüber. „Viele Paare sind einfach viel zu erschöpft, um Probleme zu besprechen“, sagt Juliane Lauterbach, „dabei kommen bei jungen Eltern alle Probleme ans Tageslicht wie unter einem Brennglas.“

Lesen Sie auch noch:

Sie habe nach der Geburt ihres Sohnes festgestellt: „Die Welt wird so klein, man bewegt sich in so kleinen Bahnen. Das ist schön, aber manchmal fällt einem die Decke auf den Kopf.“ Aber wenn man sehe, dass es anderen auch so gehe, könne man sogar ein wenig drüber lachen. Sie sei froh, dass sie so viel aufgeschrieben habe in der Anfangszeit, sagt Lauterbach. Kinder entwickelten sich so schnell. So fragte ihr Sohn sie plötzlich, als es im Raum ganz dunkel war, wo denn sein Schatten geblieben sei? Erklären allein reichte nicht, also machte sie das Licht an. Als Thees seinen Schatten sah, sei er beruhigt gewesen.

Juliane Lauterbach arbeitet derzeit in Teilzeit, aber wenn sie als Redakteurin Feierabend hat, fange der unbezahlte Teil der Arbeit an. Und ein neues Projekt steht ebenfalls an: Sie haben seit Kurzem einen Schrebergarten. Einen Gartenratgeber hat sie schon gelesen – nun ist sie Stammkundin im Gartenmarkt.