Hamburg . Der Senat nutzt sein Vorkaufsrecht – und muss tief in die Tasche greifen. Der zentrale Ort des Stadtteils wird völlig neu gestaltet.
Hamburg will den Bahnhof Altona und das dazugehörige Parkhaus erwerben. Der Senat nutzt sein Vorkaufsrecht, um in einen bereits ausgehandelten Vertrag einzusteigen. Mit dem Immobiliengeschäft eröffnet sich die Möglichkeit, den zentralen Ort des Stadtteils Altona völlig neu zu gestalten: das Bahnhofsgebäude und den Busbahnhof mit den umliegenden Flächen. Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) sagte: „Auf diese Weise können wir an herausragender Stelle ein weiteres Stück Stadtreparatur vornehmen.“
„Reparatur“ könnte in diesem Fall durchaus bedeuten: Das ungeliebte Bahnhofsgebäude, das eigentlich ein Einkaufszentrum ist, wird abgerissen und durch einen Neubau ersetzt.
Der jetzige Eigentümer, eine britische Investmentfirma, hatte im September angekündigt, den Bahnhof an die Volksbank Braunschweig Wolfsburg (Brawo) zu verkaufen. 91 Millionen Euro wollte die Brawo zahlen. Die britischen Verkäufer hatten den Bahnhof 2013 für nur 72,5 Millionen Euro erworben. Innerhalb von sechs Jahren ist der Preis um rund 25 Prozent gestiegen.
91 Millionen Euro für den Bahnhof Altona
Wann Hamburg in den Besitz des Bahnhofs kommt, ist noch unklar. Der Senat hat die Volksbank Brawo und die Investmentfirma zunächst darüber informiert, dass er das Vorkaufsrecht nutzen werde. Hamburg wird vermutlich zu den ausgehandelten Konditionen in den Kaufvertrag einsteigen, also 91 Millionen Euro für den Bahnhof zahlen müssen. Der Senat will „durch eine Neuentwicklung des Bahnhofsareals einen attraktiven Identifikationsort im Herzen Altonas“ schaffen, der „städtebaulich und architektonisch seiner herausragenden Rolle und verkehrlich weiterhin wichtigen Lage gerecht wird“.
Um eine bessere Vernetzung der anliegenden Quartiere zu schaffen, seien beispielsweise durchgängige Grün- und Wegeverbindungen für Fußgänger und Radfahrer sowie ein Ausbau des Busbahnhofes geplant. Laufende Machbarkeitsuntersuchungen zur Erneuerung des Bahnhofsumfeldes hätten gezeigt, dass eine Verwirklichung dieser Ziele nur unter Einbeziehung der nun erworbenen Flächen und Gebäude möglich sei.
Neue Mitte Altona in der Nähe
Dressel sagte weiter: „Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts ist sichergestellt, dass wir die künftige Entwicklung dieser Schlüsselgrundstücke selbst in der Hand haben. Damit schaffen wir die notwendige Voraussetzung, um das Areal rund um den bestehenden Bahnhof Altona im Sinne der Stadt und ihrer Bürger weiterzuentwickeln.“
Dressels „Stadtreparatur“ im Herzen von Altona dürfte zu einem anspruchsvollen städtebaulichen Eingriff werden. Im und rund um den Bahnhof ist vieles in Bewegung. Nördlich des Bahnhofs entsteht – auf altem Bahngelände – die Neue Mitte Altona, ein Quartier mit irgendwann einmal 3600 Wohnung. Das Gebäude wendet diesem neuen Viertel allerdings gewissermaßen den Rücken zu. Eingänge gibt es nur im Süden, Osten und Westen.
Zudem sollen in Altona zukünftig nur noch S-Bahnen halten, der Fernbahnhof soll zum Diebsteich verlegt werden. Das schafft im Zentrum von Altona Raum für neue Wege, vielleicht auch für Grünflächen. Allerdings könnten Klagen den Fernbahnhofbau noch verzögern oder gar zu Fall bringen.
Hamburg kauft Bahnhof Altona – Signal an die Kritiker
Dressel arbeitet derzeit daran, die Kritiker des Bahnhofsumzugs einzufangen. Der Kauf des Gebäudes ist deshalb auch ein Signal an diese Kritiker, die befürchten, der Bahnhof könnte in einen Dornröschenschlaf verfallen, würde er nur noch von S-Bahnen angefahren werden. „Wir leisten mit dem Kauf einen relevanten Beitrag, um dem Bahnhof Altona in jedem Fall auch perspektivisch eine zentrale verkehrliche und stadtentwicklungspolitische Rolle einzuräumen“, so Dressel.
Bei den Altonaer Bezirkspolitikern stößt das Vorgehen auf breite Unterstützung. Erst im Oktober hatte die Bezirksversammlung einstimmig darum gebeten, den Kauf des Gebäudes zu prüfen. Gesche Boehlich, Vorsitzende der Grünen-Fraktion, sagte: „Das ist gut, dass wir da jetzt die Hand drauf haben.“ Die Stadt sollte sich häufiger als bisher ein Vorkaufsrecht einräumen lassen. „Bei großen Flächen, die wichtig fürs Allgemeinwohl sind, ist das möglich.“ Sie freue sich „auf einen schönen neuen Bahnhof“.
Sven Hielscher, Chef der CDU-Fraktion, freute sich ebenfalls. „Jetzt können wir freihändiger planen.“ Zunächst werde sich allerdings nichts ändern. „Erst einmal muss der Fernbahnhof in trockenen Tüchern sein“, sagte er. Käufer des Gebäudes wird nicht der Senat sein, sondern der Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG). Das Vorkaufsrecht hatte sich die Stadt im Jahr 2008 einräumen lassen.