Hamburg. Gutachten bekräftigt Beobachtungen der Elbfischer. Behörde will Stintrückgang ergründen und startet Untersuchungsprogramm.

"Stint bedroht", "Elbfischer klagen über leere Netze", "Stintsaison noch schlechter als im Vorjahr", "Baggerstopp in Elbe zum Schutz des Stintes": Bereits im Februar und März – der Stintsaison in Hamburg – sorgten die kleinen, silbrig zappelnden Fische für viele Schlagzeilen. Nun zeigt sich auch die Hamburger Umweltbehörde in Sorge um den Europäischen Stint (Osmerus eperlanus), der eine Schlüsselart im ökologischen Gefüge der Tideelbe darstellt. „Der Rückgang der Stintpopulation ist für uns Grund zur Beunruhigung", sagt Michael Pollmann, Staatsrat für Umwelt und Energie.

Auswertungen bekräftigen Beobachtungen der Elbfischer

Die Behörde wies am Dienstag darauf hin, dass Fangmengenentwicklungen der Elbfischer darauf hindeuten, dass der Bestand des Stintes in jüngerer Vergangenheit zurückgegangen ist. Deshalb hat die Stiftung Lebensraum Elbe das Büro BioConsult Schuchardt & Scholle GbR damit beauftragt, zu untersuchen, ob die behördlichen Monitoringprogramme einen rückläufigen Trend zeigen.

Für das Gutachten wurden Fangdaten aus der Tideelbe, aber auch aus den Mündungen von Ems, Weser und Eider zusammengestellt und mit statistischen Verfahren analysiert. "Die Daten stammen aus unterschiedlichen Untersuchungsprogrammen, die zwar nicht explizit auf den Stint abgestellt waren, dennoch Rückschlüsse auf die Stintvorkommen zulassen", heißt es in der Mitteilung der Behörde. "Die Auswertungen bekräftigen die Beobachtungen der Elbfischer, die in den letzten Jahren eine rückläufige Tendenz des Stintbestandes in der Tideelbe beobachtet haben."

Ergebnisse aus dem Gutachten:

Die Fangzahlen Adulter (Frühjahrs- und Herbstfänge), Subadulter (Frühjahrsfänge) und Juveniler (Herbstfänge) sind insbesondere in den letzten drei Jahren überwiegend niedriger als in den Vorjahren.


  • Segmentierte Regressionsanalysen deuten je nach Altersklasse einen negativen „Sprung“ der Fangzahlen zwischen 2010 und 2015 an. Dies ist für die adulten Stinte weniger deutlich, für die Subadulten und Juvenilen deutlicher.

  • Die Wahrscheinlichkeit eines Fanges mit höheren Stintzahlen war in den letzten Jahren geringer. So waren für Fänge mit >2.000 Individuen/1 Mio. m³ subadulter Stinte in der Elbe zwischen dem Hamburger Hafen und Lühesand im Zeitraum 2000 bis 2005 etwa zwei Hols erforderlich. Im Vergleich dazu war der quantitative Fangerfolg im Zeitraum 2014 bis 2018 erkennbar geringer. So waren in diesem Zeitraum 5 Hols erforderlich, um in einem davon eine Anzahl von >2.000 Individuen/1 Mio. m³ zu erreichen.

  • Untersuchungsprogramm zur Bestandserfassung des Stintes

    Laut Umweltbehörde lässt sich aus den Hinweisen auf einen Rückgang des Stintvorkommens in der Tideelbe jedoch noch nicht eine generelle Bestandsgefährdung ableiten. "Sollte sich die in den letzten Jahren verzeichnete Tendenz jedoch fortsetzen oder sogar weiter verstärken, besteht die Besorgnis, dass dann die ökologischen Funktionen, die der Stint in der Tideelbe inne hat nicht mehr gewährleistet werden können", warnt die Behörde.

    Hamburg hat sich nun zum Ziel gesetzt, Ursachen für die Bestandsentwicklung zu identifizieren und mögliche Maßnahmen zur Verbesserung des Stintbestandes in der Tideelbe zu entwickeln. Dafür wird ein Untersuchungsprogramm zur Bestandserfassung des Stintes – verbunden mit einer Prognose zu dessen weiteren Entwicklung – in Auftrag gegeben.

    "Stintbestand in der Elbe erfüllt uns mit tiefer Sorge"

    "Wir bemühen uns um Aufklärung und Ursachenforschung", sagt Umweltstaatsrat Pollmann. "Das vorliegende Gutachten ist dafür eine erste, gute Grundlage. Mit dem von uns angestoßenen Untersuchungsprogramm wollen wir Gegenmaßnahmen entwickeln, die den Trend stoppen.“

    Der rückläufige Stintbestand beunruhigt auch Elisabeth Klocke, Vorstand der Stiftung Lebensraum Elbe. „Der mit dem Gutachten belegte abnehmende Trend des Stintbestands in der Elbe erfüllt uns mit tiefer Sorge“, sagt sie. „Deswegen wird die Stiftung Lebensraum Elbe in einem nächsten Schritt versuchen, mögliche anthropogene oder natürliche Faktoren zu identifizieren, die zu den genannten Veränderungen des Stintvorkommens in der Tideelbe beigetragen haben können.“