Hamburg. Anspruch auf mindestens 20 Stunden pro Woche. Wann Kinder zu Hause bleiben müssen. Was eine Elterninitiative kritisiert.

Nach monatelangen Corona-Einschränkungen sollen die Hamburger Kindertagesstätten nun mit einem „eingeschränkten Regelbetrieb“ beginnen, wie es die Sozialbehörde nennt: Von heute an dürfen alle der etwa 90.000 Kinder mit Betreuungsanspruch in der Hansestadt wieder in die Kitas gehen, allerdings gelten pandemiebedingt weiterhin besondere Vorschriften.

Das bedeutet: Alle Kinder sollen möglichst wieder so lange betreut werden, wie es ihnen jeweils zusteht. Wer also etwa einen Acht-Stunden-Gutschein vorweisen kann, soll sein Kind möglichst bis zu 40 Stunden pro Woche in der Kita betreuen lassen können – aber nur, wenn die Einrichtung das leisten kann. Kinder sollen von nun an mindestens 20 Stunden pro Woche an mindestens drei Tagen betreut werden können. „An diese Vorgabe sind alle Kita-Träger in Hamburg gebunden“, sagt Martin Helfrich, Sprecher der Sozialbehörde. In welcher Zeit die Betreuung stattfindet, sollen die Kitas „einvernehmlich mit den Eltern“ regeln.

Kinder sollen möglichst nur durch feste Teams betreut werden

Die Einschränkungen hängen zum einen mit den für Kitas geltenden Hygienerichtlinien zusammen: So sollen Kinder möglichst nur in festen Gruppen durch feste Teams betreut werden, damit sich im Fall einer Corona-Infektion mögliche Ansteckungsketten nachvollziehen lassen. Das wäre in offenen, altersübergreifenden Spielgruppen ungleich schwerer. Zum anderen kann es in Kitas zu personellen Engpässen kommen, wenn Erzieher nicht arbeiten, weil sie zu einer Risikogruppe gehören.

Auch bei einem dringenden Betreuungsbedarf dürfen Kinder weiterhin nicht in die Kita gehen, wenn sie unter einer akuten Atemwegserkrankung leiden oder mögliche Symptome einer Coronavirus-Erkrankung zeigen wie Fieber, trockener Husten, Schnupfen, Halskratzen, Kopf- und Gliederschmerzen, Schüttelfrost, Übelkeit und Durchfall. Auch wenn womöglich manche Eltern erklärten, es liege doch „nur ein Schnupfen“ vor, könnten Kitas die Betreuung verweigern, sagt Martin Helfrich. Im Übrigen habe schon vor der Pandemie gegolten: „Wenn ein Kind krank war, sollte es nicht in die Kita gehen.“

Eltern sollen bis auf Weiteres von Kita-Zuzahlungen befreit bleiben

Auch nach der Ausweitung der Notbetreuung in den vergangenen Wochen habe es kein Infektionsgeschehen in den Kitas gegeben, sagt Behördenchefin Melanie Leonhard (SPD). Deshalb sei es nun zu verantworten, einen nächsten Schritt zu gehen, aber eben noch mit Einschränkungen. „Käme es zu einem unkontrollierten Infektionsgeschehen in Kitas, müssten die Ausweitungen zum Schutz der Kinder und Beschäftigten unter Umständen wieder rückgängig gemacht werden. Das wollen wir vermeiden“, sagt die Sozialsenatorin. „Corona ist nicht verschwunden. Rücksicht und Verständnis sind deswegen nötig.“

Wann genau alle Einschränkungen für Kitas in Hamburg wegfallen könnten, ließ die Sozialbehörde offen. Eltern sollen bis auf Weiteres von Kita-Zuzahlungen befreit bleiben. Der eingeschränkte Regelbetrieb dürfte längst nicht alle Eltern zufriedenstellen. Hamburger Vertreter der bundesweiten Initiative „Familien in der Krise“ wollen am Freitag von 15 bis 16 Uhr am Gänsemarkt demonstrieren. Ihr Motto: „Ohne Plan? Ohne uns!“

Coronavirus – die Fotos zur Krise

Es mangele seit Monaten an Transparenz, wie es mit der Kita-Betreuung und dem Schulbesuch mittel- und langfristig weitergehen könnte, sagt Anna-Maria Kuricová, Mutter und Hamburger Sprecherin der Eltern-Initiative, die in Hessen gegründet wurde und inzwischen auch in Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Berlin vertreten ist. In Hamburg habe es seitens der Politik nur häppchenweise Informationen für Eltern gegeben, sagt Kuricová. „Man hängt immer wieder in der Luft und hat keine Planungssicherheit.“

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Auch eine 20-stündige Betreuung von Kindern in Hamburg ermögliche es deren Eltern nicht, in Vollzeit zu arbeiten. „Wir haben viel Verständnis für die Corona-Beschränkungen gezeigt und lange die Füße stillgehalten – aber so kann es nicht weitergehen.“ Die Initiative habe große Zweifel, ob die Politik an Konzepten arbeite für den Fall, dass es eine zweite Infektionswelle gäbe. Und wie lange solle noch gelten, dass Kinder mit Erkältungen zu Hause bleiben müssten, was hieße das ab Herbst, wenn die Erkältungszeit beginnt? „Dann geht der Home-Schooling-Wahnsinn ja wieder von vorne los“, befürchtet eine Hamburger Vertreterin der Initiative.

Anna-Maria Kuricová sagt, sie sei traurig, dass Eltern in der Corona-Krise so wenig Unterstützung von der Politik bekommen hätten, wogegen etwa die Wirtschaft vergleichsweise viel Beachtung erhalten habe. „Mit Lufthansa setzt man sich an einen Tisch. Mit Eltern nicht.“ Die Politik müsse endlich kreativer werden, um Lösungen zu finden, wie sich Kita- und Schulkinder wieder bestmöglich betreuen ließen.

Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde

  • Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum und halten Sie Abstand von mindestens 1,50 Metern zu anderen Personen
  • Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
  • Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
  • Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
  • Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden