Hamburg. Besucherzahlen gehen zurück: Hauptkirche will sich stärker in die Stadt öffnen. Verlegung der Dankestafel als Auftakt.
Es sind Sätze, die von Herzen kommen – Liebeserklärungen an den Michel. „Du bist meine Heimat, mein Anker“, lautet einer. Zahlreiche Zuschauer und die zehn Gewinner des Wettbewerbs „Liebeserklärungen an den Michel“ waren am Montag auf den Michel-Vorplatz gekommen, um das Finale jener Aktion zu erleben, die das Abendblatt als Kooperationspartner begleitet hat.
Hamburger sollten in wenigen Sätzen auf den Punkt bringen, warum ihr Herz dem Michel gehört und welche Geschichte sie mit ihm verbinden. Aus 300 Einsendungen wählte eine Jury zehn aus, die jetzt den Sprung auf die Gewinnergravur der 200. Michel-Tafel schafften. Bevor sie auf dem Vorplatz neben 199 anderen Tafeln befestigt und auf einem Podest enthüllt wurde, brachten Haspa-Chef Harald Vogelsang und Michel-Hauptpastor Alexander Röder die zehn Gravuren zu Gehör. Zum Beispiel diese von Kirsten Herrmann (75): „Mein Herz gehört dem Michel, weil er mit seinem Glockenklang die Seele berührt.“ Die Seniorin war im Alter von 16 Jahren wegen Schwerhörigkeit operiert worden – und die Glocken des Michel waren der erste Klang nach der gelungenen Operation.
Startschuss für den „Masterplan 2025“
Allerdings hat die 200. Michel-Tafel am Montag nicht ihren bleibenden Ort gefunden. Sie wird in absehbarer Zeit – wie alle anderen Tafeln – auf dem Vorplatz neu positioniert. „Denn der Michel-Vorplatz wird umgestaltet. Er soll grüner und ein Ort zum Verweilen werden“, kündigte Röder an.
Das Anbringen der Micheltafeln war so etwas wie ein Startschuss für den „Masterplan 2025“, den die Kirche verfolgt. Dabei geht es vordergründig um die Umgestaltung des Platzes rund um den Michel und die bessere Erreichbarkeit mit einem neuen Fußgängerüberweg über die Ludwig-Erhard-Straße aus Richtung Großneumarkt. Doch dahinter steckt mehr als nur Baumaßnahmen. „Wir wollen uns auch als Gemeinde noch weiter öffnen und unsere Botschaft auf den Platz bringen“, sagt Hauptpastor Alexander Röder. Der Michel solle seine jahrhundertelange Rolle als zentraler Ort der Stadt wieder einnehmen. „Wir wollen wieder sichtbarer werden“, sagt Röder, aber eben nicht nur als Denkmal und Sehenswürdigkeit, sondern immer mit der kirchlichen Botschaft.
Erweiterungsbau für das alte Pastorat
Noch in diesem Jahr soll der Erweiterungsbau für das alte Pastorat an der Englischen Planke beginnen – hier ist das Besucherzentrum des Michel geplant, mit dem die Turmhalle in der Kirche entlastet werden soll. Dank einer Spende in Höhe von drei Millionen Euro der Lieselotte-und-Günter-Powalla-Stiftung ist die Finanzierung gesichert. Im nordwestlichen Teil soll der Michel-Kirchplatz belebt werden. Hier ist nicht nur eine temporäre Gastronomie geplant, es soll auch neue Veranstaltungsformen geben. „Dieser Ort soll eine Einladung an jeden sein“, sagt Röder, der sich Open-Air-Konzerte ebenso vorstellen kann wie Urban Gardening. 2021 soll es losgehen.
Ein Jahr später sollen der Michel und der gesamte Platz neu illuminiert werden, natürlich mit möglichst energiesparender Technik. Röder schwärmt von lichtgestalterischen Kunstwerken, mit denen die meisten französischen Kathedralen in Szene gesetzt werden, und erhofft sich so etwas auch für seine Kirche. Das soll aber nicht nur den Kirchenbau artifiziell erleuchten lassen, sondern auch zum Verbleib auf den ganzen Gelände anregen.
Bessere Anbindung Richtung Nord und Süd
Baulich unspektakulär, aber ungemein wichtig ist der fünfte Punkt des Masterplans: die bessere Anbindung Richtung Nord und Süd. Vor dem Bau der Ost-West-Straße stand der Michel im Zentrum der Neustadt mit einer geradezu natürlichen Verbindung zum Großneumarkt. Diese alte Achse soll mit einem Fußgängerüberweg mit Verkehrsinsel und Ampel über die Ludwig-Erhard-Straße wiederhergestellt werden. Im Süden soll die 1912 unter Regie von Fritz Schumacher erbaute Treppe saniert werden. „Weil die Universität künftig das Verlagsgebäude von Gruner + Jahr nutzen wird, könnte das ganze Areal mit den Michel-Wiesen neu belebt werden“, so Röder. Baubeginn soll 2023 sein.
Den Abschluss des Projekts soll ein Jahr später die Umgestaltung der Turmhalle bilden. Da der Servicebereich für Touristen ins neue Besucherzentrum verlagert wird, entsteht hier Platz, den man nutzen will, die frühere Tradition der „Ehren- und Gedenkhalle“ neu zu beleben.
Weniger Besucher – seit Eröffnung der Elbphilharmonie
Wie Röder macht auch Michael Kutz, der Geschäftsführer der Stiftung St. Michaelis, keinen Hehl daraus, dass der Masterplan auch eine Reaktion auf gesunkene Besucherzahlen ist, die zeitlich mit der Eröffnung der Elbphilharmonie zusammenfielen. Die Kirche ist auch in den Tourismusverband Hamburg eingetreten.
„Wir sehen das aber keineswegs als rein touristische Aufwertung“, betont Kutz. Röder ergänzt: „Sankt Michaelis ist eine extrem lebendige Gemeinde; das wollen wir wirksamer nach außen transportieren. Der Masterplan richtet sich in erster Linie an die Hamburger, aber natürlich auch an Besucher.“