Hamburg. Restaurants starten unter Auflagen wieder den Betrieb. Nicht alle Inhaber sind glücklich mit der Wiedereröffnung. Ein Streifzug.
Es geht wieder los: Die Gastronomie in Hamburg darf seit Mittwoch wieder Gäste bewirten. Wegen des Coronavirus mussten die Restaurants rund acht Wochen lang schließen, nur Außer-Haus-Service war erlaubt. Jetzt der Neuanfang – mit Auflagen.
Die ersten Gäste treffen im Peter Pane an der Bleichenbrücke in der Innenstadt gegen 12 Uhr ein. Vieles ist anders als sonst. Etwa die Hälfte der Tische in dem Burgerlokal mit rund 200 Plätzen darf nicht genutzt werden, um den Mindestabstand von 1,50 Metern zwischen Personen – die nicht zusammen an einem Tisch sitzen – einzuhalten.
Restaurant-Besuch: Mit Reservierung und digitaler Speisekarte
Desinfektionsspray steht am Eingang bereit. Die Mitarbeiter, so sieht es die aktuelle Verordnung der Stadt vor, müssen Masken tragen; hier haben sie sich für bunte Modelle entschieden. „Wir sind so happy, dass wir heute endlich wieder starten können“, sagt David Adomah, Regionalleiter für Nord- und Westdeutschland.
Das Servicepersonal führt die Gäste zu den Tischen – eine Reservierung ist erforderlich. Am Tisch kann die Speisekarte über QR-Code auf dem Smartphone abgerufen werden. Auch eine Liste, in der die Gäste ihre Kontaktdaten eintragen müssen, ist vorgeschrieben und gehört zum neuen Tagesgeschäft.
Das Geschehen im Peter Pane verfolgt auch Dehoga-Präsident Franz Klein. „Wir erleben heute einen Neustart, und das ist für die Branche ein wichtiges Signal. Aber wenn man nur etwa die Hälfte der Plätze bespielen kann, ist es schwierig, ein Restaurant wirtschaftlich zu führen.“
Dehoga-Chef: Masken für Personal gewöhnungsbedürftig
Klein findet die Masken, die das Personal tragen muss, gewöhnungsbedürftig. „Natürlich müssen sich die Gäste und die Mitarbeiter erst mal an diese neue Situation gewöhnen.“ Unterdessen haben sich fast alle verfügbaren Tische gefüllt. Servicekraft Sarah Asmussen lobt: „Die Gäste sind alle ganz entspannt und fragen auch nach, was wir hier im Restaurant für Auflagen erfüllen müssen.“
Einen zufriedenen Eindruck machen Gisela Putzke aus Rahlstedt und ihr Enkel Louis Finke. „Wir hatten ein tolles Mittagessen und sind froh, dass die Gastronomie jetzt wieder offen ist“, sagt Putzke.
Ortswechsel. „Abstände eingehalten, alle Gäste zufrieden“, sagt Claas-Henrik Anklam, der sich in seinem Henriks an der Tesdorpfstraße in Rotherbaum über das Mittagsgeschäft freut. Dass der Laden sofort nach der Wiederöffnung „einmal richtig voll“ ist, also alle der nach Einhaltung der Abstandsregeln verbliebenen 45 Sitzplätze besetzt sind, das sei schon ein gutes Gefühl. Auch für die kommenden Abende gebe es schon zahlreiche Reservierungen.
Mit „großer Freude“ hat Kirsten Jacob, die mit ihrem Mann im elften Jahr das La Rucola in Bergstedt führt, ihr Lokal am Mittwochmittag wieder geöffnet. „Wir hatten viele Reservierungen, es waren gleich neun der jetzt durch den gebotenen Abstand verfügbaren insgesamt zehn Tische belegt.“
Auch für das Abendgeschäft und die nächsten Tage lägen schon Buchungen vor. „Natürlich ist es ungewohnt, dass wir im Service jetzt Maske und Handschuhe tragen und dass wir die Stammgäste nicht mehr mit Handschlag begrüßen dürfen, aber das Wichtigste ist, dass wir nun wieder da sind“, sagt Jacob.
Restaurant-Öffnung in Hamburg zu spontan?
Auch das Lenz in Duvenstedt nimmt den Betrieb wieder auf – allerdings erst am Freitag. „Nach wochenlanger Schließung ist es unmöglich, von einem auf den anderen Tag wieder aufzumachen“, sagt Lenz Leslie Himmelheber. Da habe die Politik vielleicht falsche Vorstellungen.
Grundsätzlich freut sich der Gastronom aber sehr darüber, dass es nun wieder losgeht. Für Freitagabend habe er bereits 77 Reservierungen, er setzt auf eine Doppelbelegung. Zwölf seiner insgesamt 20 Mitarbeiter habe er für die Wiedereröffnung zurückgeholt.
„Dass der Senat erst am Dienstag offiziell mitgeteilt hat, dass die Restaurants bereits wieder am Mittwoch öffnen dürfen, stellt uns natürlich vor logistische Herausforderungen. Unsere Lieferanten können uns nicht innerhalb eines Tages die benötigte Ware liefern“, sagt Peer Petersen, der in Hamburg sieben Restaurants betreibt.
Der Gastronom plant nun, seine Lokale nach und nach bis Mittwoch kommender Woche zu öffnen. Seine Weinbistros Neumann’s an der Langen Reihe und im Grindelhof machen am Montag den Anfang. Danach folgen unter anderen das Wellingten, Mellinghus und das L.O.K.S im Alstertal.
Corona-Schließung kurz nach Restaurant-Eröffnung
Die Nacht vor dem Neustart war für Karin Wege um 5 Uhr vorbei. Kassensystem, Platzierung der Tische, Corona-Regeln – für die Inhaberin der Blauen Blume an der Harkortstraße gab es so vieles noch zu bedenken. Am 13. März hatte sie das Restaurant in der denkmalgeschützten Kleiderkasse in Altona mit einer Party eröffnet, um zwei Tage später durch die Pandemie wieder schließen zu müssen.
Doch nach zweimonatiger Zwangspause geht es nun wieder los. Und Fans der alten Blumen Blume, die fast 100 Jahre vis-à-vis im Eckhaus residierte, werden die neuen hellen Räume in dem komplett sanierten denkmalgeschützten Backsteinbau in Altona lieben Bei der Wiedereröffnung am Mittwochmittag waren nur wenige Tische besetzt.
Karin Wege, wie alle Servicekräfte natürlich mit Mundschutz ausgestattet, ist sicher, dass sich das in Kürze ändern wird – schon in den vergangenen Wochen bestellten viele Bewohner der Neuen Mitte Altona hier ihr Essen zum Mitnehmen. Ab sofort wird wieder bedient, bei schönem Wetter unter Einhaltung der Abstandsregeln auch im Biergarten.
"Die haben Bock auf Luxus und Genuss"
Das Ufer in Hoheluft hat am Mittwoch um 15 Uhr wieder eröffnet. „Das ist ein gutes Gefühl, dass endlich etwas passiert“, sagt Kellner Lukas Irrgang. Das sei ein Schritt in Richtung Normalität. Er glaubt, dass die Menschen wieder richtig Lust haben, im Restaurant essen zu gehen. „Die haben Bock auf Luxus und Genuss. Ich habe das bei mir zu Hause auf der Reeperbahn schon am Mittag beobachten können. Das Steakhaus war gut besetzt.“
Noch lassen die Macher im Ufer an der Bismarckstraße das Aufkommen an Gästen auf sich zukommen. „Entweder wir besetzen nur jeden zweiten Tisch oder stellen Tische ganz raus“, sagt Lukas Irrgang.
So richtig freuen kann sich Tanja Viviani nicht darüber, dass Restaurants seit Mittwoch wieder öffnen dürfen. „Es ist nichts, wie es einmal war. Wir dürfen zwar alle aufmachen, aber ob es sich bei den strengen Auflagen lohnt, ist fraglich.“ Und die Freude am Restaurantbesuch sei unter den neuen Umständen auch nicht mehr so richtig gegeben.
Bistro Cucibar in Hoheluft-West zu klein
Fest steht: Sie kann die Auflagen momentan nicht erfüllen. Ihr Bistro, die Cucibar an der Bismarckstraße in Hoheluft-West, ist mit 46 Quadratmetern viel zu klein, um die Abstandsregeln einhalten zu können. „Wie soll ich in solch einem kleinen Laden bedienen? Ich kann den erforderlichen Sicherheitsabstand gar nicht einhalten.“ Den Innenraum für Gäste zu öffnen lohne sich wirtschaftlich nicht. „Ich könnte dann lediglich acht Plätze anbieten“, sagt die 49-Jährige.
Zu normalen Zeiten hat sie 18 Plätze. Deswegen hat sie sich dazu entschieden, auf die Bewirtung drinnen ganz zu verzichten und den Außer-Haus-Verkauf weiter zu betreiben und bei gutem Wetter draußen bis zu acht Tische aufzustellen. Dort wird sie, wie die vergangenen Wochen auch, weiterhin auf Selbstbedienung setzen. „Das ist eine gute Sache und hat sich bewährt.“
Ob sie ihr Bistro so halten kann? „Momentan läuft es ganz gut, weil die Menschen im Homeoffice sind und sich gern ihren Mittagstisch bei uns abholen.“ Da sie seit sechs Wochen allerdings auf die Soforthilfe, die ihr ja zusteht, wartet, wird das Geld für die Miete langsam knapp.