Hamburg. Heute dritter Anlauf des AfD-Gründers. Zerwürfnis zwischen Uni-Präsident Lenzen und Senatorin Fegebank? Lucke-Studenten in Angst.
AfD-Mitbegründer und Uni-Professor Bernd Lucke will seine Verfassungstreue überprüfen lassen. „Leiten Sie bitte ein Disziplinarverfahren gegen mich ein“, forderte er Hamburgs Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) in einem von der Wochenzeitung „Die Zeit“ moderierten Streitgespräch auf. Damit wolle er beweisen, dass er stets aus innerer Überzeugung und aktiv für die Verfassung eingetreten sei, sagte der 57-Jährige.
Fegebank reagierte auf diese Forderung zurückhaltend. Es müsse alles getan werden, damit Luckes Vorlesungen ordnungsgemäß stattfinden können, sagte sie. Aber: „Sie haben die Partei gegründet, die heute einen rechtsextremen Weg geht. Diese Verantwortung kann Ihnen niemand abnehmen, auch ich nicht.“
Bernd Lucke soll nach Dienstanweisung Vorlesung halten
Die ersten beiden Vorlesungen von Lucke an der Universität Hamburg wurden gestört – nun will der AfD-Mitbegründer am Mittwoch (12 Uhr) einen dritten Anlauf unternehmen.
Die Uni hatte die Variante einer digitalen Vorlesung ohne Präsenz von Lucke im Hörsaal ins Spiel gebracht. Das hatte der Ökonom jedoch abgelehnt, wie das Abendblatt berichtete. Der Senat hatte Uni-Präsident Dieter Lenzen am Montag eine Dienstanweisung geschickt, wonach Lucke weiterhin eine Präsenzvorlesung halten soll. Lenzen hatte um eine solche Entscheidung gebeten.
Die Uni wird ab nächster Woche eine zusätzliche Lehrveranstaltung „Makroökonomik II“ anbieten, also zum gleichen Thema, über das Lucke spricht. Dies werde den „zahlreichen verängstigten Studierenden“ ein „Lernen unter unbehelligten Umständen ermöglichen“, teilte die Uni am Dienstagabend mit.
Therapien für verängstigte Lucke-Studenten
Zudem bittet die Universität um Polizeischutz in Zusammenhang mit den Lucke-Vorlesungen: Die Universität sei mit der "Verwirklichung von Sicherheitsmaßnahmen an ihre Grenzen gekommen" und habe deshalb darum gebeten, dass die „Sicherung der Veranstaltung und der beteiligten Personen vollumfänglich durch die staatlichen Ordnungskräfte erfolgt", heißt es in der Uni-Mitteilung von Dienstagabend.
Uni-Mitarbeiter sowie Studierende hätten außerdem darum gebeten, ihre Arbeit frei von Angst verrichten zu können. Als Sofortmaßnahme biete die Psychotherapeutische Hochschulambulanz der Universität Hamburg Ad-hoc-Therapien zur Bewältigung von Posttraumatischen Belastungsstörungen an.
Die Behörden hielten sich bedeckt, wie die Vorlesung am Mittwoch geschützt werden soll. „Die Polizei ist darauf vorbereitet, die Universität zu unterstützen, aber genaue Maßnahmen können wir nicht bekanntgeben“, teilte ein Sprecher der Innenbehörde mit.
Demonstranten dringen in Hörsaal ein
Die Fraktionsvorsitzende der FDP in der Bürgerschaft, Anna von Treuenfels-Frowein, äußerte sich am Dienstag zu einem Gastbeitrag des Uni-Präsidenten im Abendblatt. „Universitätspräsident Lenzen fühlt sich in der Abwehr der Antifa-Attacken gegen die Freiheit der Lehre offenbar allein gelassen. Sein Gastbeitrag ist ein Hilferuf an den Senat, den Wissenschaftssenatorin Fegebank endlich ernst nehmen muss“, sagte von Treuenfels-Frowein.
„Die Überlegung, die dritte Vorlesung von Professor Lucke auf digitalem Wege stattfinden zu lassen, damit diese nicht erneut von der Antifa verhindert wird, zeigt die dramatischen Zustände und kommt einer Kapitulation gleich“, sagte von Treuenfels-Frowein.
Diese Kritik wies Sprecherin Julia Offen für die Wissenschaftsbehörde zurück. „Der Senat hat auf den Hilferuf geantwortet“, sagte Offen und verwies auf die Dienstanweisung.