Hamburg. Geldinstitute verlangen höhere Zinsen oder mehr Eigenkapital. Nach Expertenschätzung ist schon jeder zehnte Käufer davon betroffen.
Für den Käufer der Immobilie lässt sich nur hoffen, dass er ungewöhnlich viel Eigenkapital mitbringt. Denn mehr als 10.000 Euro pro Quadratmeter sind selbst für eine kleine Zwei-Zimmer-Wohnung in Eimsbüttel ungewöhnlich viel Geld. Zusammen mit den Nebenkosten wird der Preis für den Erwerber auf rund 675.000 Euro katapultiert, für zwei kleine, schmale Zimmer. Allein der Immobilienpreis des frisch renovierten Objekts liegt bei knapp 600.000 Euro.
Viele Banken spielen bei solchen Preisen nicht mehr mit. Den Kreditinstituten wird der Immobilienmarkt allmählich zu heiß. „Banken melden uns immer häufiger zurück, dass sie die Höhe des Kaufpreises nicht nachvollziehen können und setzen den nachhaltigen Wert der Immobilie geringer an“, sagt Frank Lösche, Spezialist für Baufinanzierung beim Baugeldvermittler Dr. Klein in Hamburg. „Für immer mehr Finanzierungen werden Nachverhandlungen mit den Banken notwendig. Wenn diese Fälle vor einem Jahr noch fünf Prozent unserer vermittelten Finanzierungen ausmachten, so sind es inzwischen zehn Prozent.“ In der Folge müssen die Käufer mehr Eigenkapital in die Finanzierung einbringen oder höhere Zinsen und eine höhere Tilgung akzeptieren. Wenn ihr Haushaltsbudget schon knapp ist, bekommen sie ihre Immobilie gar nicht finanziert. Der Traum von den eigenen vier Wänden platzt.
EZB warnt vor zu teuren Immobilien
Bisher waren es vor allem die Bundesbank und wenige Experten, die vor einer Immobilienblase warnten. So geht die Bundesbank von einer Überbewertung der Immobilienpreise in Höhe von 30 Prozent in den großen Städten wie Hamburg aus. Auch der Europäische Ausschuss für Systemrisiken bei der Europäischen Zentralbank (EZB) warnt in seinem Jahresbericht vor einer Überbewertung von Wohn- und Gewerbeimmobilien. „Hamburg befindet sich in einer Immobilienblase“, sagt der Hamburger Wirtschaftsprofessor Karl-Werner Hansmann. Ein wichtiges Indiz dafür ist, „dass die Preise deutlich schneller steigen als die Mieten“, sagt Hansmann. Viele hätten wegen der hohen Preise abgewartet, sehen aber, dass es keine Entspannung gibt, und springen jetzt noch auf den Zug. Als Warnzeichen sieht der Experte auch, dass immer mehr Regionen von den Preissteigerungen erfasst werden. Das zeige sich deutlich im Hamburger Umland.
Die erneut gesunkenen Zinsen befördern diese Entwicklung noch. Denn trotz deutlich gestiegener Preise und eines höheren Kreditvolumens ist die jährliche Zinslast der privaten Haushalte von jährlich 57,7 Milliarden Euro (2003) auf jetzt 30,5 Milliarden Euro gesunken, wie aus einer Studie der Deutschen Bank hervorgeht. Ohne die historisch niedrigen Zinsen wäre der Immobilienboom wohl bereits beendet. Die Hamburger nehmen im Schnitt einen Kredit über 310.000 Euro für ihren Immobilienkauf auf. Das sind 25 Prozent mehr als 2015.
Preise für Eigentumswohnungen haben sich seit 2007 verdoppelt
Im zweiten Quartal sind die Preise für Eigentumswohnungen in Hamburg noch einmal um 5,53 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal gestiegen, berichtet Dr. Klein. Konkret bedeutet das, innerhalb von zwölf Monaten hat sich der Quadratmeter Wohnfläche noch einmal um 148 Euro verteuert. Die Daten beruhen auf tatsächlich gezahlten Kaufpreisen. Seit 2007 haben sich die Preise für Eigentumswohnungen aus dem Bestand und Neubauobjekte fast verdoppelt. In diesem Zeitraum verteuerten sich Einfamilienhäuser um 65 Prozent. Im Vergleich zum zweiten Quartal 2018 stiegen die Preise bei Eigenheimen um 8,3 Prozent. „Durch die steigenden Kaufpreise haben wir in Hamburg häufiger als früher Finanzierungen, die in Richtung 100 Prozent gehen“, sagt Lösche. Doch solche Finanzierungen können sich nur Käufer mit einer überdurchschnittlichen Bonität leisten.
Für die meisten wird die Immobilienfinanzierung teurer. „Noch geht es in den meisten Fällen um wenige zehntausend Euro, die die Immobilie aus Sicht der Banken zu teuer ist. Je weiter der Kaufpreis und die Bewertung der Bank auseinanderklaffen, desto mehr Eigenkapital müssen Käufer bei der Finanzierung einbringen“, sagt Lösche. Oder die Käufer müssen höhere Zinsen akzeptieren. Liegt der Beleihungswert des Objekts bei 80 Prozent, beträgt der Zinssatz für eine 15-jährige Zinsbindung im Schnitt 1,21 Prozent, rechnet Max Herbst von der FMH-Finanzberatung vor. Der Beleihungswert ist die Summe, die die Bank mit ziemlicher Sicherheit im Falle eines Verkaufs oder einer Zwangsversteigerung bekommen würde. Bei einem Beleihungswert von 100 Prozent steigt der Zins auf 1,85 Prozent. Was nach keinem großen Unterschied aussieht, führt zu zusätzlichen Zinskosten von knapp 40.000 Euro in 15 Jahren. Um das zu vermeiden, rät Baufinanzierungsexperte Lösche KfW-Förderdarlehen als Zweitkredit zu nutzen. Damit werde ein besserer Beleihungsauslauf beim Hauptkredit erreicht und im besten Fall müsse kein Zinsaufschlag gezahlt werden.
Banken machen Abschläge beim Kaufpreis
„Es kommt im gesamten Hamburger Markt zu unrealistischen Preisen“, bestätigt Frank Oetjen, Leiter der Baufinanzierung bei der Hamburger Volksbank. Das liege an der ungebrochenen Nachfrage an Immobilien und dem begrenzten Angebot. Als Beispiel nennt er eine 75 Quadratmeter große Eigentumswohnung aus dem Bestand in Barmbek, für die ein Quadratmeterpreis 6800 Euro gefordert wird.
Auch knapp 7000 Euro für ein kleine Wohnung im Souterrain mit wenig Tageslicht sind ein ambitionierter Preis, selbst wenn das Objekt in Ottensen liegt. „Ob der Kaufpreis der Immobilie aus Sicht der Banken nachhaltig ist, hängt vor allem von der Lage und der Art des Objekts ab“, sagt Lösche. Als Beispiele für Probleme bei der Finanzierung bei überhöhten Kaufpreisen nennt er alte Reihenhäuser mit einem kleinen Grundstück und Luxusimmobilien an der Elbe, für die ein fünfstelliger Quadratmeterpreis aufgerufen wird.
„In Hamburg sehen wir extrem ambitionierte Kaufpreise“, sagt Andrea Dudszus, Teamleiterin des Immobilienzentrums der Commerzbank in Hamburg, dem Abendblatt. Deshalb mache man immer Abschläge beim Kaufpreis und diese würden leicht zunehmen. Dennoch seien die Immobilien finanzierbar, wenn der Käufer die Finanzierungsrate nachhaltig tragen kann. Die Haspa sieht keine Anzeichen für eine Immobilienblase in Hamburg. „Bei bestimmten Objekten, insbesondere in entfernten Randlagen, kann es dazu kommen, dass eine höhere Anfangstilgung vereinbart wird“, so Ulrike Zobel, Baufinanzierungsexpertin der Haspa.
Auch das Risiko für die Banken nimmt deutlich zu
Mit den steigenden Preisen wächst auch das Risiko für die Banken. So haben die Banken in Deutschland Immobilienkredite im Wert von 1,24 Billionen Euro ausstehen. Das ist gegenüber 2011 ein Zuwachs von 29 Prozent. „Das florierende Neugeschäft geht mit einem abnehmenden Anteil vollständig besicherter Kredite einher“, sagt Heike Mai vom Research der Deutschen Bank. Waren 2011 noch über die Hälfte der neuen Immobiliendarlehen in voller Höhe der Kreditsumme mit Grundschulden oder Finanzwerten besichert, so trifft das jetzt nur noch auf 42 Prozent der neuen Kredite zu. Die Finanzaufsicht BaFin hat die Banken verpflichtet, bis zum nächsten Jahr ihre Kredite mit zusätzlichem Eigenkapital abzusichern. Auch das wird die weitere Kreditvergabe einschränken.