Hamburg. Der Anstieg der Ansteckungen ist auf dem niedrigsten Stand seit Mitte März. Ältere sind aber zunehmend betroffen.
Es sind gute Zahlen, aber sie sind mit Vorsicht zu genießen: Die Zahl der Coronainfektionen ist am Montag mit nur 69 neu erfassten Fällen in Hamburg so gering gestiegen wie seit Mitte März nicht mehr. Der prozentuale Zuwachs war mit 2,3 Prozent der geringste, seit sich die Erkrankungswelle zu einer Pandemie entwickelt hat.
Allerdings hatte es nach Wochenenden zuletzt auch verspätete Meldungen oder Softwareprobleme gegeben – sodass die Zahlen in den Folgetagen bisweilen wieder deutlich anstiegen. Diesmal seien die Daten belastbar, so ein Sprecher der Gesundheitsbehörde. Allerdings gebe es immer mal Ausreißer, die Zahlen könnten durchaus wieder ansteigen.
Coronavirus in Hamburg: Mehr Fälle in Pflegeheimen
Unterdessen nehmen die Coronafälle in Hamburger Pflegeheimen weiter zu. Laut Auskunft des Sprechers von Pflegen & Wohnen Hamburg, mit 2690 Plätzen größter Anbieter in der stationären Pflege der Hansestadt, wurden zwölf Bewohner positiv auf das Coronavirus getestet. Betroffen sind die Standorte Altona, Farmsen und Heimfeld.
„Die Betroffenen klagen mehrheitlich über leichte bis mittlere Symptome. Ein Infizierter musste ins Krankenhaus, ein anderer konnte aus dem Krankenhaus zurück ins Heim verlegt werden“, sagte Unternehmenssprecher Henning Schweer am Montag dem Abendblatt. Pflegen & Wohnen hatte wie auch andere Einrichtungen noch vor der Allgemeinverfügung des Senats ein Besuchsverbot erlassen. Dennoch sei das Virusrisiko nur einzudämmen, nie auszuschließen, da das Abstandsgebot bei der Pflege nicht einzuhalten sei.
Demenz begünstigt schweren Verlauf bei Corona
Im Albertinen-Haus in Schnelsen, wo 80 Pflegebedürftige leben, wurden nach dem positiven Test einer Pflegekraft 20 Bewohner getestet. Bei 17 war das Ergebnis negativ, bei dreien ist der Befund noch unklar. Diese wurden in einen abgetrennten Bereich verlegt. Im Hospital zum Heiligen Geist sind fünf Bewohner positiv getestet, zwei sind im kritischen Zustand, drei klagen über leichte oder mittlere Symptome.
Im Alsterdomizil in Wellingsbüttel, spezialisiert auf Demenzerkrankte, waren vergangene Woche drei Bewohner gestorben. Laut Deutscher Alzheimer Gesellschaft begünstigt Demenz einen schweren Verlauf: „Menschen mit Alzheimer haben ein geschwächtes Immunsystem. Die Patienten sterben schließlich mit Alzheimer und nicht an Alzheimer. Häufig sind Infektionskrankheiten die Todesursache. Wenn die Patienten bettlägerig sind, kommt es oft zu Lungenentzündungen.“
Zudem seien sie durch ihre Krankheit oft nicht mehr in der Lage, „die von Covid-19 ausgehende Gefahr zu erfassen und die allgemeinen Regeln zum Schutz vor einer Ansteckung mit Covid-19 einzuhalten“.
Coronavirus: Höchste Infektionsrate in Eimsbüttel
Dass die Älteren in Hamburg zunehmend stärker von der Coronapandemie betroffen sind, zeigt auch das interne „Lagebild“ des Krisenstabs in der Innenbehörde, das dem Abendblatt vorliegt. Danach hat der Anteil der 60- bis 69-Jährigen und der Über-70-Jährigen an der Gesamtgruppe der Infizierten zuletzt zugenommen, während er in anderen Altersgruppen stagnierte oder zurückging.
Wie zuletzt gibt es die meisten Coronafälle laut „Lagebild“ vom Montag auch weiterhin in den Bezirken Wandsbek (728), Nord (552), Eimsbüttel (532) und Altona (517). Die höchste Infektionsrate pro 100.000 Einwohner weist derzeit Eimsbüttel auf, es folgen Altona, Nord und Wandsbek.
Mittlerweile ist Hamburg nicht mehr das Bundesland mit dem höchsten Anteil von Coronainfizierten an der Bevölkerung. Mit 155 Infizierten pro 100.000 Einwohnern lag Hamburg laut „Lagebild“ des Krisenstabs zuletzt hinter Bayern (182) und Baden-Württemberg (168). Bei einem Vergleich der Großstädte lag Hamburg zuletzt deutlich hinter der am stärksten belasteten Großstadt München und knapp vor Köln.
Unklarheiten über Coronatests in Hamburg
In dem täglichen Papier des Krisenstabs werden, anders als in den Meldungen der Gesundheitsbehörde, auch die in Hamburger Kliniken behandelten Patienten aufgeführt, die nicht in Hamburg wohnen. Neben den 65 Hamburger-Patienten auf Hamburger Intensivstationen wurden dort demnach am Montag weitere 17 Nicht-Hamburger gegen Covid-19 behandelt.
Unklarheiten gab es am Montag erneut über die Zahl der täglich durchgeführten Coronatests in Hamburg. Während Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) zuletzt stets von jeweils 3500 täglichen Tests sprach, werden nach Abendblatt-Recherchen über den Arztruf 116 117 täglich lediglich zwischen 250 und 500 Abstriche durchgeführt.
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„Es handelt sich dabei allerdings nicht um Abstriche für Schnelltests, sondern um Abstriche für die sogenannten PCR-Tests, die im Labor durchgeführt werden“, sagt Jochen Kriens, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg. PCR-Tests können sehr präzise eine akute Infektion mit dem neuartigen Coronavirus nachweisen.
Beschwerden über die Verteilung der Tests auf die Labore
Zugleich gab es Beschwerden über die Verteilung der Tests auf die Labore. Jens Heidrich, Leiter des Labors Dr. Heidrich & Kollegen MVZ GmbH in Hamburg sagte, es sei skandalös, dass die Kassenärztliche Vereinigung (KV) die Patienten, die sich über den Arztruf Hamburg 116 117 melden, schlecht verteile und die meisten Proben ans UKE-Labor schicke. „Wir haben Kapazitäten für 800 Tests am Tag, führen aber durchschnittlich nur 130 durch“, sagte er dem Abendblatt.
Im Aesculabor Hamburg würden derzeit 1000 PCR-Tests abgefordert, sagte der Ärztliche Leiter Prof. Kai Gutensohn. Auch würden bereits 400–500 Antikörpertests pro Tag ausgewertet, mit denen eine bereits durchgemachte Infektion mit dem neuen Coronavirus nachgewiesen werden kann. Nach Ostern, ab dem 10. April, würden die Kapazitäten auf 2500 mögliche Testungen ausgeweitet, im Mai dann sogar auf 5500.
Coronavirus: Insgesamt rund 3700 Tests täglich
„Hinsichtlich der Engpässe hat sich nichts verbessert“, sagte Thomas Postina, Sprecher des Berufsverbands Deutscher Laborärzte (BDL). Die Versorgung mit Testmaterialien und Schutzkleidung müsse dringend verbessert werden, damit die Labore die ständig steigenden Testanforderungen aus Praxen und Gesundheitsämtern bewältigen könnten.
Die Gesundheitsbehörde betonte, dass in ihren Zahlen die Tests „aller privaten Labore sowie die Zahlen der an die Krankenhäuser angeschlossenen Labore sowie die Labore des Bernhard-Nocht-Instituts (BNI) und des Instituts für Hygiene und Umwelt (HU) enthalten“ seien. Es würden zuletzt insgesamt rund 3700 Tests täglich durchgeführt, so eine Behördensprecherin. Die Zahl unterliege Schwankungen. Es seien auch Tests aus anderen Bundesländern enthalten. Eine Gesamtzahl der bisher durchgeführten Tests könne nicht genannt werden.
Informationen zum Coronavirus:
- Die Stadt Hamburg informiert die Bürger auch online über das Coronavirus. Zusätzlich gibt es eine Hotline: 040 42828-4000
- Das Robert-Koch-Institut beantwortet häufig gestellte Fragen zu SARS-CoV-2
- Auch das Bundesgesundheitsministerium hat eine eigene Informationsseite zum Virus eingerichtet
Coronavirus: Nur in bestimmten Fällen Befragungen am Hamburg Airport
Am Flughafen kamen zuletzt laut Behörde nur noch rund 200–300 Passagiere pro Tag an. „Grundsätzlich gibt es am Flughafen keine medizinischen Einreiseuntersuchungen“, so die Behörde. „Bei verschiedenen Epidemien hat sich gezeigt, dass die medizinische Kontrolle bei Einreisenden zu keinem wesentlichen Vorsprung bei der Erfassung potenziell erkrankter Personen führt.“
Man konzentriere sich auf „die Testung und Untersuchung der Menschen, die bereits Symptome aufweisen“, so die Behörde. „Mündliche Befragungen am Flughafen finden dann statt, wenn der Pilot einer Maschine belastbare Hinweise gegeben hat, dass ein Erkrankter an Bord ist.“