Hamburg. Am 7. März 1583 zwingt der Hamburger Büttel sie auf den Scheiterhaufen und verbrennt die verzweifelte Frau.

Ihr Tod ist grauenhaft: Am 7. März 1583 zwingt der Hamburger Büttel Abelke Bleken auf den Scheiterhaufen und verbrennt die verzweifelte Frau, die zuvor grausam gefoltert worden ist. Ihr wird vorgeworfen, sich der Hexerei schuldig gemacht zu haben. Für Dr. Roswitha Rogge, die sich ausführlich mit Abelke Bleken beschäftigt und über sie publiziert hat, ist ihr Schicksal „prototypisch für viele Frauen, die während der Frühen Neuzeit denunziert, angeklagt und verhört wurden und schließlich gestanden, mit dem Teufel im Bunde zu stehen“.

Die Bäuerin Abelke Bleken wohnt am Ochsenwerder Norderdeich, etwa neun Hektar umfasst ihr Gut. Dort lebt sie ein glückliches Leben. Einer Überlieferung zufolge soll sie sogar die Tochter eines reichen Bauern gewesen sein, wunderschön, und sich jedem Freier entzogen haben, weil sie ihr Herz einem Soldaten versprochen habe, der aber nie zu ihr zurückkehrt.

Das Unglück nimmt seinen Lauf

1570 nimmt das Unglück seinen Lauf: Zu Allerheiligen bricht eine Flut über Norddeutschland herein, die als die schlimmste Flut des 16. Jahrhunderts in die Geschichte einging. Roswitha Rogge meint, dass „in der Folge Abelke und ihre Nachbarn vermutlich nicht mehr in der Lage waren, ihre Grundstücke selbst zu unterhalten und den Deich zu pflegen“.

Deshalb muss sie ihr Grundstück an den Hamburger Ratsherrn Johann Huge verkaufen. Doch ihr Unglück setzt sich fort: Der Landvogt Dirck Gladiator, in anderen Quellen Dirick Kleater genannt, pfändet auch noch ihren Kessel. Rogge: „Ein Kessel war in der Frühen Neuzeit nicht nur ein zentraler Haushaltsgegenstand, sondern unter Umständen ein repräsentatives Erbstück.“ Abelke ist wütend. Von der Ehefrau des Vogts fordert sie die Herausgabe des Kessels, doch die weigert sich. Die Bäuerin zeigt ihre Wut. Dem Vogt Gladiator sagt sie, er solle „dies auf dem Bett büßen“.

Sündenbock gesucht: Abelke gesteht unter Folter

Sodann zieht das Unglück auch bei dem Vogt ein: Sein Vieh stirbt, Menschen werden krank, seine Frau ereilt der Tod. Man braucht einen Sündenbock, und da kommt Abelke Bleken gerade recht. Schließlich hat sie ihm alles Schlechte gewünscht und Grund, ihm zu zürnen, sich an ihm zu rächen. Sie wird als Hexe verhaftet und peinlich befragt, das heißt: gefoltert. „Die soziale Situation, in der Abelke lebte, war geprägt von der Bedrohung ihrer Lebensgrundlage durch die Natur und von den Konflikten mit den Mächtigen im Ort“, ordnet Rogge ein.

„Das Motiv der Rache schien in ihrem Fall nur allzu plausibel.“ Wie die Historikerin schreibt, gesteht Abelke, „dass sie sich zusammen mit ihrer Nachbarin Gesche Schwormstedt am Ratsherrn Huge rächen wollte und dass sie mit einem Stab in aller Teufel Namen Löcher in den Boden gestochen habe – so viele Löcher wie Ochsen, deren Tod Johann Huge später zu beklagen hatte“. Weiter gesteht sie, Huges Kälber mit Rattengift getötet zu haben. Außerdem habe sie, wie Rogge berichtet, einen „Wollgürtel genommen, in aller Teufel Namen Knoten in die beiden Enden geschlagen und Haare des Vogts und Fingernägel der Vögtin hineingebunden.

Pakt mit dem Satan

Der Gürtel sei von ihr in den Pferdestall gelegt worden, ‚damit der Vogt in Krankheit bleiben sollte‘ – bis der Gürtel gefunden und die Knoten gelöst seien“. Der Vögtin habe sie „eine Suppe aus Kohl und Warmbier gegeben, versehen mit dem Hirn einer Katze, die sie in des Vogtes Haus in aller Teufel Namen totgeschlagen habe. Die Vögtin sei am dritten Tag krank geworden und bald danach gestorben.“ Mit dem Teufel, so gesteht die gepeinigte Frau unter den Schmerzen der Folter, habe sie einen Pakt geschlossen, sich dem Satan ergeben und auch Geschlechtsverkehr mit ihm gehabt.

Eva-Maria Bast: „Hamburger frauen – Historische Lebensbilder aus der Stadt an der Elbe
Eva-Maria Bast: „Hamburger frauen – Historische Lebensbilder aus der Stadt an der Elbe" © Hamburger Abendblatt | Hamburger Abendblatt

Der Fall der armen Abelke Bleken ist kein Einzelfall: In den Jahren 1444 bis 1642 werden in Hamburg mindestens 40 Frauen und einige Männer wegen Hexerei verurteilt. Seit 1270 habe der „Schadenszauber“ im hamburgischen Stadtrecht unter Strafe gestanden, berichtet Roswitha Rogge. „Der Teufelspakt wurde in der Neufassung von 1605 explizit erwähnt.“ Sie ergänzt: „Mit der Frühaufklärung endeten die Hexenprozesse; die sogenannten Tränke-Köchinnen und Wahrsagerinnen galten nun nicht mehr als reale Bedrohung, sondern als Betrügerinnen.“ Allein: Für Abelke kam diese Novellierung zu spät.

Seit 2015 ist der Abelke-Bleken-Ring in Ochsenwerder nach ihr benannt. Auf dem Ohlsdorfer Friedhof erinnert ein Gedenkstein an alle Frauen, die in Hamburg Opfer der frühneuzeitlichen Hexenverfolgung wurden.

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