Hamburg. Grundeigentümer-Verband hält Maßnahmen für zu kompliziert. Viele Mitglieder würden daher auf Zuschüsse verzichten.

Als im Hause Flomm jüngst die Heizung streikte, fackelte die Familie nicht lange. Die Perspektive, wochenlang nur kalt duschen zu können, wirkte trotz sommerlicher Hitze wenig reizvoll. „Wir haben sofort eine neue Heizung einbauen lassen, ohne uns mit möglichen Förderprogrammen zu beschäftigen“, sagt Torsten Flomm.

Dabei muss sich der Jurist als Vorsitzender des Grundeigentümer-Verbands Hamburg häufig mit dieser Materie beschäftigen. Wer energieeffizient baut oder saniert, kann auf entsprechende Zuschüsse oder vergünstigte Kredite seitens der Kreditanstalt für den Wiederaufbau (KfW), des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) oder der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB) hoffen.

Und doch geben laut Flomm viele Immobilienbesitzer entsprechende Anträge gar nicht erst ab. Der Verbandschef sagt: „Die Förderprogramme für energieeffizientes Bauen und energetische Sanierungsmaßnahmen sind für viele unsere Mitglieder ein Buch mit sieben Siegeln. Viele haben gar nicht auf dem Schirm, welche Möglichkeiten es dort gibt. Dann wird lieber auf die Förderung verzichtet.“

„Regelrechter Förderdschungel“

Geschäftsführer Ulf Schelenz beklagt einen „regelrechten Förderdschungel“: „Ob KfW, BAFA, IFB – jede Institution fördert irgendeine Maßnahme, da verzweifeln teilweise selbst Energieberater. Unser Eindruck ist zudem, dass die Programme nicht ausreichend aufeinander abgestimmt sind.“ Schelenz kritisiert auch, dass sich die Regeln zu oft ändern: „Manche Mitglieder warten daher lieber ab, bevor sie investieren.“ Nach Flomms Einschätzung gibt es in dem Geflecht der Förderprogramme „zu viele Köche, die dort ihr Süppchen kochen. Und dann geht es auch um handfeste wirtschaftliche Interessen, etwa der Dämmstoffindustrie“.

Und selbst bei einer Förderzusage seien die Schwierigkeiten noch nicht vom Tisch: „Dann kann bei der Bank das nächste Problem entstehen. Ist die Kreditsumme aus Sicht der Bank zu niedrig, fragt sie sich, ob sich der Aufwand der Vergabe mit den vielen Anträgen noch lohnt. Die Hürden bei der Kreditvergabe sind sehr hoch“, sagt Schelenz. Daher fordert der Verband, dass die Bürokratie bei kleineren Krediten verschlankt wird.

Im Abendblatt-Gespräch nahmen die beiden Juristen auch Stellung zu den CO2-Steuerplänen. Wie das Abendblatt berichtete, empfehlen die Wirtschaftsweisen der Bundesregierung, dass Tanken und Heizen mit Öl und Gas über eine CO2-Steuer zu verteuern. Der Verband bekenne sich zwar, so Flomm, zu den Klimaschutzzielen: „Aber die angedachte CO2-Steuer auf das Heizen wird das Problem verschärfen. Besonders Eigentümer von älteren Ein- oder Zweifamilienhäusern können massiv belastet werden. Es ist technisch unmöglich, solche Immobilien in Passivhäuser zu verwandeln. Die Eigentümer können auch nicht einfach die Energieversorgung umstellen, da man auf entsprechende Versorgungsleitungen angewiesen ist.“

Gefährliche Entwicklung

Seit Wochen streiten sich die Eigentümer- und Mieterorganisationen, wer am Ende die Zeche zahlen muss. „Es kann nicht sein, dass die dadurch entstehenden Kosten im Bereich der Heizung auf die Mieter umgelegt werden“, sagt Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten. Mieter hätten „keinen Einfluss darauf, wie ihre Wohnung geheizt wird“. Dies würden die Vermieter entscheiden, weshalb diese auch die zusätzlichen Kosten einer CO2-Steuer im Heizungsbereich zahlen sollten.

Der deutsche Eigentümerverband argumentiert dagegen, die Kosten der Energiewende könnten nicht finanziert werden, ohne dass sich Mieter daran beteiligten. Verbandspräsident Kai Warnecke fürchtet Nachteile für alle Bürger: „Der Ausstieg aus der Atomenergie, der Ausstieg aus der Kohleverstromung, das gleichzeitig wird zu massiv steigenden Preisen führen. Kommt darauf dann auch noch die CO2-Besteuerung, wird es für alle Menschen in diesem Land richtig teuer zu wohnen.“

Flomm und Schelenz berichten, dass Mitglieder zunehmend einen Verkauf erwägen würden: „Aufgrund der Daumenschrauben, die Eigentümern angelegt werden – auch durch die Mietpreisbremse – denken zunehmend Vermieter darüber nach, sich von ihrer Immobilie zu trennen. Die haben die Nase voll von immer neuen Vorschriften.“ Dies sei „eine ganz gefährliche Entwicklung. Denn es kann passieren, dass der Bestand dann an einen Miethai geht“.

Wer Experten zu spät konsultiert, verschenkt Geld

Auch Jan-Peter Peters, Energieberater der Hamburger Verbraucherzentrale, erlebt immer wieder, dass bares Geld bei Energiesparmaßnahmen verschenkt wird. Dabei sei dank der Hamburger Investitions- und Förderbank die Förderquote in der Hansestadt besonders hoch – in Einzelfällen bis zu 30 Prozent der Kosten. Umso größer sei die Enttäuschung von Ratsuchenden, die ihn zu spät konsultieren: „Das tut mir dann in der Seele weh. Aber ein solcher Förderantrag muss vor Beginn gestellt werden.“

Peters vermutet „psychologische Hürden“, mitunter wirke der Antrag zunächst komplizierter als er am Ende sei: „Da gibt es manchmal fast eine Schockstarre.“ Häufig reiche aber eine Erstberatung aus (für Privatpersonen bei der Verbraucherzentrale kostenlos, siehe Kasten). Der Ingenieur wirbt um Verständnis für angeforderte detaillierte Nachweise (etwa Grundbuchauszüge), um Missbrauch auszuschließen. Peters sieht auch die Gewerke in der Pflicht: „Es gibt leider Handwerker, die Bauherren ausreden, Förderungen zu beantragen.“ Denn öffentliche Förderung bedeute auch, dass der eingeschaltete Energieberater die Baumaßnahmen prüft.