Hamburg. Schädlingsbefall und Stürme machen den Bäumen immer stärker zu schaffen. Linke kritisiert fehlende Datenerhebung.
Der Zustand der Hamburger Wälder hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert. Das hat der Senat jetzt in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion eingeräumt. Wie in den Nachbarländern hätten auch Hamburgs Wälder „unter den Extremwetterbedingungen der letzten Jahre gelitten“, so der Senat. „Dürre- und Kronenverlichtungserscheinungen sind bei allen Baumarten zu beobachten gewesen. Des Weiteren sind auch in Hamburg viele Bestände der Esche und der Erle durch biotische Krankheitserreger bedroht.“
Wie die Situation sich zuletzt verschlechtert hat, zeigen auch die aktuellen Angaben zu den Bäumen, die aufgrund von Schäden durch Sturm oder Schädlingsbefall vorzeitig gefällt werden mussten („durch Schäden verursachter Holzeinschlag“). Lag die Menge 2017 noch bei 617 Festmetern, waren es 2018 bereits 1470 und im vergangenen Jahr sogar 2295. Zwar gibt es immer wieder Schwankungen – je nachdem etwa, wie viele Stürme es in einem Jahr gibt. So mussten 2014 sogar 2908 Festmeter abgeholzt werden. Auffällig ist jedoch, dass im vergangenen Jahr allein 1767 Festmeter Holz dem Schädlingsbefall zum Opfer fielen – das ist der mit großem Abstand höchste Wert der vom Senat aufgeführten Jahre seit 2010. Selbst im Jahr 2014 waren dies nur 146 Festmeter, der Großteil der Schäden ging damals auf Stürme zurück.
Die Linken fordern umfassenden Daten zum Zustand des Waldes
Dabei waren im vergangenen Jahr fast ausschließlich Fichten vom schädlichen Insektenbefall betroffen. Auch in der Bilanz seit 2001 zeigt sich, dass die Fichten am häufigsten von Sturmschäden und Schädlingsbefall betroffen waren – gefolgt von „übrigem Laubholz“ und Kiefern.
Linken-Umweltpolitiker Stephan Jersch, der die Anfrage zu dem Thema stellte, kritisiert, dass der Senat keine umfassenden Daten zum Zustand des Waldes erhebt und sich auch seit 2002 nicht mehr an der „Waldzustandserhebung“ des Bundes beteiligt. Weder wird laut Senat die Zahl der gefällten Waldbäume erfasst, noch kann der Senat genauere Angaben über die Baumschäden machen. Auch gibt es kein Kataster über Kleinbiotope (Lichtungen, Wiesen, Heide, Sumpf, Gewässer, Moor) in den Wäldern. Die Angaben zu den Schäden stammen ausschließlich aus Meldungen der Revierförstereien an den Bund.
„Von jeder Tischlerei gibt es anscheinend mehr Daten als vom Hamburger Wald“, so Linken-Politiker Jersch. „Der Senat hat kein eigenes Stichprobennetz zum Waldzustand und das des Bundes liefert zu hohe Fehler. Für einen klimaresistenten Wald der Zukunft eine schlechte Startbedingung.“ Ihm sei „nicht wirklich klar, wie auf Basis fehlender Erhebungen seit Anfang der 1980er- Jahre das waldbauliche Ziel ‚möglichst naturnaher Waldlebensgemeinschaften‘ umgesetzt werden soll“, so Jersch. Auch die 2018 beschlossene Aufnahme der Wälder in das Erhaltungsmanagement sei „bisher nicht in die Gänge gekommen“, sagte der Linken-Politiker. „Man ist immer noch dabei, die Voraussetzungen zu schaffen. Alles in allem scheint hier eine lange andauernde Unterfinanzierung der Waldpflege vorzuliegen. Dabei sollte die Bedeutung des Waldes im Klimawandel lange angekommen sein.“
Aus der Umweltbehörde heißt es, dass die Schäden der beiden vergangenen Jahre im Vergleich zu anderen Regionen noch relativ glimpflich ausgefallen seien – aufgrund des atlantischen Klimas in der Region. Die Gestaltung der Wälder mit Blick auf den Klimawandel sei eine Daueraufgabe und eine Herausforderung.
Hamburg verfügt über 5364 Quadratkilometer Wald
Es gebe keinen Experten, der eine Aussage darüber treffen könne, wie das Klima in 50 Jahren aussehen werde. Der Waldbau in Deutschland stehe vor dem Problem, mit den Entscheidungen der Vergangenheit (etwa hinsichtlich der Baumartenwahl), den derzeitigen Kenntnissen sowie Klimasimulationen den Wald von morgen gestalten zu müssen. Zudem sei auch in den kommenden Jahren mit einer Zunahme von Extremwetterereignissen zu rechnen, wie man sie bisher nicht gewohnt gewesen sei.
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„Die Hamburger Forstverwaltung hat sich vor Jahren zu einer Strategie der Risikominimierung entschlossen“, sagt Umweltbehördensprecher Björn Marzahn. „So bewirtschaften und pflegen die Revierförstereien der Bezirke die Waldflächen mit einer möglichst breitgefächerten Baumartenwahl und berücksichtigen den jeweiligen Standort mit seinen sonstigen Umweltbedingungen.“
Insgesamt verfügt Hamburg laut Senatsantwort über Waldflächen von 5364 Hektar. 3900 Hektar davon gehören der Stadt, 1305 Hektar sind Privatbesitz, kleinere Flächen gehören zudem anderen Ländern, dem Bund oder öffentlichen Unternehmen.