Montag beginnt das 7. Bauforum. Beteiligtes Büro fordert Öko-Wende und will zum Thema Magistralen inspiririen.

Der heiße Sommer hat es wieder einmal deutlich gemacht – in Deutschland wird es wärmer. Und diese Klimaveränderung wirkt sich in den Großstädten besonders aus. Sollte die Temperatur der Erde um 4,2 Grad steigen, würde die Hansestadt im Jahr 2080 ein Klima wie das südafrikanische Johannesburg haben. Die Häuser müssten dann viel seltener geheizt, dafür aber häufiger gekühlt werden. Schon bis 2050 könnte Hamburg klimatisch um 1000 Kilometer nach Süden rutschen: Hamburg würde dann San Marino ähneln und durchschnittlich 1,4 Grad wärmer sein, der wärmste Monat könnte sogar bis zu 5,4 Grad heißer werden. Fast unumstritten ist: Die Sommer werden heißer und trockener, zugleich nehmen Extremwetterereignisse wie Starkregen zu.

Grünflächenzahl soll Investoren binden

Ist die Architektur der Stadt für diesen Klimawandel gerüstet? Die Hamburger Architektin und Stadtplanerin Alexandra Czerner warnt: "Grünflächen reichen in verdichteten Städten nicht mehr aus, um die Menschen mit gesunder Luft zu versorgen." Sie plädiert für nichts weniger als einen Paradigmenwechsel im Bau. "Die Trennung von Natur und Gebäude muss endlich überwunden werden", sagt die Gründerin des Büros Czerner Göttsch Architekten dem Abendblatt. "Grenzbebauungen darf es künftig in Neuplanungen gar nicht mehr geben, da diese die bodengebundenen Begrünungen von Gebäuden in allen Straßenräumen verhindern."

Czerner fordert eine "durchwachsene Stadt". Architekten und Stadtplaner müssten sich die Frage stellen, was sie dazu beitragen können, die Stadtluft besser zu machen. Zu diesem Zweck schlägt Czerner eine "GÜFZ" – eine "Grünflächenzahl" – vor, die in der Baunutzungsverordnung den Grünanteil für Gebäude und Straßenräume verbindlich festlegen soll. Sie soll als neue Maßeinheit analog zur Grund- oder Geschossflächenzahl funktionieren. "Es kann nicht sein, dass Investoren am Ende am Grün sparen. Es ist höchste Zeit, Verantwortung für den Klimaschutz zu übernehmen." Czerner selbst spricht von einer „Revolution, so wie die Moderne einst eine Revolution war“. Kleine Revolutionen hat sie schon gewagt: Bei Einzelprojekten wie den Wilhelmsburger Sonnenhöfen im Rahmen der Internationalen Bauausstellung hat ihr Büro die nachhaltigen Gebäude um die bestehenden Bäume herum geplant.

Architektin fordert grünere Ausfallstraßen

Mit ihren Ideen möchte sie das Bauforum zum Thema Magistralen inspirieren, das am kommenden Montag beginnt. Die Hamburger Ausfallstraßen können und müssen grüner werden, sagt Czerner. Die Architektin des gerade eingeweihten Schwimmbades in Ohlsdorf plädiert für die Aufstockung von Bestandsgebäuden und Schließung von Baulücken, die dann den Grünflächenanteil erfüllen müssten. So sollen nicht nur Fassaden begrünt und berankt, sondern auch sämtliche Flachdächer begrünt werden. "Damit erreichen wir nicht nur eine Lärmreduktion und das Speichern von Wasser etwa bei Starkregen, sondern binden auch Schadstoffe sowie Feinstaub und kühlen zugleich die Fassaden und die Straße", so Czerner. Sie weiß, dass damit die Fassade und der architektonische Ausdruck sich verändern und mehr in den Hintergrund treten könnten: "Aber unsere Aufgabe ist eine gesündere, klimabewusstere Architektur."

Weiterhin fordert die Hamburgerin eine intensive Begrünung der Straßenräume. Nicht nur Bushaltestellen sollten ein grünes Dach bekommen, auch Fahrrad- und Gehwege könnten mit grünen Dächern überspannt werden. "Gerade der heiße Juli hat gezeigt, wie wichtig solche Beiträge für das Stadtklima sind." In Zukunft sollten robustere Arten an den Straßen angepflanzt werden. "Die Stadtbäume leiden unter dem Klimawandel", sagt sie. Wissenschaftler haben bereits Arten getestet, die in Zukunft an Hamburgs Straßen wachsen könnten. Derzeit dominieren Linde und Eiche. In Zukunft dürften Feldahorn, Spitzahorn, Felsenbirne, Esche, italienische Pappel oder Zierkirsche sie ersetzen.