Hamburg. Bezirksversammlung beschließt: Nach dem Arzt benannte Straße in Nienstedten und Park in Bahrenfeld werden umbenannt.
Für viele Nienstedtener dürfte diese Nachricht überraschend kommen: Die Georg-Bonne-Straße, die seit 1949 den Namen des einstigen Sanitätsrats (1859 bis 1945) trägt, wird umbenannt. Das hat die Bezirksversammlung Altona einstimmig beschlossen.
In einem dringlichen Antrag hatten SPD und Grüne diesen Schritt gefordert, die anderen Fraktionen schlossen sich schließlich an. Auch die AfD stimmte dafür. Und: Wie der Vorsitzende des bezirklichen Kulturausschusses, Fabian Piotrowski (Grüne), mitteilt, wird auch der Bonnepark in Bahrenfeld umbenannt.
Der Park, den zurzeit noch die A 7 durchschneidet und in zwei Hälften teilt, wird nach der „Überdeckelung“ der Autobahn wieder eine exponierte Stellung als Naherholungsgebiet erhalten.
Vorschläge für einen neuen Namen werden gesammelt
„Wir dürfen diesen Antisemiten nicht mehr mit einer Erwähnung im Straßenbild ehren“, so Piotrowski, „da sind sich in der Bezirksversammlung alle einig.“ Der Beschluss der Bezirkspolitiker ist die erste Weichenstellung für die Umbenennung. In einem nächsten Schritt sollen im Stadtteil jetzt Vorschläge gesammelt werden, welchen Namen die Straße eines Tages tragen könnte.
Den Politikern ist es wichtig, auch die Meinung der betroffenen Anwohner der Straße zu hören. Dazu wird der Kulturausschuss mit der Arbeitsgruppe „Verkehrsflächenbenennung“ auch eine öffentliche Anhörung vorbereiten. Danach wird dem Hauptausschuss der gefundene Vorschlag unterbreitet, der dann – nach Zustimmung durch die Bezirksversammlung – an die Kulturbehörde weitergeleitet wird. Dort muss der Vorschlag geprüft werden, bevor das endgültige „Go“ erteilt werden kann.
Georg-Bonne-Straße bereits häufiger diskutiert
Der Name Georg-Bonne-Straße ist nicht zum ersten Mal Thema einer öffentlichen Debatte. Schon 1995 war im Zusammenhang mit dem Bau des Internationalen Seegerichtshofs am südöstlichen Ende der Straße eine Umbenennung erwogen worden. Bonnes pro-nazistischen und antisemitischen Äußerungen waren schon damals ruchbar geworden – und für viele passten Straßenname und Seegerichtshofssitz entsprechend nicht zusammen.
Doch es gab auch Sympathien für Bonne. Der Mediziner hatte mehr als 50 Jahre in den Elbgemeinden gewirkt, sich unter anderem energisch für die Reinhaltung der Elbe und die Schaffung von Wohnraum im Grünen für Arbeiter eingesetzt. Er galt als impulsiver Querkopf, der sich auch mit den Nazis angelegt hatte, und auch die ihm zur Last gelegten Äußerungen und Aufzeichnungen schienen manchem nur Entgleisungen eines ansonsten honorigen Mannes zu sein.
Neue Forschungsergebnisse zu Georg Bonne
Die damalige Debatte endete 1997 schließlich mit einem Kompromiss: Der Senat beschloss, dass ein Teil der Straße ihren Namen beibehalten sollte. Ein zweites Stück wurde in Am Internationalen Seegerichtshof umbenannt, ein drittes in Christian-F.-Hansen-Straße.
„Dieser damals gefasste Kompromiss kann nicht länger aufrechterhalten werden“, hieß es nun in dem Umbenennungsantrag. Grundlage für diese Erkenntnis sind neuere Forschungsergebnisse zu Bonne, vor allem aus der im Auftrag des Staatsarchivs erstellten Untersuchung zur NS-Belastung von Straßennamen.
"Vollständig eins' mit Hitler"
In dem Bericht, der dem Abendblatt vorliegt, heißt es unter anderem: „(...) bei Bonne war der Antisemitismus ein zentraler Pfeiler seines Weltbildes, in seinen Veröffentlichungen lassen sich nahezu alle antisemitischen Stereotypen ausmachen.“ Und: „Ein ausgeprägter Führerkult findet sich (...) bei Georg Bonne, dessen Bewunderung für Hitler Züge einer Überidentifikation annahm, bei der Bonne davon überzeugt war, innerlich ,vollständig eins‘ mit Hitler zu sein.“
Vieles davon war 1997 noch nicht bekannt, aber angesichts der neuen Erkenntnisse sind Bonne-Würdigungen nicht mehr vermittelbar. Die CDU-Kulturpolitikerin Kaja Steffens fasst es so zusammen: „Es wurden sukzessive immer mehr Schichten abgetragen, sodass man jetzt deutlich sehen kann, was damals geschehen ist.“
Bonnes Schauspiel "voll von antisemitischer Hetze"
Der exzentrische Bonne, der sich offenbar als Genie sah und überall mitmischte, hatte parallel zum Beginn des Holocausts das Schauspiel „Der ewige Jude“ veröffentlicht, das – wie es in dem Umbenennungsantrag heißt – „voll von antisemitischer Hetze und judenfeindlichen Stereotypen war und mit dem er explizit die NS-Judenpolitik unterstützen wollte“.
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Ausführlich hat sich auch der Vorsitzende des Förderkreises Historisches Blankenese, Dr. Jan Kurz, mit Bonne beschäftigt und dessen zum Teil unglaublich kruden Schriften analysiert. Auch wenn man seine weniger politischen Ausführungen liest, stellt sich vielfach die Frage, ob Bonne überhaupt noch Herr seiner Sinne war.
Im Zusammenhang mit der Elbverschmutzung schrieb er immer wieder von „jüdischen Ferkeleien“, auch sei ein „jüdisches Triumvirat“ schuld daran, dass Hamburgs Entscheidungsträger wie Ärzte und Politiker „Gehirnsyphilitiker, Alkohol- und Nikcotinicer“ seien. „Ich will meine Heimat rein haben, und deswegen kämpfe ich gegen diese ganzen Schweinereien an, solange ich lebe“, ließ Bonne wissen. Jan Kurz ist sicher: „Bonne hatte eindeutig auch paranoide Züge.“