Altona. Die Sanierung der berühmten Elbchaussee sorgt für großen Ärger. Weil es an Platz fehlt, gibt es an vielen Stellen keinen Radweg.
Hamburgs schönste Straße ist in die Jahre gekommen. Die Elbchaussee muss saniert werden – und es ist weit mehr als nur eine Schönheitskur. Im September wird es losgehen. Bis 2025 wird die Straße, die in jedem Hamburg-Reiseführer Erwähnung findet, von Bauarbeitern aufgemöbelt. „Die Fahrbahn befindet sich im Endstadium ihrer wirtschaftlichen Nutzungsdauer“, heißt es im Erläuterungsbericht des Landesbetriebs für Straßenbau. 28,4 Millionen Euro soll das Bauvorhaben kosten. Wichtigste Änderung: Die neue Elbchaussee wird nur noch eine Spur pro Fahrtrichtung haben, und sie wird eine Art Radweg bekommen.
Und dieser Radweg sorgt schon jetzt für Diskussionen. Anwohner protestieren, ebenso Altonaer Bezirkspolitiker. Dirk Lau, Sprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC), hält die Pläne schlichtweg für „gefährlichen Murks“. In der Tat ist an der Elbchaussee, im ersten Bauabschnitt zwischen der Manteuffelstraße im Westen und der Parkstraße im Osten, ein Flickenteppich unterschiedlicher Radführungen geplant.
Alle paar Hundert Meter wechselt der Charakter des Radwegs. Stadteinwärts sind es auf dem rund 4,2 Kilometer langen Abschnitt acht Wechsel, stadtauswärts sechs Wechsel. Mal gibt es einen Radfahrstreifen (Markierung auf der Straße), mal nur einen Schutzstreifen (markierter Straßenbereich, der auch von den Autos benutzt werden darf), mal gar nichts. Dieser sogenannte Mischverkehr, bei dem Radler und Autos gemeinsam auf der Straße fahren müssen, dominiert stadteinwärts sogar: auf 2620 Metern Länge gibt es keinen Radweg, sondern eben „Mischverkehr“. Die Schutzstreifen sind insgesamt 1140 Meter lang. Die sicherste Variante für Radler, den Radfahrstreifen, gibt es nur auf 420 Metern.
Engstelle vorm Hotel Louis C. Jacob
Stadtauswärts sieht es dagegen etwas besser aus: 2560 Meter Schutzstreifen, 920 Meter Radfahrstreifen und 700 Meter Mischverkehr.
Die Planer erklären ihre Radführung unter anderem mit wechselnden Straßenbreiten. Die Fahrbahn ist teilweise so schmal, dass abgetrennte Radfahrstreifen nicht möglich sind – oder jedenfalls nur dann, wenn man Flächen am Rand der Elbchaussee dazukaufen würde. Das aber würde viel Geld kosten.
Im Bericht des Landesbetriebs heißt es wörtlich: „Im Bereich östlich Teufelsbrück bis Parkallee ist eine Führung auf getrennten Radwegen aufgrund des engen Straßenraums nicht möglich. Dafür wäre durchgehend Grunderwerb auf einer Straßenseite notwendig, welcher aufgrund der sehr hochwertigen Grundstücksgestaltung als aussichtslos verworfen wurde.“ Auch in anderen Bereichen ist die Elbchaussee recht schmal, etwa in Nienstedten beim Hotel Louis C. Jacob. Dort muss der Radler künftig im Mischverkehr fahren, zu seiner Sicherheit wird dort vermutlich Tempo 30 angeordnet werden. Zwischen der Baron-Voght-Straße und der Holztwiete gibt es stadtauswärts ebenfalls Mischverkehr. Hier soll es zudem ein Überholverbot geben – Autofahrer müssen sich also hinter den Radlern einordnen.
In Altona sind die Pläne des Landesbetriebs jetzt auf Kritik gestoßen. Die Mitglieder des Verkehrsausschusses wurden am Montag über die baulichen Veränderungen informiert – und waren insbesondere mit der Radwegführung nicht einverstanden. „Das ist eine Planung, die niemandem gerecht wird – den Radfahrern nicht, aber auch nicht den Autofahrern und den Fußgängern“, sagt Tim Schmuckall von der CDU. Die Schutzstreifen seien viel zu schmal, die vielen Wechsel seien irritierend. „Ohne richtigen Übergang landet man als Radfahrer auf einmal im Mischverkehr“, sagt er. Er werde darauf dringen, dass die Bezirksversammlung die Pläne ablehne.
Die Bezirksversammlung kann nur Anregungen geben
Ob das allerdings an dem Projekt etwas ändert, ist fraglich. Die Bezirksversammlung kann Bedenken äußern und Anregungen geben – stärkere Eingriffsmöglichkeiten gibt es nicht. Die Straße wird vom der Verkehrsbehörde unterstellten Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer geplant. Ohnehin wird die ablehnende Haltung der CDU von den Grünen in Altona nicht geteilt. Die Pläne seien „halbwegs akzeptabel“, sagt der verkehrspolitische Sprecher Holger Sülberg. Der Mischverkehr sei allerdings eine „bescheidene Lösung“. Die Grünen wollen zumindest erreichen, dass es bei der Radführung weniger Wechsel gibt.
Bedenken hat der ADFC, aber auch er kann den Bau nicht verhindern. Sprecher Dirk Lau findet, dass die Planungen nicht geeignet sind, den Radverkehr zu stärken. „Wir werden das, was dort gemacht werden soll, bis zur Wahl skandalisieren“, sagt er. Die Elbchaussee sei ein Aushängeschild der Stadt. „Da darf man sich schon fragen, was der Senat dort tut und wie man die Straße so gestalten kann, dass sie attraktiv ist“, sagt Lau. Die Straße müsse vom Autoverkehr entlastet werden, damit es mehr Platz für die Radfahrer gebe. „Und dazu braucht Hamburg endlich eine Verkehrsentwicklungsplanung.“
Mit anderen Worten: Die Stadt muss sagen, welche Fahrzeuge in Zukunft auf welchen Straßen unterwegs sein sollen. Lau schlägt vor, den Autoverkehr auf der Elbchaussee zu beruhigen – zumindest da, wo es Mischverkehr gibt. „Mit Tempo 30 wäre es schon besser für die Radfahrer.“
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Schmuckall schlägt vor, zumindest auf einer Seite der Elbchaussee einen durchgängigen und einheitlich gestalteten Radweg zu schaffen. „Für die Gegenrichtung müsste man dann eine Lösung über Nebenstraßen finden“, sagt er.
Widerstand regt sich nach Informationen des Abendblatts auch bei einigen Anwohnern. Ihnen missfällt, dass die Elbchaussee in einigen Abschnitten ein Überholverbot bekommen soll – signalisiert durch eine durchgezogene Mittellinie. Das würde ein Abbiegen von der Gegenfahrbahn auf ihr Elbchaussee-Grundstück unmöglich machen.
Hamburgs schönste Straße sorgt also derzeit für Verdruss. Und sie wird es in den kommenden Jahren vermutlich weiterhin tun. Zwei Jahre Bauzeit veranschlagt die Behörde für den ersten Bauabschnitt zwischen Manteuffelstraße und Parkstraße. Ist der fertig, folgt der Abschnitt zwischen Parkstraße und Max-Brauer-Allee. 2025 soll alles wieder schön sein. Ob das auch für die Radler gilt, wird sich wohl erst dann zeigen.