Hamburg. Am Lokstedter Steindamm und am Holstenkamp werden Gebäude aus der Gründerzeit abgerissen. Das ist politisch gewollt.

Fachwerk unter dem spitzen Giebel, farblich abgesetzte Ecksteine und Sprossen-Oberlichter – die Villa am Lokstedter Steindamm 59 ist ein charmantes Zeugnis der Vergangenheit. Noch. Ein Bauzaun und ein großes Schild zeigen, was hier bald geschehen wird: Das Gebäude, das aus der selben Zeit stammt wie der um 1911 gebaute Wasserturm dahinter, wird abgerissen.

Stattdessen entsteht an der Stelle ein Neubau, der ganz ähnlich aussehen wird wie der, der bereits auf dem Nachbargrundstück am Lokstedter Steindamm 61 entstanden ist – und dem eine backsteinerne „Kaffeemühle“ zum Opfer gefallen ist.

Historische Häuser in Eppendorf vor dem Abriss

Kastenförmig, mit maximaler Geschossfläche und beflügelt vom Wohnungsbauprogramm der Stadt bringen immer mehr Neubauten Hamburgs historische Bausubstanz zu Fall. Manchmal regt sich Protest dagegen – so, wie vor einiger Zeit an der Straße Im Winkel in Eppendorf, in der gleich vier nebeneinander liegende Reihenhäuser aus der Gründerzeit abgerissen und durch eine massive Neubauzeile ersetzt werden sollen.

Doch weder für sie noch für die Villa am Lokstedter Steindamm greifen Schutzmaßnahmen. Sie stehen weder unter Denkmalschutz noch liegen sie im Geltungsbereich einer städtebaulichen Erhaltungsverordnung. Die Bezirksämter müssen den Bauanträgen der Investoren, sofern sie nicht gegen den Bebauungsplan verstoßen, stattgeben.

Höhere Bebauung für mehr Wohnraum erwünscht

Der Neubau, dem die Lokstedter Villa zum Opfer fallen wird, ist laut Bezirksamt „plankonform mit drei Vollgeschossen und Staffelgeschoss in geschlossener Bauweise“, die Baugenehmigung dafür wurde im Frühjahr erteilt. Eine ebensolche Genehmigung gibt es für das Grundstück Lokstedter Steindamm 63, wo ebenfalls eine Villa abgerissen werden soll.

Am vierspurigen Lokstedter Steindamm solle dem Magistralenkonzept entsprechend durch eine höhere Bebauung mehr Wohnraum geschaffen werden, heißt es aus dem Bezirksamt. Es gebe keine gesetzliche Möglichkeit, den Abriss zu untersagen. Der Erhaltungsbereich rund um den denkmalgeschützten Wasserturm schließe die drei Gebäude nicht mit ein.

Am Leinpfad verfällt die Villa des Reeders Bertram Rickmers

Diese Villa am Leinpfad verfällt seit mehr als zehn Jahren.
Diese Villa am Leinpfad verfällt seit mehr als zehn Jahren. © Andreas Laible

Dass auch Denkmalschutz und Erhaltungsverordnung den Erhalt eines gefährdeten Gebäudes nicht garantieren können, zeigt sich gerade in teuren Gegenden. Dort sind Neubauten mit maximaler Fläche für Investoren deutlich reizvoller als sanierte Altbauten – etwa an der Alster. Am Leinpfad etwa verfällt nach wie vor eine einst prächtige Gründerzeitvilla, die mehr als zehn Jahre dem Reeder Bertram Rickmers gehörte.

Sein 2011 gegebenes Versprechen, sie originalgetreu zu sanieren, hat er nie eingelöst. Nachdem er es verkauft hatte, machte Anfang 2019 die Auskunft des Bezirksamt Hoffnung, hinter der denkmalgeschützten Fassade solle ein Neubau entstehen. Fast eineinhalb Jahre später tut sich immer noch nichts auf dem Grundstück. Zwar soll im Dezember ein neuer Bauantrag eingereicht worden sein, doch es fehlen noch Unterlagen – und das Haus verfällt weiter.

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Zwei Alstervillen an der Fährhausstraße werden saniert

Der rosafarbenen Villa an der Ecke Fährhausstraße/Herbert-Weichmann-Straße könnte das gleiche Schicksal blühen. Das Gebäude wurde zwar nachträglich unter Denkmalschutz gestellt und ein Abriss so verhindert. Doch was der Eigentümer mit seinem Elternhaus vorhat, ist ungewiss. Nach Angaben des Bezirksamts sind in dem Gebäude drei Personen gemeldet – dennoch scheint es zunehmend zu verwahrlosen.

Diese Villa an der Fährhausstraße steht kurz vor einer Sanierung.
Diese Villa an der Fährhausstraße steht kurz vor einer Sanierung. © Andreas Laible

Positive Neuigkeiten dagegen verkündet das Bezirksamt für die Altbauten an der Fährhausstraße 14 und 14a. Auch diese hatten lange leer gestanden. Dann wurde zunächst das Hinterhaus saniert – und soll einem Sprecher zufolge voraussichtlich zum Jahresende bezugsfertig sein. Das imposante Vorderhaus soll ab August mit der Sanierung an der Reihe sein. Wie es in der Nachbarschaft der Fielmann-Villa an der Bellevue weitergeht, bleibt spannend. Das Gebäude durfte mit dem ausdrücklichen Einverständnis des früheren Oberbaudirektors Jörn Walter um etliches größer gebaut werden als in der Nachbarschaft.

Wie geht es weiter an der Bellevue?

Kritiker hatten befürchtet, dass ähnliche Ausnahmegenehmigungen künftig auch für die Neubebauung der Nachbargrundstücke erteilt werden müssten. Dort ist derzeit eine vermehrte Bautätigkeit zu beobachten: Eine Villa wurde bereits abgerissen, und auch auf einer Fläche, die lange bracht lag, rollen die Bagger. Auf Nachfrage teilt das Bezirksamt Nord mit, dass für das Grundstück Bellevue 6 ein Bauantrag vorliegt, der kurz vor der Genehmigung steht, für die Bellevue 7 eine Baugenehmigung bereits erteilt wurde und für das Grundstück Bellevue 11 eine Baugenehmigung beantragt wurde, was aber noch geprüft wird.

Was genehmigt worden ist, füge sich Angaben des Bezirksamts städtebaulich in die Nachbarschaft ein und erfülle die stadtgestalterischen Anforderungen der geltenden Erhaltungsverordnung sowie die an der Außenalster geltenden Gestaltungsverordnung. Das allerdings wurde auch bei der Fielmann-Villa gesagt.

Auch prachtvolles Haus am Holstenkamp bedroht

Auch am Holstenkamp 78, an der Ecke Schnackenburgallee, ist ein gründerzeitliches Gebäude bedroht. Das 1895 errichtete, ehemals prachtvolle Doppelwohnhaus, das von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Saga verwaltet wird, wurde offensichtlich in keiner Weise instand gehalten und verfällt seit vielen Jahren. Denkmalschutz besteht nicht. Nun soll es für eine Gewerbebebauung abgerissen werden.

„Es ist ein Skandal, dass die Stadt ihre eigenen Altbauten verfallen lässt, um sie dann für den Abriss freizugeben“, sagt Kristina Sassenscheidt vom Denkmalverein Hamburg. Dieser plädiert dafür, das Gebäude sowohl aus baukulturellen als auch aus ökologischen Gründen instand zu setzen und dort wieder eine Wohnnutzung zu ermöglichen.

Neubauen sind für Investoren reizvoller

Dass auch Denkmalschutz und Erhaltungsverordnung den Erhalt eines gefährdeten Gebäudes nicht garantieren können, zeigt sich gerade in teuren Gegenden. Dort sind Neubauten mit maximaler Fläche für Investoren deutlich reizvoller als sanierte Altbauten – etwa an der Alster. Am Leinpfad etwa verfällt nach wie vor eine einst prächtige Gründerzeitvilla, die mehr als zehn Jahre dem Reeder Bertram Rickmers gehörte.

Sein 2011 gegebenes Versprechen, sie originalgetreu zu sanieren, hat er nie eingelöst. Nachdem er das Gebäude verkauft hatte, machte Anfang 2019 die Auskunft des Bezirksamts Hoffnung, hinter der denkmalgeschützten Fassade solle ein Neubau entstehen. Fast eineinhalb Jahre später tut sich immer noch nichts auf dem Grundstück. Zwar soll im Dezember ein neuer Bauantrag eingereicht worden sein, doch es fehlen noch Unterlagen – und das Haus verfällt weiter.

Schicksal der rosa Villa an der Fährhausstraße ungewiss

Der rosafarbenen Villa an der Ecke Fährhausstraße/Herbert-Weichmann-Straße könnte das gleiche Schicksal blühen. Das Gebäude wurde zwar nachträglich unter Denkmalschutz gestellt und ein Abriss so verhindert. Doch was der Eigentümer mit dem Haus vorhat, ist ungewiss. Nach Angaben des Bezirksamts sind in dem Gebäude drei Personen gemeldet – doch es scheint zunehmend zu verwahrlosen.

Gute Neuigkeiten dagegen verkündet das Bezirksamt für die Altbauten an der Fährhausstraße 14 und 14a. Auch diese hatten lange leer gestanden. Dann wurde zunächst das Hinterhaus saniert – und soll einem Sprecher des Bezirks zufolge wohl zum Jahresende bezugsfertig sein. Das imposante Vorderhaus soll ab August saniert werden. Wie es in der Nachbarschaft der Fielmann-Villa an der Bellevue weitergeht, bleibt spannend. Das Gebäude durfte mit dem ausdrücklichen Einverständnis des früheren Oberbaudirektors Jörn Walter um etliches größer gebaut werden als in der Nachbarschaft.

Auf der brachliegenden Fläche rollen die Bagger

Kritiker hatten befürchtet, dass ähnliche Ausnahmegenehmigungen künftig auch für die Neubebauung der Nachbargrundstücke erteilt werden müssten. Dort ist derzeit eine vermehrte Bautätigkeit zu beobachten: Eine Villa wurde bereits­ abgerissen, und auch auf einer Fläche, die lange brachlag, rollen die Bagger.

Auf Nachfrage teilt das Bezirksamt Nord mit, dass für das Grundstück Bellevue 6 ein Bauantrag vorliegt, der kurz vor der Genehmigung steht, für die Bellevue 7 eine Baugenehmigung bereits erteilt wurde und für das Grundstück Bellevue 11 eine Baugenehmigung beantragt wurde, die aber noch geprüft wird. Was genehmigt worden ist, füge sich Angaben des Bezirksamts städtebaulich in die Nachbarschaft ein und erfülle die stadtgestalterischen Anforderungen der geltenden Erhaltungsverordnung sowie der an der Außenalster geltenden Gestaltungsverordnung.