Hamburg. Der neue Verein ARIC soll Wissenschaft und Wirtschaft zusammenbringen. Verein startet mit fünf Mitarbeitern.
Bei Forschungskooperationen mit der Wirtschaft zu künstlicher Intelligenz hinkt Hamburg im bundesweiten Vergleich noch hinterher – künftig soll die Hansestadt durch einen gemeinsamen Kraftakt vieler Akteure aber Boden gutmachen. Mit dieser Botschaft haben Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) und Vertreter von Hamburger Hochschulen und Firmen am Montag im Rathaus ein neues Kompetenzzentrum für Künstliche Intelligenz (KI) vorgestellt.
„Hamburg ist ein guter Innovationsstandort. Aber wir sind nicht so vernetzt, wie wir es sein müssten“, sagte Westhagemann. Aufholbedarf sieht auch Bernd Appel, Chef des IT-Dienstleisters Industry Solutions der Lufthansa, der mehr als 1700 Mitarbeiter beschäftigt. Bei der Entwicklung und Nutzung von künstlicher Intelligenz gebe es in Hamburg zwar ein „Riesenpotenzial“, sowohl in Forschung und Lehre als auch in Firmen. Im Vergleich mit Standorten wie München und Berlin müsse Hamburg aber „nachlegen“, sagte Appel.
Für Hamburg engagiert sich die Wirtschaftsbehörde
Neben Industry Solutions als Großunternehmen zählen zu den Gründungsmitgliedern des neuen KI-Zentrums
etwa die mittelständische Kommunikationsagentur Pilot Hamburg, das Start-up Zapliance und aufseiten der Wissenschaft die Universität Hamburg und die Technische Universität Hamburg, die HafenCity Uni und die HAW sowie die Nordakademie als private Hochschule. Hinter dem Zentrum steht der vor Kurzem gegründete Verein Artificial Intelligence Center Hamburg (Aric).
Für die Hansestadt engagiert sich die Wirtschaftsbehörde. In deren Auftrag unterstützt die Hamburgische Investitions- und Förderbank das neue KI-Zentrum zunächst zwei Jahre lang mit insgesamt 800.000 Euro. Hinzu kommen sollen pro Jahr mindestens 100.000 Euro aus Vereinsbeiträgen der Mitglieder, sagte Alois Krtil, Leiter der Innovationskontaktstelle, die von der Handelskammer und der Stadt betrieben wird.
Westhagemann ist zuversichtlich
Aric startet mit fünf Mitarbeitern, die Büros im Dockland an der Elbe beziehen werden. Dass sich mit dieser personellen und finanziellen Ausstattung zunächst wohl keine Berge versetzen lassen, wollte Senator Westhagemann nicht bestreiten. Er sei aber zuversichtlich, dass der Verein wachsen werde, sagte Westhagemann. Durch weitere Mitglieder würde sich auch das Budget des Vereins erhöhen, sagte Alois Krtil von der Innovationskontaktstelle.
Der Hamburger Vorstoß für eine KI-Forschungskooperation mit städtischen Firmen kommt spät. Rheinland-Pfalz, Bremen und das Saarland hatten bereits 1988 mit mittelständischen Firmen das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) gegründet. Heute unterhält die wirtschaftsnahe Einrichtung sechs Standorte und beschäftigt nach eigenen Angaben mehr als 1000 Mitarbeiter aus aller Welt, die an mehr als 250 Forschungsprojekten arbeiten.
Gesellschaft einbeziehen
In Baden-Württemberg gibt es seit 2016 die „Cyber Valley“-Initiative, eine KI-Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, an der sich etwa der US-Konzern Amazon beteiligt. Das gefällt allerdings nicht allen Menschen vor Ort: Gegen die Initiative protestierten Studenten, die einen Ausverkauf der Wissenschaft befürchten.
Senator Westhagemann betonte, dem neuen Hamburger KI-Verein sei es ganz wichtig, die Gesellschaft einzubeziehen. Bisher ist allerdings keine einzige nicht-wissenschaftliche oder nicht-wirtschaftliche Institution Aric-Mitglied.
Der Verein soll vor allem ausloten, wie sich die Wirtschaft durch KI unterstützen lässt, etwa bei automatisierten Produktionen und der Analyse großer Datenmengen. „Wir wollen als Ansprechpartner für jede Firma im norddeutschen Raum fungieren, die ihre Daten besser nutzen möchte“, sagt Lothar Hotz vom Verein Hamburger Informatik Technologie-Center (HITeC), einer Ausgründung des Fachbereichs Informatik der Universität Hamburg.
Sorge, dass die KI den Menschen ersetzt
Durch KI unterstützte Verfahren stecken etwa in Suchmaschinen und Spam-Filtern. Andere clevere Programmanweisungen (Algorithmen) sind im Spiel, wenn das Smartphone Texte von einer Sprache in eine andere übersetzt. KI kann auch Roboter in Fabriken unterstützen, Onlinekäufe und Krankenakten auswerten. Zunehmend eingesetzt wird KI in der medizinischen Diagnostik.
Nicht wenige befürchten, dass KI den Menschen an vielen Stellen ersetzen könnte. Befürworter argumentieren, durch KI könnten auch neue Arbeitsplätze entstehen, etwa weil immer mehr Software-Fachleute gebraucht würden. Vor allem könne KI dort, wo viele Daten anfallen, den Menschen unterstützen und langwierige Arbeiten übernehmen. Alois Krtil von der Innovationskontaktstelle sagt, dem Verein Aric gehe es um das „positive Potenzial“ der KI.