Hamburg. Die Kirchen nutzen Streaming, Videoplattformen und das gute alte Telefon, um weiter für die Menschen da zu sein.

In normalen Zeiten hätte Kristina Kühnbaum-Schmidt dieses Video nicht gedreht. Es zeigt die Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland mitten im Wald, die Vögel zwitschern bei Sonnenhöchststand Frühlingsweisen. „Ein Pausengruß zur Mittagszeit“, spricht sie in die Kamera und zitiert einen Liedvers aus dem Evangelischen Gesangbuch, um den Zuschauern Gottes Schutz zu wünschen.

Die Landesbischöfin hat das Video bei Facebook geteilt und darauf binnen kurzer Zeit rund 115 Kommentare bekommen. Mit einer bislang einzigartigen Intensität nutzen jetzt die evangelische und die katholische Kirche die digitalen Medien. Damit wollen sie, da Gottesdienste wegen der Ansteckungsgefahr verboten sind, mit ihren Gläubigen und all den Sinnsuchern in unsicheren Zeiten in Kontakt bleiben.

Fast täglich entstehen neue Projekte

Ob E-Mails, Internetgottesdienste, Telefonseelsorge, Predigtbriefe und TV-Übertragungen – die klassischen und modernen Medien sind die eigentliche Botschaft für die Pandemie-Gesellschaft: Auch wer allein und isoliert ist, muss deswegen nicht einsam sein. „Wir sind gespannt, was es noch alles an Ideen gibt“, sagt Karl-Heinrich Melzer, Propst im Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein.

Fast täglich entstehen neue Projekte: In Norderstedt kooperieren die ökumenischen Gemeinden mit dem lokalen Fernsehsender, der jetzt jeden Sonntag aus einer anderen Kirche einen Gottesdienst überträgt. An diesen Sonntag gehen der Hamburger Michel und der Fernsehsender Hamburg 1 eine Kooperation ein: Um 10 Uhr wird auf dem Sender der Sonntagsgottesdienst aus Norddeutschlands schönster Barockkirche übertragen – live, aber ohne Kirchengemeinde (Wiederholung am Sonntag um 20.15 Uhr und 22.15 Uhr). Vor dem Altar und auf der Kanzel steht Hauptpastor Alexander Röder. Manuel Gera spielt in sicherer Entfernung Orgel, und die So­pranistin Hanna Zumsande wird singen.

Heilige Messe auf YouTube

Derweil nutzt der Hamburger Erzbischof Stefan Heße seit vergangenem Donnerstag in Eigenregie den Facebook- und YouTube-Kanal des Erzbistums, um täglich die Heilige Messe aus seiner Hauskapelle zu übertragen (11 Uhr). „Mir ist es wichtig, gerade in dieser Zeit die Verbindung zu den Menschen zu erhalten“, sagt der Erzbischof. Die Premiere hatte bislang immerhin mehr als 1800 Aufrufe.

Messe per YouTube: Hamburgs Erzbischof Stefan Heße.
Messe per YouTube: Hamburgs Erzbischof Stefan Heße. © Marcelo Hernandez

Damit die Gläubigen nicht einsam sind, verschicken Gemeinden Informationen, Predigtbriefe und kleine Andachten zur biblischen Tageslosung per E-Mail oder Newsletter oder planen das. Pastorin Vanessa von der Lieth von der Kirchengemeinde Altona-Ost sagt: „Mein Berufsalltag verändert sich wie für alle anderen auch, die jetzt im Homeoffice sind.“

Seelsorge per Videogespräch

Neben der Kinderbetreuung habe sie „gleichzeitig unglaublich viele Kontakte über Telefon, WhatsApp und Mail.“ Gegenwärtig tastet sich die Pastorin an die ersten Videogespräche in der Seelsorge heran. Außerdem produziert sie täglich auf YouTube eine Kinderandacht. Andere Pastorinnen produzieren Podcasts und veröffentlichen sie bei Spotify.

Coronavirus: So können Sie sich vor Ansteckung schützen

  • Niesen oder husten Sie am besten in ein Einwegtaschentuch, das Sie danach wegwerfen. Ist keins griffbereit, halten Sie die Armbeuge vor Mund und Nase. Danach: Händewaschen
  • Regelmäßig und gründlich die Hände mit Seife waschen
  • Das Gesicht nicht mit den Händen berühren, weil die Erreger des Coronavirus über die Schleimhäute von Mund, Nase oder Augen in den Körper eindringen und eine Infektion auslösen können
  • Ein bis zwei Meter Abstand zu Menschen halten, die Infektionssymptome zeigen
  • Schutzmasken und Desinfektionsmittel sind überflüssig – sie können sogar umgekehrt zu Nachlässigkeit in wichtigeren Bereichen führen

„Wir führen in diesen Tagen sogar noch mehr Gespräche, allerdings über die digitalen Medien und via Telefon“, sagt Pastor Heiko Landwehr von der Osterkirchengemeinde Bramfeld. „Wie gut, dass wir in einer digitalisierten Welt leben“, fügt Pastorin Andrea Weigt von der evangelischen Kirchengemeinde Alt-Rahlstedt hinzu.

Trauerzeremonien sollen nachgeholt werden

Allerdings sei es eine neue Schwierigkeit, dass Trauerfeiern auf kirchlichen Friedhöfen nur mehr unter freiem Himmel und im kleinen Kreis stattfinden dürfen. Deshalb gebe es an der Gräbern lediglich eine verkürzte Zeremonie. „Um die Härte der Situation abzufedern, wird es vermutlich zu einem späteren Zeitpunkt eine Gedenkfeier mit den Angehörigen geben“, meint Andrea Weigt.

Wie schwer die soziale Distanzierung ist, beschreibt Pastor Ulrich Thomas von St. Martinus Eppendorf so: „Mich treibt um, dass ich eine Seelsorgeklientin nicht mehr besuchen kann, die im Bett liegt und wegen ihrer deformierten Hände nicht mehr telefonieren kann.“

Eine Krise, aber nicht das Ende der Welt

Wie es im Erzbistum Hamburg heißt, sind die Sakramente der Krankensalbung und Versöhnung (Beichte) unter der Bedingung des Infektionsschutzes möglich. Im St. Marien-Dom trennt als zusätzlicher Schutz eine Folie den Priester von der beichtenden Person. Derweil verzeichnet die Telefonseelsorge um 40 Prozent mehr Anrufe. Das Thema Corona spielt dabei eine große Rolle.

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Der Altonaer Pastor Torsten Morche (Hauptkirche St. Trinitatis) macht derweil Mut: „Das Coronavirus löst eine Krise aus, aber nicht das Ende der Welt. Ich vertraue darauf, dass das Leben auch in dieser Zeit unter Gottes Verheißung steht.“ Die Menschen seien zur Solidarität untereinander aufgerufen.