Hamburg. Wie das Restaurant Suliko heißt auch ein bekanntes Liebeslied aus dem Kaukasus. Und auch die Gerichte verströmen viel Poesie.
Am unteren Mittelweg reiht sich ein kulinarischer Versorgungsbetrieb an den anderen. Italiener, englischer Pub, Kneipenrestaurants, Bäcker, Eiscafé, Feinkost-Geschäft. Clusterbildung. Und mittendrin ein Lokal mit georgischer Küche. Exotik in Rotherbaum.
Oben in dem Haus residiert ein Ristorante, das sich auf Speisen mit Trüffeln spezialisiert hat. Und ein paar Schritte hinunter hat das Suliko seine Heimat gefunden. Seit September 2016 stehen dort Gerichte aus der früheren Sowjetrepublik auf der Karte.
Gemütlich ist es im Souterrain mit dunklem Holz und Fliesenboden. Rot sind die Stühle, Blumen und Servietten, elegant weiß eingedeckt die Tische. Viele Bilder und Fotos zeigen Motive aus Georgien. Für Folklore sorgen Trinkgefäße, Trommel, Schwert und Schild sowie Puppen in landestypischen Kostümen. Und auch ein kleiner goldfarbener Eiffelturm. Drinnen finden 75 Gäste Platz, für kleine Gruppen und Gesellschaften steht ein Extraraum zur Verfügung. Und auch draußen auf einem Podest können 16 Gäste sitzen.
Welia kam 1992 zum Studium nach Hamburg
Hinten links steht ein weißes Klavier. Wenn die Stimmung gut ist, setzt sich der Chef hin und spielt, dem Vernehmen nach recht gut. „Georgier singen und tanzen sehr gerne“, sagt Georg Welia. Mit seinem Partner Elchin Aliev – der Aserbaidschaner führt auch das Restaurant Baku in den Grindel-Hochhäusern – betreibt er das Suliko.
Welia stammt aus Tiflis und kam 1992 zum Studium nach Hamburg. „Ich habe mein BWL-Diplom an der Hochschule für Wirtschaft und Politik gemacht“, erinnert sich der heute 51-Jährige. Er arbeitete als Dolmetscher und nimmt heute noch Aufträge an vom georgischen Militär, wenn einzelne Kompanien sich zu Übungen in Deutschland aufhalten. Als Nächstes gründete er ein Transportunternehmen, um Waren in die alte Heimat zu bringen. „Aber ich vermisste georgisches Essen. Jedes Mal, wenn ich heimische Küche wollte, musste ich nach Berlin fahren.“
Suliko bedeutet Seele und ist ein georgischer Vorname
Also suchte Welia nach Räumlichkeiten, beschäftigte sich mit der Organisation, schrieb einen Businessplan und fand mit Elchin Aliev einen Partner, der sich in der Gastronomie auskennt. Sieben Mitarbeiter in Küche und Service kümmern sich um die Gäste, die Belegschaft spricht georgisch oder russisch miteinander. Natürlich kommen Georgier und Russen auf der Suche nach vertrauten Gerichten ins Lokal, „aber wir haben auch viele deutsche und englischsprachige Gäste“, so die Betreiber.
Suliko bedeutet Seele und ist gleichzeitig ein georgischer Vorname, der sowohl weiblich als auch männlich sein kann. Und es ist der Titel eines Liebesgedichtes von 1895, das vertont und so ein Volkslied wurde. Suliko war das Lieblingslied des sowjetischen Diktators und gebürtigen Georgiers Josef Stalin. Im Ostblock war das Stück sehr bekannt, und auf Deutsch wurde es vor allem durch die Interpretation des Sängers und Schauspielers Ernst Busch bekannt.
Wer ins Suliko geht, kann als Vorspeisen Pchali bestellen
Georgiens Gerichte galten in der Sowjetunion als Haute Cuisine. „Wir haben eine der ältesten und abwechslungsreichsten Küchen der Welt“, sagt Georg Welia. „Gemüse, Kräuter, Fleisch, Fisch, Koriander wie in Indien, Gewürze wie im Nahen Osten.“ Und natürlich der Wein.
Wer ins Suliko geht, kann als Vorspeisen Pchali bestellen. Das sind Bällchen aus Blattspinat, Karotten oder Roter Bete, für die das Gemüse püriert und mit Walnusspaste sowie Koriander vermengt und verfeinert wird. Würzig, cremig und vegetarisch. Ebenso wie Badridschani. Dafür werden Auberginenscheiben gebraten, aufgerollt und mit Walnusspaste gefüllt. Wer orientalische Mezze mag, wird auch von diesen ersten Happen begeistert sein.
Georg Welia übernimmt die Position des Tischmeisters
Typisch sind auch das gebackene Käsebrot Chatschapuri sowie Chinkali. Das sind kunstvoll gefaltete Teigtaschen, die zum Beispiel mit Hackfleisch gefüllt werden und in Brühe gar ziehen. „Sie erinnern an Dim Sum, aber sind viel saftiger“, sagt der Chef. Tischkultur spielt in Georgien eine große Rolle. Wenn es sich ergibt, werden im Suliko die Tische zu einer Tafel (Supra) zusammengerückt. Es wird üppig serviert, und Georg Welia übernimmt die Position des Tischmeisters. „Der Tamada hat den Überblick am Tisch und bringt Trinksprüche aus.“ Zuerst auf den Frieden, dann auf die Familie, die Gäste, die Verstorbenen, die Gesundheit und schließlich auf das Leben.
Fleisch und Gemüse bezieht Welia über den Hamburger Handel. Wein, bestimmte Gewürze sowie das Heilwasser Borjomi, Limonaden und der Tresterbrand Chacha kommen aus Georgien. Georg Welia fährt zweimal im Jahr in die alte Heimat und besucht die Verwandtschaft. In Hamburg ist er mit einer gebürtigen Lettin verheiratet, zusammen haben sie eine kleine Tochter. Zu seinen Leibgerichten gehören Chatschapuri und Schaschlik. „Aber ich esse auch gern cremige Suppen und Gerichte mit Kürbis, das kenne ich aus Georgien nicht.“ Seine zwei Heimaten sorgen für Wohlbefinden und Vielfalt auf dem Teller.
So läuft die Auswahl
Mezze aus dem Orient,Sushi aus Japan, Pasta aus Italien, Ceviche aus Südamerika: Wenn Menschen aus vielen verschiedenen Ländern zusammenkommen, bringen sie ihre Küche mit. Davon profitiert vor allem Hamburg als Hafenstadt, Verkehrsknotenpunkt, als Tor zur Welt. Es gibt hier unzählige ausländische Restaurants, in jedem Stadtteil finden sich wohl der Grieche oder Italiener um die Ecke. Aber es werden auch Spezialitäten aus Polen oder Portugal, Kuba oder Korea aufgetischt. In dieser Serie stellen wir Ihnen Lokale in Hamburg vor, die weder Pannfisch noch Rote Grütze servieren. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.