Hamburg. In Hamburg darf unter strengen Auflagen weiter geheiratet werden – ohne Gäste und Trauzeugen, dafür mit Spuckschutz.
Eine Hochzeit ist der perfekte Augenblick im Leben eines Paares. Eine Hochzeit ist ein Ereignis ungetrübter Freude, das man mit seiner Familie und seinen Freunden feiert. Eine Hochzeit ist wahnsinnig romantisch. Dann kam Corona.
Jetzt sitzen Elke Bernhardt und Helmut Karl hinter einem Spuckschutz aus Plexiglas. Der Standesbeamte hat sie mit Sicherheitsabstand begrüßt. Außer ihnen ist sonst niemand im Trauzimmer, keine Kinder, keine Enkel, keine Trauzeugen. Wenn sie gleich aus dem Standesamt kommen, wird keiner da sein, um sie zu umarmen und zu gratulieren. Und um mit ihnen anzustoßen. Das ist heiraten in Zeiten des Virus.
Heiraten in Hamburg: Hochzeitsreise wegen Corona verschoben
„Unser erster Gedanke war, wir sagen das Ganze ab“, sagt Elke Bernhardt. Die große Feier, die für Ende April geplant war, musste eh schon verschoben werden. Aus der Hochzeitsreise nach Marrakesch wird natürlich auch nichts. Und jetzt auch noch eine Trauung unter Kontaktverbot. Das hatten sich die beiden Niendorfer alles anders vorgestellt.
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So ergeht es gerade allen Brautpaaren in Hamburg. Denn auch, wenn das soziale Leben stillsteht und von der Kneipe bis zur Kirche alles dicht ist, wird in den Standesämtern weiter getraut. Unter Berücksichtigung der aktuellen Lage und Beachtung aller Vorgaben sei es ihnen damit möglich, ihrer gesetzlichen Aufgabe nachzukommen. Allerdings werde die Trauzeremonie auf das Allernötigste beschränkt, so Dennis Imhäuser, Sprecher des für alle Standesämter zuständigen Bezirksamts Harburg.
Polizei überwacht die Standesämter
„Die Standesämter sind mit Spuckschutz, Masken und Einmalhandschuhen ausgestattet. Zusätzlich haben die Brautleute einen eigenen Kugelschreiber, und nach dem Verlassen des Raumes wird alles desinfiziert.“ Gäste dürfen nicht dabei sein, vor den Standesämtern werde das polizeilich überwacht.
„Die Standesbeamten berichten, dass die Brautpaare trotz der ungewöhnlichen Situation froh sind, dass die Termine stattfinden können“, sagt Imhäuser. „Das Verständnis für die besondere Situation ist groß, und die damit einhergehende Kooperationsbereitschaft eine sehr große Hilfe für alle Beteiligten.“ Zwar sagen in jedem Bezirk derzeit ein bis zwei Paare pro Woche ab, doch der Großteil der Hochzeiten findet weiterhin statt. Um die 6000 waren es im vergangenen Jahr in ganz Hamburg.
Die Verteilungen der 5.933 Hamburger Eheschließungen im Jahr 2019:
- Altona: 740
- Bergedorf: 526
- Eimsbüttel: 1006
- Harburg: 659
- Mitte: 793
- Nord: 1350
- Wandsbek: 859
Die erste Hochzeit hinter Plexiglas für den Standesbeamten
So wie die von Elke Bernhardt und Helmut Karl. Als sie das Standesamt Eimsbüttel als Eheleute verlassen, strahlen sie – wie jedes frisch verheiratete Paar. „Wir hätten unsere Kinder jetzt gerne hier, aber wir haben uns zwei, das ist an so einem Tag ja die Hauptsache“, sagt Elke Bernhardt. Wenn man an die Menschen denke, die an dem Virus erkrankt und in Not geraten seien, könnten sie sich ohnehin nur glücklich schätzen.
Eine ungewöhnliche Hochzeit sei in diesen Zeiten noch das kleinste Problem. „Außerdem war es so in jeder Hinsicht eine besondere Veranstaltung“, sagt die 64-Jährige. Auch der Standesbeamte habe sich besondere Mühe gegeben.
Jan Strube hat bereits 300 Paare getraut, diese Hochzeit war auch für ihn die erste hinter Plexiglas. „Ich versuche die Stimmung davon nicht beeinflussen zu lassen“, sagt der Standesbeamte. „Das Paar soll bei jeder Trauung glücklich sein, dieser Anspruch ist jetzt noch mal gestiegen.“ Darum sei er auch von seiner vorbereiteten Rede abgewichen und habe sich stattdessen mit dem Brautpaar unterhalten. „Ich wollte hören, wie es den beiden in dieser nicht einfachen Zeit geht, wie sie sich fühlen“, sagt der 30-Jährige, der es allein schon mit seinem Tonfall schafft, Unbeschwertheit zu vermitteln. „Es war eine schöne, ungezwungene Zeremonie.“ Zwei weitere Ehen hat Strube im Anschluss noch geschlossen, insgesamt war es an diesem Tag in Eimsbüttel ein gutes Dutzend.
Brautpaare stoßen mit ihren Freunden über Skype an
Dass viele Paare sich gerade in diesen unsicheren, belastenden Zeiten wünschen, verheiratet zu sein, merken die Hamburger Hochzeitsplanerinnen Liv Schneider und Sarah Weinhold-Gramer von beyond tales. „Viele Brautpaare, die wir betreuen, sind natürlich sehr traurig, dass sie diesen Moment jetzt ohne ihre Familie und liebsten Freunde erleben müssen“, sagt Liv Schneider. „Aber den Termin zu verschieben ist kaum möglich.“ Frühestens ab Ende September können neue Trauungen vereinbart werden, und die Hamburger Standesämter sind in der Regel bereits sehr gut gebucht.
Im beliebten Standesamt in Altona gibt es Termine beispielsweise nur ein Jahr im Voraus. Und bei vielen Paaren hängt noch eine große Feier ein paar Wochen oder Monate später mit dran, von der sie hoffen, dass diese dann stattfinden kann.
Darum setzen die Hochzeitsplanerinnen auf kreative Ideen: „Brautpaare können ihre Familie bei der Trauung per Skype zuschalten und die Freunde eine Videobotschaft aufnehmen, die sie dem Ehepaar im Anschluss senden. Und wir bieten unter anderem an, vorab einen kleinen Crémant und ein Stück Hochzeitstorte an die Gäste zu verschicken, die dann virtuell mit dem Brautpaar anstoßen können“, sagt Liv Schneider. „Auch kleine Dinge können einen großen Moment ausmachen.“