Hamburg/Lübeck. Beim Besuch der Forschungsministerin dreht sich alles um Corona. In Lübeck wird untersucht, ob Menschen unbemerkt Infektion hatten.

Zwei Universitätskliniken hat Bundesforschungs­ministerin Anja Karliczek (CDU) am Dienstag besucht, aber am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) wie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) ging es nur um ein Thema: Covid-19 und der Kampf gegen die bisweilen tödlich verlaufende Infektionskrankheit. Die Krankenhäuser in Hamburg und in Lübeck zählen zu den besten im Land.

In Hamburg sprach Karliczek unter anderen mit Prof. Dr. Marylyn Addo, die von September an einen Impfstoff erproben wird. In Lübeck ging es um eine umfangreiche Untersuchung der Lübecker Bevölkerung, mit der unter anderem geklärt werden soll, welche Folgen Lockerungen bei den Corona-Regeln auf das Infektionsgeschehen haben.

Karliczek lobte interdisziplinäre Zusammenarbeit am UKE

Karliczek lobte die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit am UKE. Dadurch habe man wichtige Erkenntnisse über die neue Krankheit gewonnen. „Hier hat man auch die Toten untersucht“, sagte sie. Die UKE-Mediziner erläuterten der Ministerin unter anderem, wie die Krankheit das Herz und die Nieren schädigen kann. „Mit Covid-19 ist überhaupt nicht zu spaßen“, sagte Karliczek. Sie hoffe, dass es in zwölf bis 18 Monaten einen Impfstoff geben könne.

Die Vorbereitungen für den Test eines ersten Impfstoffs laufen im UKE gerade. Schon seit ein paar Wochen sucht die Klinik nach freiwilligen Testpersonen. 210 Probanden werden benötigt. Das Interesse ist riesengroß. „Mehr als 2000 Probanden haben sich gemeldet“, sagte Prof. Dr. Marylyn Addo, die Leiterin der Infektiologie im UKE.

An der Herstellung des Corona-Impfstoffes wird derzeit gearbeitet

Der Impfstoff soll vom September an in einer ersten Phase an 30 Testpersonen im Alter zwischen 18 und 45 Jahren verabreicht werden. Diese Phase wird rund einen Monat dauern. Das UKE arbeitet dabei in einem größeren Forschungsverbund verschiedener Einrichtungen. In weiteren Phasen werden dann Probanden aus anderen Altersgruppen hinzugezogen.

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An der Herstellung des Impfstoffes wird derzeit gearbeitet. Dies geschieht nicht in Hamburg. Die Forscher bedienen sich eines Tricks, um das menschliche Immunsystem auf Corona vorzubereiten. Genetische Informationen eines Oberflächenproteins des Sars-CoV-2-Virus werden in ein abgewandeltes und damit harmloses Pockenvirus eingebaut. Dieses Pockenvirus wird verimpft. Das Immunsystem des Menschen entwickelt daraufhin Antikörper gegen Covid-19. Bei einer tatsächlichen Infektion kann die Krankheit dann wirkungsvoll bekämpft werden.

20.000 Menschen machen bei Lübecker Studie mit

In Lübeck beschäftigen sich Mediziner mit einem anderen Corona-Aspekt. 20.000 Bürger der Stadt haben sich freiwillig gemeldet, um zwölf Wochen lang im Rhythmus von drei Tagen bestimmte Fragen zum Beispiel zur Maskennutzung zu beantworten. Aus diesen 20.000 Menschen hat das UKSH 3000 ausgewählt, die regelmäßig getestet werden.

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Zwei verschiedene Untersuchungen werden angewendet. Der eine zeigt an, ob der Proband infiziert ist, der andere, ob er eine Infektion durchgemacht hat - also Antikörper gebildet hat. Die Studie hat im Mai dieses Jahres begonnen und trägt den Namen „Elisa“ (Abkürzung für „Lübecker Längsschnittuntersuchung zu Infektionen mit Sars-CoV-2“). Sie ist schon wegen ihrer Größe eine Besonderheit in Deutschland. Bei der Heinsberg-Studie wurden nur 1000 Menschen getestet.

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Die ersten Ergebnisse bestätigen: Lübeck ist das genaue Gegenteil eines Corona-Hotspots. Von einer verdeckten Hintergrundinfektion, wie sie einige Experten für möglich gehalten hatten, kann jedenfalls nicht die Rede sein. Bis Juli gab es laut einem Zwischenergebnis bei den Probanden keinen positiven Corona-Test – also keinen einzigen aktuell Infizierten. Antikörpernachweise zeigten, dass die Zahl der Infizierten in Lübeck (177 nachgewiesene Fälle insgesamt) deutlich höher war - etwa das Fünf- bis Zehnfache. Im Juli wurde der Kreis der Probanden erweitert, bis August sollen rund 1200 Menschen dazukommen, die an der Ostseeküste im Tourismusgewerbe arbeiten.

Die Bundesforschungsministerin zeigte sich beeindruckt von der Lübecker Corona-Forschung „In kürzester Zeit ist hier eine große Bandbreite an Themen angegangen worden. Es geht von der medizinischen Forschung zu den Krankheitsmechanismen“, sagte sie. „Wir sind in Deutschland mit einer schwierigen Situation gut zurechtgekommen ­– dank der Wissenschaft.“