Hamburg. Obwohl ein nachweislich infiziertes Mädchen am Unterricht teilgenommen hat, werden Mitschüler nicht getestet.
Von den im Vergleich zum Juli derzeit hohen Zahlen von Corona-Neuinfektionen sind weiterhin auch Schüler und Lehrer in Hamburg betroffen. Insgesamt meldete die Sozialbehörde am Donnerstag 47 neue Infektionen, laut Schulbehörde waren darunter drei Schüler und ein Lehrer von vier Schulen in Hamburg.
Betroffen waren nach Auskunft von Schulbehördensprecher Peter Albrecht die Berufliche Schule City Nord, die Nelson-Mandela-Stadtteilschule, das Helmut-Schmidt-Gymnasium und die Schule Maretstraße. Weitergehende Maßnahmen habe es allerdings nicht gegeben. Es seien von den Gesundheitsämtern keine Quarantänemaßnahmen oder weitere Testungen angeordnet worden, so Albrecht.
Zuständig für die Einschätzung der Fälle sind auch in den Schulen die Gesundheitsämter der Bezirke. Diese entscheiden im Einzelfall, ob es genügt, die betroffenen Personen in Quarantäne zu nehmen, oder weitergehende Maßnahmen bis zu Schulschließungen anzuordnen sind. Offenbar ist man zuletzt jeweils zu dem Schluss gekommen, dass weitergehende Maßnahmen sich erübrigen.
Infizierte Elftklässlerin nahm an Unterricht teil – keine Quarantäne
So war es auch in einem Fall an der Stadtteilschule Eidelstedt. Dort hatte nach Abendblatt-Informationen am Donnerstag vergangener Woche, dem ersten Schultag nach Ferien und Corona-Pause, eine infizierte Schülerin der 11. Klasse zunächst am Unterricht teilgenommen. Das Bezirksamt Eimsbüttel hat den Fall jetzt bestätigt.
Das Mädchen sei nach rund 20 Minuten von seiner Mutter angerufen und darüber informiert worden, dass diese positiv auf Corona getestet worden sei. Daraufhin habe die Schülerin die Schule verlassen. Ein bei ihr durchgeführter Test sei später positiv ausgefallen.
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Darüber, wie lange sich das Mädchen in der Schule aufhielt, gab es widersprüchliche Aussagen. Das Gesundheitsamt sah keine Veranlassung, die Mitschüler zu testen oder unter Quarantäne zu stellen, da die Abstände im Unterricht eingehalten worden seien und es keinen engeren Kontakt von 15 Minuten oder mehr gegeben habe. Dabei richte man sich nach Kriterien des Robert-Koch-Instituts, so das Bezirksamt.
Aus den Schulen würden „nach wie vor nur Einzelfälle“ gemeldet, „allerdings meist ohne dass es zu Kontakten innerhalb der Schule gekommen wäre“, so Schulbehördensprecher Albrecht. „Daher wurden keine weitergehenden Maßnahmen eingeleitet. Wir beobachten die Entwicklung sehr genau, um angemessen reagieren zu können.“
"Erhöhtes Grundrauschen" bei Neuinfektionen
Insgesamt wurden mit den am Donnerstag neu registrierten 47 Infektionen jetzt seit Beginn der Pandemie 5820 Hamburger positiv auf das Coronavirus getestet. Die Neuinfektionen gingen laut Sozialbehörde auch am Donnerstag zum Teil, aber nicht überwiegend auf Reiserückkehrer zurück – diesmal vor allem aus Spanien, Griechenland, Rumänien und Österreich.
Man könne angesichts der aktuellen Zahlen nicht von einer zweiten Welle sprechen, so Sozialbehördensprecher Martin Helfrich, es gebe aber ein „erheblich erhöhtes Grundrauschen“ bei den Infektionen. Daher sei eine stärkere Aufmerksamkeit nötig.
Testzentrum am Hauptbahnhof lässt weiter auf sich warten
Die CDU monierte derweil, dass es noch immer kein Testzentrum zwischen ZOB und Hauptbahnhof gebe, an dem sich Menschen testen lassen können, die mit Bus oder Bahn von Reisen nach Hamburg zurückkehren. „Bereits das Testzentrum am Flughafen ist viel zu spät eingerichtet worden, das hätte zu Ferienbeginn stehen müssen“, so CDU-Gesundheitspolitiker Stephan Gamm.
„Schon vor Wochen haben wir den Senat aufgefordert, auch für Bahn- und Busreisende Testkapazitäten aufzubauen. Jetzt sind die Ferien in Hamburg seit einer Woche vorbei, und noch immer gibt es kein Testzentrum am Hauptbahnhof/ZOB.“ Der Senat wirke „wie schon bei den Schulen zunehmend überfordert und verspielt durch seine mangelnde Vorbereitung wertvolle Zeit im Kampf gegen das Coronavirus“, so Gamm.
Aufbau des Testzentrum dauert noch "zwei bis drei Wochen"
Das Testzentrum an Hauptbahnhof und ZOB will die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KVH) zusammen mit der Stadt einrichten. „Aufgrund der zu erwartenden hohen Zahl von Personen, die dieses Angebot in Anspruch nehmen werden, muss das Zentrum ausreichend dimensioniert sein“, sagte KVH-Chef Walter Plassmann. „Das macht die Findung eines passenden Platzes außerordentlich schwierig. Wir hoffen jetzt, eine Lösung gefunden zu haben, die am Montag mit allen zuständigen Behörden abgestimmt werden soll.“
Der Aufbau des Zentrums werde dann „noch zwei bis drei Wochen in Anspruch nehmen“, so Plassmann. „Die Situation ist nicht vergleichbar mit dem Flughafen, wo ein leer stehendes Gebäude genutzt werden konnte. Zudem haben die Reiserückkehrer 72 Stunden Zeit, um den Test nach Ankunft in Hamburg durchführen zu lassen. Hierzu stehen unsere bereits arbeitenden Testcenter in Farmsen und Altona zur Verfügung.“
Kritik an Kostenbeteiligung für Corona-Tests in Kliniken
Unmut gibt es derweil in Kliniken und bei niedergelassenen Ärzten darüber, dass diese regelmäßige Tests des Personals selbst bezahlt müssen. Dies sei unfair, sagte Claudia Brase, Geschäftsführerin der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft, der dpa – zumal Reiserückkehrer gratis getestet würden. KVH-Chef Plassmann sagte dem Abendblatt, die Sozialbehörde könne die Grundlagen dafür schaffen, dass auch das Personal in Kliniken oder Arztpraxen sich so testen lassen könne. „Wir würden dies begrüßen“, so Plassmann.
Die Behörde verwies darauf, dass es unter Experten umstritten sei, ob „eine anlasslose Testung sinnvoll ist“. Diese könne nur eine Aussage darüber treffen, dass ein Bereich „Corona-frei“ sei, wenn sie kontinuierlich in engem Takt wiederholt werde, so Helfrich. „Das wird vor dem Hintergrund des sinnvollen Einsatzes von Testkapazitäten und vor dem Hintergrund von Arbeitsabläufen und dem mit einer Testung verbundenen Aufwand gegenwärtig kritisch gesehen.“