Hamburg. Sportabiturienten sollten zuerst Prüfungen in einem Ersatzfach ablegen. Elternkammer und ein Anwalt sprachen sich dagegen aus.

Alle Abiturprüfungen im Fach Sport sollen trotz der Coronakrise stattfinden. Das teilte am Donnerstagnachmittag die Hamburger Schulbehörde mit. „Wir möchten, dass keine Schülerin und kein Schüler durch die besondere Situation Nachteile hat. Deshalb haben wir den vielen Anregungen der Schülerinnen und Schüler und der Schulen entsprochen und die Regelungen für das Sportabitur nochmal überarbeitet. Die Entscheidung ist klar: Alle Abiturprüfungen im Fach Sport finden statt. Keine Schülerin und kein Schüler muss aufgrund der Coronakrise ein anderes Abiturfach wählen", so Schulsenator Ties Rabe.

Das bedeutet: Sowohl die mündlichen als auch die schriftlichen und die praktischen Teile der Sportprüfungen finden statt. "Für den besonderen Fall, dass in einigen wenigen Sportarten wie zum Beispiel Judo oder Handball einzelne Teilprüfungsaufgaben im sportpraktischen Teil aufgrund der Infektionsgefahr nicht durchgeführt werden können, sorgen wir für Ersatz innerhalb der Sportart", sagte der Senator.

Vor dieser Entscheidung hatte sich gegen die geplanten Sonder­regelungen beim diesjährigen Abitur wegen der Coronakrise zunehmend Widerstand geregt. Für besonderen Unmut hatte das Sportabitur gesorgt. Weil nach Angaben der Hamburger Schulbehörde derzeit nicht absehbar sei, ob die praktischen Anteile der Abiturprüfung im Sport durchgeführt werden konnten, sollten die Abiturienten eine Prüfung in ihrem Ersatzfach, in der Regel Biologie, ablegen.

Betroffene Schüler hatten eine Petition gestartet

Die zunächst vorgeschlagene Lösung zur praktischen Prüfung des Sportabiturs hatte die Hamburger Elternkammer abgelehnt. Die Regelung zur Wahl des Ersatzfaches im Fach Sport sei sicherlich nicht für eine Pandemie, sondern beispielsweise für den Fall einer Verletzung des Prüflings gedacht. Es widerspreche der von Senator Ties Rabe (SPD) getätigten Äußerung „Keine Schülerin und kein Schüler sollen Nachteile aus der jetzigen Situation haben“. Die Prüflinge hätten sich nicht nur in einem anderen als ursprünglich geplantem Fach prüfen lassen, sondern auch erhöht zu gewichtende Semesterergebnisse in das Abitur einbringen müssen.

Betroffene Schüler hatten eine Petiton gestartet, in der sie ihrem Ärger Luft machten. "Wir sind sehr enttäuscht über den Umgang des Senates mit seinen Abiturienten. Versprochen wurde, dass aufgrund der Coronakrise es keine Benachteiligungen im Abitur gibt. Stattdessen werden wir knappe vier Wochen vor der Prüfung dazu gezwungen das Prüfungsfach zu wechseln", hieß es dort. Sie schlugen folgende Lösungen vor:

  • In Ballsportarten die Prüfungen so ändern, dass der Körperkontakt z.B durch einen Verzicht auf den spielpraktischen Teil entfällt.
  • Einzel- oder Live-Videoprüfungen durchführen, das bietet sich gerade bei einer Fitnessprüfung an.
  • Die Prüfungen soweit es geht nach draußen verlegen und die Anzahl der gleichzeitig zu prüfenden Schüler auf ein Minimum reduzieren.

Anwalt hielt Ersatzregelung zu Sportabitur für rechtswidrig

Auch von juristischer Seite gab es Widerspruch. Der Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Christian Reckling, hatte bereits mehrere Mandanten, die gegen diese Regelung klagen wollten. Der Anwalt hielt die Lösung für rechtswidrig: "Die Ersatzregelung ist mehr als befremdlich, erstens, weil die Schüler viel zu wenig Zeit haben, um sich auf die schriftliche Ersatzprüfung vorzubereiten. Zweitens dürfte dafür wohl keine gesetzliche Grundlage vorhanden sein und drittens wäre eine solche Regelung nur denkbar, wenn Schule und Prüflinge damit einverstanden wären." Bislang seien aber noch keine gerichtlichen Schritte eingeleitet worden.

Eltern befürchten Ansteckungsgefahr in Prüfungssituationen

Die Elternkammer Hamburg hat zudem Zweifel an der Durchführbarkeit der Abiturprüfungen und fordert, dass sämtliche Prüfungen auf den spätestmöglichen Termin gelegt werden. Die von der Schulbehörde festgelegten Prüfungsbedingungen sieht die Elternkammer kritisch, weil sie weder eine faire Vorbereitung und Durchführung noch einen ausreichenden Gesundheitsschutz für Prüfungsbeteiligte gewährleiste. Sichere Hygienebedingungen seien nicht nur in den Prüfungsräumen, sondern auch auf Toiletten und Zuwegungen zu gewährleisten. Auch der Weg zum Prüfungsort müsse in Anbetracht der Verkehrsmittel Berücksichtigung finden. Diese Möglichkeit sieht die Elternkammer zum jetzigen Zeitpunkt nicht.

Coronavirus: So können Sie sich vor Ansteckung schützen

  • Niesen oder husten Sie am besten in ein Einwegtaschentuch, das Sie danach wegwerfen. Ist keins griffbereit, halten Sie die Armbeuge vor Mund und Nase. Danach: Hände waschen
  • Regelmäßig und gründlich die Hände mit Seife waschen
  • Das Gesicht nicht mit den Händen berühren, weil die Erreger des Coronavirus über die Schleimhäute von Mund, Nase oder Augen in den Körper eindringen und eine Infektion auslösen können
  • Ein bis zwei Meter Abstand zu Menschen halten
  • Schutzmasken und Desinfektionsmittel sind überflüssig – sie können sogar umgekehrt zu Nachlässigkeit in wichtigeren Bereichen führen

Prüfungsstörungen durch Niesen oder Husten können zudem auch nicht ausgeschlossen werden. Diese Situation wäre für alle Beteiligten unzumutbar und könnte sich demnach nachteilig auf das Prüfungsergebnis auswirken. Gut 60 Prozent der Eltern von Prüflingen erklärten in einer aktuell von der Elternkammer durchgeführten Umfrage, dass sie sich wegen der Ansteckungsgefahr in Prüfungssituationen Sorgen machen. Die Elternkammer plädiert daher für den spätestmöglichen Termin, um ein Maximum an Planungssicherheit für die Prüfungsbeteiligten zu erwirken.

Auch dem Verzicht auf die Zweitkorrektur könne man unmöglich zustimmen, sagt die Elternkammer. Dieses Qualitätssicherungsinstrument für die Bewertung von Prüfungsleistungen aufzugeben bedeute, den Abschluss zu entwerten und widerspreche dem Gebot der Fairness.