Hamburg. Pflicht für Solardächer, Verbot von Ölheizungen, Verpflichtung zu regenerativem Heizanteil: Lesen Sie hier, was der Plan vorsieht.

Die Grünen wollen im Hamburger Klimaplan, den der rot-grüne Senat noch 2019 beschließen will, strengere Maßnahmen durchsetzen, als es die Große Koalition im Bund vorgeschlagen hat. Ein Eckpunkt der grünen Vorschläge ist nach Abendblatt-Informationen eine Solardachpflicht für Neubauten.

„Meine Behörde arbeitet daran, im Rahmen des Klimaplans eine umfassende Solarprüfungspflicht für alle Gebäude vorzusehen“, sagte der grüne Umweltsenator Jens Kerstan bei einer Veranstaltung der Klimawoche. „Wenn es auf Dächern wirtschaftlich vertretbar ist, Solaranlagen zu installieren, dann wäre mein Wunsch, dass der Senat eine Pflicht in der Bauordnung verankert, dass diese Solaranlagen gebaut werden müssen. Wir haben jahrzehntelang in dieser Stadt und in Deutschland kein einziges Haus bauen können, ohne dass verpflichtend vorgeschrieben wurde, dass man Parkplätze bauen muss“, so Kerstan. „Und ich glaube, jetzt ist es an der Zeit, das eben auch für Solaranlagen vorzuschreiben, und da diskutieren wir noch im Senat, aber ich hoffe, dass wir da auch ein gutes Ergebnis erziele n werden.“

In einem Eckpunktepapier, das Kerstan mit Parteifreunden im März verfasst hat, wird zudem gefordert, den Einbau von Ölheizungen bereits ab 2021 zu verbieten – nicht erst ab 2026, wie es der Bund will. Zudem soll bei Heizungsaustausch ab 2020 ein Anteil von 20 Prozent erneuerbarer Energien verpflichtend werden, so das Kerstan-Papier. Der Anteil soll bis 2040 auf 100 Prozent steigen.

Peter Tschentscher äußert sich nicht

Die Umweltbehörde wollte auf Anfrage „nicht dementieren“, dass all diese Punkte Gegenstand der Verhandlungen über einen neuen Klimaplan sind. Es ist offen, ob die SPD die Pläne mitträgt, zumal sie zu einer Verteuerung des Wohnungsbaus führen könnten. Der Sprecher von Bürgermeister Peter Tschentscher wollte sich dazu nicht äußern.

Die Vorlage eines Klimaplans und die Novellierung des Klimaschutzgesetzes ist eines der letzten und wichtigsten gemeinsamen Vorhaben von SPD und Grünen in dieser Wahlperiode. Bis zum Jahresende will die Koalition beides verabschieden. Kerstan hat den Entwurf des Klimaplans bereits intern vorgelegt, wie er in der Bürgerschaft sagte. Diskutiert wird dieser nun in einer „Lenkungsgruppe“, in der Vertreter aller beteiligten Behörden und beider Koalitions-Parteien sitzen.

Behörde hält sich derzeit bedeckt

Dass Kerstans Vorlage bei allen Beteiligten volle Zustimmung findet, ist unwahrscheinlich. Zu unterschiedlich sind zum Teil die Positionen von SPD und Grünen. Diskussionen dürfte es vor allem über drei Vorschläge Kerstans geben, die das Thema Wohnungsbau und damit auch die Mieten betreffen.

Auf die Frage, ob die drei zentralen Punkte Solardachpflicht, Ölheizungsverbot ab 2021 und Verpflichtung zu regenerativem Heizanteil auch Bestandteil des jetzt intern vorgelegten Klimaplan-Entwurfs aus der Umweltbehörde seien, sagte Kerstans Sprecher Jan Dube: „Wir arbeiten am Klimaplan und an einem Klimaschutzgesetz. Dazu sind wir intern im Senat in der Abstimmung.“ Zu den drei konkret Punkten fügte Dube hinzu: „Ich kann erstmal nicht dementieren, dass die Punkte Solarprüfpflicht, Ölheizungsverbot bei Neubauten sowie ein verpflichtender Anteil erneuerbarer Energie bei Anlagentausch eine Rolle spielen. Zu konkreten Zahlen und Daten kann ich gar nichts sagen.“

Pläne könnten Wohnungsbau und Mieten verteuern

Es ist denkbar, dass die SPD einer Solardach-Pflicht und den strengen Vorgaben für die Energieversorgung nicht vorbehaltlos zustimmen kann. Denn die dadurch voraussichtlich entstehenden zusätzlichen Kosten könnten den Wohnungsbau verteuern – und damit auch die Mieten. Nach Umfragen waren die hohen Wohnkosten zuletzt das Thema, das die Hamburger am meisten beschäftigte. Bei einer Umfrage aus dem Frühjahr sagten 51 Prozent der Befragten, dass sie Angst hätten, sich das Leben in Hamburg nicht mehr leisten zu können. Umwelt- und Klimaschutz tauchten in der Umfrage der Friedrich-Ebert-Stiftung erst auf Platz 5 der wichtigsten Themen auf (wir berichteten). Allerdings stammt die Befragung aus der Zeit vor dem Video des Youtubers Rezo, vor der Europawahlen und den Demonstrationen von weltweit Millionen Menschen für den Klimaschutz. Mittlerweile könnte die Klimakrise für viele Wähler deutlich wichtiger geworden sein.

SPD-Bürgermeister Peter Tschentscher hatte bei der Klimawoche betont, dass gute Politik immer alle wesentlichen Bereiche im Blick behalte und sich nicht auf ein einziges Thema zu Lasten aller anderen konzentrieren könne. Anders als Kerstan hatte Tschentscher das Klimapaket der Bundesregierung als „Riesenfortschritt“ gelobt. „Wenn Sie Leute gegen die Wand drücken, ernten Sie Widerstand“, sagte Tschentscher bei einer Diskussion mit der Fridays-for-Futire-Aktivistin Luisa Neubauer (wir berichteten). Man müsse auch diejenige einbeziehen, die keine großen finanziellen Möglichkeiten hätten.