Hamburg. Hoffnung für Schwimmbad-Fans: Bäderland entwickelt Konzepte für Besuche in Coronazeiten. Doch entscheiden muss die Politik.

Wenn in diesen Tagen oft davon die Rede ist, dass die aktuelle Situation sich irgendwie „unwirklich“ anfühlt, dann mag das auch mit dem Wetter zusammenhängen. Denn der April zeigte sich – immerhin wettermäßig gesehen – wie aus dem Bilderbuch. Ein Frühling, der unter normalen Umständen für Frühlingsgefühle sorgt und Lust auf mehr macht: den Sommer.

Doch in diesem Jahr ist alles anders. Denn dieser Sommer steht nicht satt und unbeschwert bevor, weil jeder weiß, dass dieser Sommer anders werden wird, als wir ihn kennen. Unter anderem deshalb, weil hinter dem vielleicht größten Sommerklassiker noch ein sehr großes Fragezeichen steht: dem Freibad. Man mag sich ja fast gar nicht trauen, die Frage zu stellen, aber in den vielen Köpfen ist sie schon lange da: Fällt die Freibadsaison in diesem Jahr komplett ins Wasser? Oder nur ein bisschen? Und: Kann ich auf Badeseen ausweichen oder ist das verboten?

Vorbereitungen für Freibadsaison laufen im Hintergrund

Eins ist klar: Im Hintergrund laufen die Vorbereitungen für die Freibadsaison bereits, wie Bäderland-Sprecher Michael Dietel auf Nachfrage mitteilte. Laub fegen, Hecken schneiden, Rasen mähen, Fliesen reinigen, Wasser ablassen, Sprungbretter auswechseln, Bänke streichen, neues Wasser einlassen. Im Schnitt würden die Arbeiten pro Bad drei bis vier Wochen dauern. „Einige Bäder, etwa das Kaifu-Bad, das traditionell als erstes öffnet, sind schon nahezu fertig“, so Dietel.

Aber was bringt ein fertiges Bad, wenn niemand reindarf? „Im Moment können wir nur warten und hoffen, dass wir schon bald mehr Sicherheit haben“, sagt Dietel. Aber wäre eine Öffnung angesichts der strengen Hygieneauflagen überhaupt möglich? „Es gibt jedenfalls verschiedene Szenarien und Stellschrauben, mit denen man viel erreichen könnte“, sagt Dietel.

Grundsätzlich sei weniger das Baden an sich das Problem, sondern vielmehr der Aufenthalt in den Umkleidekabinen und das Warten an der Kasse. „Dafür könnte man Lösungen finden. Zum einen könnte man die Zahl der Badegäste beschränken, zum anderen könnte man nur eine reduzierte Zahl von Spinden zur Verfügung stellen, die wiederum ausreichend Abstand voneinander haben.“ Welche konkreten Regelungen getroffen werden, hängt aber von den politischen Maßgaben ab.

Verband macht Vorschläge zum Baden unter Auflagen

So schätzt es auch der Dachverband, die „Deutsche Gesellschaft für das Bade­wesen“, ein. Diese hat bereits Vorschläge für eine Öffnung unter strengen Auflagen veröffentlicht. Dort heißt es: „Die Badegäste müssten sowohl im Wasser als auch an Land, beziehungsweise in den Schwimmhallen Abstand halten. Das würde auch für die Eingangsbereiche, die Umkleidebereiche und schließlich für die Badehallen gelten.“ Dafür müssten die Betreiber entsprechende bauliche und organisatorische Maßnahmen ergreifen.

Außerdem müsste die Zahl der gleichzeitig in den Bädern anwesenden Menschen deutlich reduziert werden. Denkbar wären etwa Zeitbeschränkungen, zum Beispiel einen Vormittags- und einen Nachmittagsbetrieb, vielleicht vormittags für ältere Badegäste und nachmittags für jüngere Badegäste und Familien mit Kindern. Auch würde man zusätzliche Hygienemaßnahmen umsetzen. Für das Personal müssten entsprechende Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Das Baden selbst wäre unter anderem aufgrund des gechlorten Wassers im Grunde kein Problem.

Über das Wasser soll das Coronavirus nicht übertragbar sein

Das glaubt auch das Umweltbundesamt. Dort heißt es in einer aktuellen Stellungnahme: „Die Morphologie und chemische Struktur von Sars-CoV-2 ist anderen Coronaviren sehr ähnlich, bei denen in Untersuchungen gezeigt wurde, dass Wasser keinen relevanten Übertragungsweg darstellt.“ Und weiter: „Das Wasser in konventionellen Frei- oder Hallenbädern unterliegt einer ständigen Aufbereitung. Die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik bietet einen weitreichenden Schutz, auch vor unbekannten Organismen und chemischen Stoffen.“

Anders würde es es sich in Bädern verhalten, in denen das Wasser biologisch aufbereitet werde. „Dieses Wasser enthält kein Desinfektionsmittel, daher geht von derartigen Bädern ein gewisses Infektionsrisiko aus, auf welches der Badegast generell vor Ort hingewiesen werden sollte.“

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Doch all diese Überlegungen bleiben vorerst noch theoretisch. Denn: „Dieses Thema steht noch nicht auf der Agenda der weiteren Beratungen“, teilte Senatssprecher Marcel Schweitzer mit. „Zwischen Bund und Ländern wurde verabredet, die Wirkung der ersten Lockerungen zu evaluieren und sich auf Basis dieser Erkenntnisse weitere Lockerungen vorzunehmen.“ Dies werde kommende Woche im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz geschehen. „Auf der Agenda stehen aber weder Badeseen und Freibäder, nicht einmal der Tourismus.“ Das werde erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.

Gefahr: Menschen weichen auf Seen ohne Badeaufsicht aus

Schweitzer verweist allerdings darauf, dass es bis dahin gut sei, sich konkrete Gedanken darüber zu machen, wie man zum Beispiel Freibäder unter den Abstandsgeboten und dergleichen betreiben kann. Und was wäre, wenn es morgen 30 Grad werden würde? Dürfte ich dann – abgesehen davon, dass das Wasser noch ziemlich kalt ist – dann eigentlich in einen Badesee springen? Hier muss die Antwort nach derzeitigem Stand „nein“ lauten. Denn laut Schweitzer ist Schwimmsport – auch von einzelnen Personen – nach derzeitiger Lage nicht erlaubt.

Der Wunsch von Bäderland und anderen Badbetreibern, dass es schon bald eine klare Ansage gibt, bleibt also vermutlich unerfüllt. Bäderland-Sprecher Michael Dietel befürchtet, dass eine dauerhafte Schließung der Bäder über die ganze Saison dazu führen würde, dass viele Menschen in Flüssen und Seen ausweichen und dort ohne Badeaufsicht schwimmen gehen. „Aus der Erfahrung wissen wir, dass es besonders in solchen Situationen häufig zu Badeunfällen kommt“, so Dietel. Und das muss auf jeden Fall vermieden werden.“