Hamburg. Wegen der Pandemie müssen sich Brautpaare derzeit stark einschränken, viele sagen deshalb ab. Nicht so Miriam und David Peters.
Trauungen in Zeiten von Corona? Das bedeutet in Hamburgs sieben Standesämtern dieser Tage Spuckschutz, Masken und Hygiene- statt Brauthandschuhen. Selbst den Kugelschreiber müssen die Eheleute selbst mitbringen. Romantisch klingt anders. Doch nützt ja nichts, auch die Vorgaben für den schönsten Tag des Jahres sind eben streng.
Nach der noch immer gültigen Allgemeinverfügung vom 22. März dürfen nur der Standesbeamte und das Brautpaar selbst das Ja-Wort bezeugen, für die Angehörigen bleibt nicht einmal ein kontaktloser Gruß vor dem Gebäude, von Spalier ganz zu schweigen.
Viele Brautpaare sagen die Trauung ab
Ein bis zwei Paare pro Woche und Bezirk blasen ihre Hochzeit bei solchen Aussichten momentan lieber ab, beziehungsweise verschieben die Eheschließung auf unbestimmte Zeit. Die frühesten Ausweichtermine gibt es derzeit ab September. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2019 gab es je Standesamt nur zwischen zwei und fünf Absagen.
Nicht wenige Paare hatten zudem ihre Trauung im Frühjahr außerhalb der Hansestadt geplant. So wie jenes, das sich auch von der Plexiglasscheibe in Bad Fallingbostel nicht aufhalten ließ. Andere Hamburger sagten ihre Auswärtsfeier dagegen ab - wie das Liebespaar, das eigentlich in Rheinland-Pfalz heiraten wollte.
Die Verteilungen der 5.933 Hamburger Eheschließungen im Jahr 2019:
- Altona: 740
- Bergedorf: 526
- Eimsbüttel: 1006
- Harburg: 659
- Mitte: 793
- Nord: 1350
- Wandsbek: 859
Hamburger Paar erlebt große Überraschung
Und dann wären da noch Miriam und David Peters. Die Eilbeker hatten zwar ebenfalls kurz über eine Verschiebung nachgedacht, waren am vergangenen Wochenende dann aber doch für ihre Eheschließung wie geplant vors Standesamt nach Uetersen gezogen.
Auch ohne Trauzeugen. Schließlich geht es bei einer Hochzeit ja in erster Linie um zwei Menschen, die sich lieben, dachte sich das Paar. Und die Fahrt über die schleswig-holsteinische Landesgrenze sollte sich mehr als lohnen, vor allem die Rückfahrt.
Klare Botschaft: "Liebe ist stärker als Corona"
Denn, womit die beiden überhaupt nicht gerechnet hätten: Entlang der Strecke hatten sich an einzelnen Stationen nahezu alle ursprünglich geladenen Gäste postiert, um die frisch Vermählten mit Musikbeiträgen, Geschenken und weiteren kreativen Aktionen zu überraschen.
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Rund 100 Gratulanten kamen so zusammen - vom engsten Familienkreis über Arbeitskollegen bis zu wildfremden Menschen, die sich von der emotionalen Stimmung anstecken ließen. Zwei Passanten spendierten dem Hochzeitspaar spontan eine Flasche Sekt. "Liebe ist stärker als Corona", so die Botschaft der Initiatoren.
Bei Miriam und David Peters fließen die Tränen
Besonders rührend, aber durch das Kontaktverbot auch umso härter: Miriams Schwester, die mit Mann und Kindern am Straßenrand einen Hit von Helene Fischer intonierte. "Da flossen bei mir die meisten Tränen", sagt Miriam.
Und die Augen des Bräutigams wurden besonders feucht, als die beiden im Hochzeitsauto unter einer Brücke durchfuhren, an der die ehemalige Truppe des Fußballtrainers ein großes Glückwunsch-Banner befestigt hatte. "Das ging mir sehr nahe", gesteht David Peters.
Video der Hochzeitsfahrt wird zum Hit
Ein Kamerateam des NDR begleitete die knapp fünfstündige Hochzeitsfahrt, seit dem Fernsehbeitrag sind Miriam und "Dave" kleine Wedding-Stars. Alleine auf Facebook wurde das Video innerhalb einer Woche schon weit mehr als drei Million Mal geklickt.
"Das war unbeschreiblich", sagt Miriam Peters über ihren ganz speziellen Hochzeitstag. Auch ihr Mann fühlt sich von den Emotionen noch immer getragen. "Wir haben die ganzen Gefühle gespürt trotz des Abstands", sagt David, der für seine Frau seinen Geburtsnamen abgelegt hat.
Traum von Österreich und Helene Fischer platzt
Ein bisschen Wehmut bleibt dennoch. Schließlich platzte nicht nur die große Feier, sondern auch die Flittertour nach Österreich. Statt Skifahren und Helene-Fischer-Konzert ist für den Außendienstler und die Schifffahrtskauffrau nun schon wieder Alltag im Corona bedingten Homeoffice angesagt.
Grämen kommt für die Eheleute Peters aber nicht infrage, vielmehr steigt schon jetzt die Vorfreude auf die Hochzeit, zweiter Teil. Der soll möglichst noch in diesem Jahr auf einem Schiff auf der Elbe stattfinden. So wie ursprünglich gedacht, nur ein bisschen größer.
Die Hochzeitsfeier wird jetzt noch größer
Denn dann sollen auch diejenigen mitfeiern, die sich für die beispiellose Hochzeitsfahrt ins Zeug gelegt hatten, ohne zuvor eingeladen gewesen zu sein. Wie die freie Rednerin, die das Paar von einem Balkon aus mit seinem U2-Lieblingssong beglückte und von einer Freundin jetzt für ein Trau-Zeremoniell spendiert wurde.
Trau-Rednerin Anke Scheer singt "With our wihtout You":
"Das wird gefühlt ein ganzes Hochzeitsjahr", sagt David Peters. Und, was in diesen Tagen eher selten ausgesprochen wird: "2020 scheint unser Jahr zu sein."