Hamburg. Die Stadt reichte erfolglos Beschwerde beim Gericht ein, um Vollverschleierung an Schulen zu unterbinden. Was nun folgt.

Weil die Schule einer Berufsschülerin das Tragen des Niqab im Unterricht verboten hatte, hatte die Mutter im Eilverfahren beim Verwaltungsgericht eine Aufhebung des Verbots erwirkt. Dagegen legte die Stadt Hamburg Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht ein. Sie forderte die Aufrechterhaltung des Verbots, doch das Gericht lehnte ab. Schulsenator Ties Rabe (SPD) möchte das Schulgesetz nun schnell ändern, um Vollverschleierung an Schulen zu unterbinden.

Oberverwaltungsgericht beschließt: Niqab erlaubt

"Die Schülerin kann für sich die vorbehaltlos geschützte Glaubensfreiheit in Anspruch nehmen", heißt es in der Gerichtsmeldung. Nach gegenwärtiger Rechtslage könne von der 16-jährigen Schülerin nicht verlangt werden, während des Schulbesuchs auf eine Gesichtsverhüllung zu verzichten.

Sollten Schulsenator und Stadt ihr Vorhaben weiterverfolgen und Vollverschleierung verbieten, muss zuerst das Schulgesetz geändert werden. Eingriffe in das Grundrecht der Glaubensfreiheit "bedürfen einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage. Eine solche sieht das hamburgische Schulgesetz gegenwärtig nicht vor."

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Eine Berufsschule verbot einer 16-Jährigen, ihren Niqab im Unterricht zu tragen. Die religiöse Kleidung verdecke ihre Mimik, die zur Teilnahme am Unterricht nötig sei. „In der Schule gehört es sich, dass die Lehrerinnen und Lehrer, die Schülerinnen und Schüler ein offenes freies Gesicht haben, nur so kann Schule und Unterricht funktionieren“, sagt Rabe. „Und deswegen werden wir jetzt zügig das Schulgesetz ändern, damit das auch in Zukunft gewährleistet ist.“

Rückenwind erhält er von Katharina Fegebank, Bürgermeisterkandidatin der Hamburger Grünen: "Für einen erfolgreichen Schulunterricht braucht es eine gute Kommunikation auf Augenhöhe zwischen Schüler*innen und Lehrer*innen. Dafür ist es wichtig, das Gesicht des anderen zu sehen. Bei einer Vollverschleierung ist das nicht möglich, deshalb lehnen wir sie ab." Da es keine Gesetzesgrundlage gebe, sagt sie: "Das müssen wir jetzt ändern." Für die Grünen-Politikerin sind Burka und Niqab Unterdrückungssymbole.

CDU: "Dringender Handlungsbedarf schon seit Jahren bekannt"

Sabine Boeddinghaus, Sprecherin der Hamburger Linken, widerspricht Fegebanks Position bedingt: "Es ist fraglich, ob eine Änderung des Hamburgischen Schulgesetzes überhaupt rechtens sein kann.“ Die Linken-Politikerin sei keine Anhängerin der Vollverschleierung, achte aber die Selbstbestimmung der Frau. "Selbst bei Zweifeln an der Freiwilligkeit des Tragens muss das Argument ausschlaggebend sein, dass ein Verbot absolut kontraproduktiv ist, da man jeglichen Gesprächsfaden abreißen lässt." Sie appelliert dazu, beim weiteren Vorgehen "kühlen Kopf" zu bewahren.

Bundestagspolitiker Marcus Weinberg (CDU) kritisiert Rot-Grün, Linke und FDP. Rot-Grün habe ein gesetzliches Niqab-Verbot verhindert, Linke und FDP die CDU-Forderung nach einem Vollverschleierungsverbot in öffentlichen Bereichen abgelehnt. "Die Empörung und die Ankündigungen sind sehr unglaubwürdig und heuchlerisch, weil der dringende Handlungsbedarf schon seit Jahren bekannt ist", sagt er. So kurz vor der Bürgerschaftswahl stehe Ties Rabe nun unter Zugzwang.