Hamburg. Elbchaussee, Marktplatz in Blankenese, Veloroute 1 am Sülldorfer Kirchenweg – überall in Altona soll es Bauarbeiten geben.

Sie ist erst seit Kurzem im Amt, doch Altonas erste grüne Bezirksamtsleiterin, Stefanie von Berg, nahm sich bereits zwei Stunden Zeit, um mit dem Hamburger Abendblatt über wichtige Projekte im Jahr 2020 zu sprechen. Ihre Notizen tippt von Berg in ihren Tablet-PC, Präsentationen kann sie direkt auf den großen Bildschirm an der Wand einspielen. Die Zeichen der Zeit in ihrem Amtszimmer im Rathaus stehen auf Aufbruch. Die neue Bezirksamtschefin kann jede technische Unterstützung auch gut gebrauchen, schließlich finden die großen Hamburger Stadtentwicklungsprojekte vor allem in ihrem Bezirk Altona statt.

„Es wird ein herausforderndes Jahr, aber die Anstrengungen lohnen sich“, sagt Stefanie von Berg. Einige Beispiele für Projekte, die den Hamburger Westen im kommenden und in den Folgejahren beschäftigen werden:


Stadtplanung

Holsten hat sein angestammtes Areal in Altona-Nord, das Holsten-Quartier (1) , geräumt, braut sein Bier nun im Stadtteil Hausbruch. Auf dem Grundstück sollen in den nächsten Jahren 1400 Wohnungen entstehen, und auch der Startschuss für die Planung des neuen Quartiers-Zentrums wurde schon gegeben. In den historischen Gebäuden des Malz-Silos und des Sudhauses soll das öffentlich getragene Zentrum entstehen, das mehrere Einrichtungen unter einem Dach zusammenführt. Geplant ist unter anderem eine multifunktionale Begegnungsstätte mit Kultur- und Bildungseinrichtungen.

Immer noch in der Schwebe ist die Realisierung dieses Entwurfs für den neuen Bahnhof Diebsteich – es gab diverse Klagen.
Immer noch in der Schwebe ist die Realisierung dieses Entwurfs für den neuen Bahnhof Diebsteich – es gab diverse Klagen. © C.F. Møller

Spannend bleibt es nebenan in der Mitte Altona (2). Durch den juristischen Stopp des geplanten neuen Fernbahnhofs Diebsteich (3) verzögert sich der zweite Bauabschnitt. „Ich bin optimistisch, dass wir zeitnah mit dem Verkehrsclub Deutschland eine Lösung finden werden“, sagt Stefanie von Berg. Ursprünglich gab es sogar vier Kläger gegen das Projekt. Doch eine Grundstücksgesellschaft sowie die Nordbahn haben ihre Klagen zurückgezogen, die Klage von Michael Jung, Sprecher der Initiative „Prellbock Altona“, erklärte das Oberverwaltungsgericht für ungültig. Den Abschied vom Kopfbahnhof sieht von Berg positiv: „Die neue Trassenführung ist für den Bahnverkehr sehr wichtig.“ Im zweiten Bauabschnitt der Mitte Altona sollen 1900 Wohnungen entstehen.

Im Zeitplan ist das Quartier Kolbenhöfe (4). Zwischen der Friedensallee im Süden, dem Euler-Hermes-Areal im Westen, der S-Bahn-Linie im Norden und dem Hohenzollernring im Osten entstehen bis 2022/2023 rund 420 Wohnungen. Die Kolbenhöfe verbinden Wohnen und Arbeiten.

Nach einigen Krisenphasen ist die Finanzierung des Marktplatz-Umbaus im Zentrum von Blankenese (5) mittlerweile gesichert. Im kommenden Jahr sollen der Platz und der südliche Abschnitt der Bahnhofstraße in Angriff genommen werden. Spannend wird, ob der Bürgerverein dann genug Geld gesammelt hat, um den Platz mit Granit pflastern zu lassen. Die offiziell bewilligte Summe reicht „nur“ für Klinker. Ob das geplante neue Markthaus wie vorgesehen gebaut werden kann, muss sich zeigen.


Verkehr

Die Überdeckelung der A 7 (6) zwischen Groß Flottbek/Othmarschen und dem Elbtunnel gilt als eines der spektakulärsten Bauprojekte Hamburgs. Im ersten Quartal 2020 wird es nun vorbereitende Maßnahmen im Bereich der Autobahnquerungen Behringstraße, Osdorfer Weg und Bahrenfelder Chaussee geben. Diese sind zur besseren verkehrlichen Abwicklung während der entscheidenden Bauphase nötig. Der Baubeginn für den eigentlichen (dritten), rund 2,2 Kilometer langen Tunnel ist für 2023 geplant, die Inbetriebnahme der ersten Röhre wird für 2025 angepeilt. Zu weiteren Informationen ist Ende Januar eine öffentliche Veranstaltung in Altona geplant.

Der Umbau der Elbchaussee (7) erweist sich als viel komplexer als zunächst angenommen. Ob der Baubeginn für den ersten (westlichen) Abschnitt – von der Manteuffelstraße bis Teufelsbrück – tatsächlich schon, wie angekündigt, 2020 erfolgen wird, ist offen, Insider rechnen damit frühestens in der zweiten Jahreshälfte. Wie die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation mitteilt, sind die Ergebnisse von zwei öffentlichen Dialogveranstaltungen an die Träger öffentlicher Belange (z. B. die Polizei) verschickt worden. Die nun überarbeiteten Planungsunterlagen sollen im Januar verschickt werden, der Verkehrsausschuss Altona werde „zeitnah“ informiert. Der Abschnitt Parkstraße bis Hohenzollernring erfolgt später. Eine genaue Zeitschiene kann die Behörde aktuell nicht liefern.

Ein weiteres kompliziertes Projekt wird der Bau einer Fernwärmetrasse, die von Süden – unter der Elbe hindurch – zunächst durch den Hindenburgpark in die Parkstraße (8) verlegt werden soll, um dann unter anderem durch Parkstraße und Groß Flottbeker Straße bis nach Osdorf zu verlaufen. Das Planfeststellungsverfahren dafür ist bereits gestartet. Ein genauer Zeitplan wurde noch nicht kommuniziert, aber als frühestmöglicher Baubeginn gilt Mitte 2021. Fakt ist, dass das Projekt nach Planung der federführenden Umweltbehörde bis Ende 2024 abgeschlossen sein muss, weil sonst benötigte Fördermittel nicht mehr rechtzeitig abgerufen werden können. Aber: In den betroffenen Stadtteilen Othmarschen und Groß Flottbek gibt es erhebliche Bedenken gegen die Trasse, ein Klagefonds ist vorbereitet.

Der erste Abschnitt des Ausbaus der Veloroute 1 von Westen nach Osten macht den Sülldorfer Kirchenweg (bis Babendiekstraße) (9) im Jahr 2020 zur Baustelle. Der Baubeginn ist für die Monate März/April terminiert, vorbereitende Leitungsbauarbeiten laufen vor Ort bereits. Die Arbeiten sollen Ende 2020 abgeschlossen werden, verzahnt auch mit der lange erwarteten Instandsetzung der Straße (10). Die Bauarbeiten für den zweiten Abschnitt – Manteuffelstraße bis Godeffroystraße – werden für den Herbst 2020 angepeilt, gegebenenfalls wird es hier aber schon vorher Leitungsbauarbeiten geben.

Die Maßnahmen für den Kreuzungsbereich Manteuffelstraße/Elbchaussee sind von der Planung zunächst ausgeklammert, weil sie mit dem Umbau der Elbchaussee ( Punkt 7 ) koordiniert werden müssen. Der dritte Abschnitt, der unter anderem die Straßen Agathe-Lasch-Weg, Emkendorf- und Jungmannstraße umfasst, soll im Frühjahr 2021 beginnen, gegebenenfalls wird es aber auch hier schon vorher Leitungsbauarbeiten geben.

Die lange versprochene Sanierung und damit verbundene barrierefreie Umgestaltung des S-Bahnhofs Rissen (11) rückt näher. Ein Lichtblick: Die von der Bahn ursprünglich erst für 2023 avisierte Sanierung des Fahrstuhls wird vorgezogen. Ob es damit schon 2020 etwas wird, ist aktuell noch offen, laut Stefanie von Berg laufen jedoch die Info-Gespräche mit der Deutschen Bahn, in deren Zuständigkeit das Projekt liegt.

Hoch umstritten ist das Projekt „Ottensen macht Platz“, das offiziell bis Ende Februar läuft. Grüne und CDU wollen, dass die Straßen dauerhaft autofrei bleiben.
Hoch umstritten ist das Projekt „Ottensen macht Platz“, das offiziell bis Ende Februar läuft. Grüne und CDU wollen, dass die Straßen dauerhaft autofrei bleiben. © Roland Magunia

Mit großer Spannung erwartet man nicht nur in Ottensen die Entscheidung, ob der seit Anfang September laufende Verkehrsversuch mit der autofreien Zone beim Spritzenplatz (12) verstetigt wird. Grüne und CDU wollen, dass die Bezirksversammlung am 20. Februar darüber abstimmen soll, also noch vor dem Ende des Projekts am 29. Februar. SPD und FDP fordern mehr Zeit für die Entscheidungsfindung. Die Studie der TU Hamburg zum Projekt wird Anfang/Mitte Februar vorliegen. Im Quartier gibt es Streit um das Projekt. Manche Gewerbetreibende beklagen erhebliche Umsatzeinbußen, andere finden den Versuch gut. Auch bei den Anwohnern ist die Stimmung gespalten. Mittlerweile haben zwei Gegner des Projekts dagegen Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht.

Rodungsarbeiten zeigen es an: Endlich begonnen haben die Bauarbeiten für die neue S-Bahn-Station Ottensen an der Thomasstraße (13) zwischen den beiden S-Bahn-Überführungen Bahrenfelder Steindamm und Daimlerstraße. Bereits im Jahr 2003 hatten die Stadt und die Bahn einen ersten Planungsvertrag abgeschlossen. Wenn alles planmäßig läuft, könnte die Station Ende 2020 eröffnen.

Der Otto-Schokoll-Höhenweg am Rissener Elbufer ist seit mittlerweile fast vier Jahren gesperrt. Eine naturgerechte Sanierung wäre sehr teuer – und vorerst wird weiter geplant.
Der Otto-Schokoll-Höhenweg am Rissener Elbufer ist seit mittlerweile fast vier Jahren gesperrt. Eine naturgerechte Sanierung wäre sehr teuer – und vorerst wird weiter geplant. © Klaus Bodig

Umwelt/Grünanlagen
Ein scheinbar unproblematisches Projekt erweist sich als Dauerbaustelle: Der mittlerweile seit bald vier Jahren teilweise gesperrte Otto-Schokoll-Höhenweg (14) in Rissen kann auch im kommenden Jahr noch nicht instand gesetzt werden. Prüfungen hatten ergeben, dass für die Neugestaltung nur eine relativ aufwendige Steglösung infrage kommt, für die bislang aber noch keine Mittel bewilligt wurden. Unter anderem würde der Lebensraum vieler geschützter Tierarten durch einen Steg weit weniger beeinträchtigt als durch einen Neubau des jetzigen Weges. Auch eine „Nulllösung“, also der ersatzlose Abbruch des jetzigen Weges, ist noch nicht ausgeschlossen. Bei einer Infoveranstaltung wurde kürzlich bekannt gegeben, dass 2020 als weiteres „Planungsjahr“ für das Projekt genutzt werden soll.


Soziales

Auf einem Grundstück an der Baurstraße (15) neben der Einmündung der Jürgen-Töpfer-Straße entsteht aktuell ein Neubau mit rund 160 Wohnungen, von denen mindestens 36 an fördern & wohnen vermietet werden sollen, um dort Geflüchtete unterzubringen. Der Block wird voraussichtlich noch 2020 fertiggestellt. Danach könnte es für die vielen radelnden Kinder und Jugendlichen auf dem Weg zum Sportpark Bahrenfeld in der unübersichtlichen Straße (etwas) weniger gefährlich werden.

Im Januar soll die Altonaer Deklaration vorgestellt werden. Über Monate diskutierten unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen über Werte wie Solidarität und Stärkung der Demokratie. „Wir alle sind jetzt in der Verantwortung, uns gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, gegen die Spaltung der Gesellschaft und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt einzusetzen“, heißt es in dem Aufruf.

Feste
Vom 5. bis 21. Juni 2020 findet wieder die Altonale statt, Norddeutschlands größtes Kultur- und Stadtteilfest. Das Stamp Festival der Straßenkünste ist am letzten Altonale-Wochenende (19. bis 21. Juni 2020) vorgesehen.