Hamburg/Izmir. Mahmut Canbay wurde am Flughafen stundenlang verhört und dann zurückgeschickt. Grund war offenbar seine Erdogan-Kritik.
Lag es an seinen regierungskritischen Postings? Mahmut Canbay, Intendant des Eimsbütteler Mut!Theaters, ist am Donnerstag am Flughafen von Izmir festgenommen worden. Zwei Gruppen von je vier Beamten hätten ihn mit einer Unterbrechung insgesamt acht Stunden lang verhört, ihm sei „Terrorpropaganda“ vorgeworfen worden.
Als Begründung hätten die Beamten eine Karikatur des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan angeführt, die ihm ein Bekannter per Whatsapp zugeschickt habe. Erdogan wird darauf offenbar als Diktator dargestellt. Canbay hat sie nach eigenen Angaben nur erhalten, nicht verschickt oder weiterverbreitet, sei aber gefragt worden, warum er sie nicht gelöscht habe.
Als weiterer Grund für die Verweigerung der Einreise sei ihm, so Canbay, eine lobende Erwähnung des Dokumentarfilms „Hêvî – Hoffnung“ (2013) von Yüksel Yavuz vorgehalten worden, in dem es um die Schicksale von vier kurdischen Frauen, um Unterdrückung und Widerstand ging. Die Aktivistin Sakine Cansiz wurde seinerzeit kurz vor Beginn der Dreharbeiten in Paris ermordet.
Canbay wurde offenbar bereits in Hamburg ausgekundschaftet
Die Beamten hätten Canbay auch Fotos präsentiert, die offenbar im MUT! Theater anlässlich des Besuches einer Theatervorstellung entstanden sind. So wie sich in seiner Erzählung die Geschichte darstellt, wurde er bereits im Vorfeld in Hamburg ausgekundschaftet und bei seiner Einreise erwartet.
Mahmut Canbay, der einen deutschen Pass hat, hat nach eigenen Angaben Erdogan zu keinem Zeitpunkt beleidigt. Als Künstler und Theatermacher sei er natürlich ein kritisch denkender Mensch mit einer Meinung. Er selbst bezeichnet sich als jemanden, der sich für Demokratie im Rahmen der Zivilgesellschaft einsetzt. „Ich gehöre keiner politischen Vereinigung an“, betont er.
Ein Anwalt wurde dem Hamburger Theaterchef verweigert
Canbay sagte, ihm sei ein Anwalt verweigert worden. Die Sicherheitsleute hätten ihm erklärt, dass sie mit ihm als Terrorverdächtigen alles machen dürften. Dann hätten sie ihn zu allem möglichen befragt, darunter: „Was denken Sie über den syrischen Krieg?“ Sie hätten ihn auf den Boden gelegt und ihm sein Handy abgenommen. „Dann habe ich so Angst bekommen. Sie haben gesagt, alles können sie machen mit mir.“ Dann musste er sein Smartphone entsperren und sie hätten Mails, Kontakte und Chats überprüft.
Schließlich habe man ihm ein Einreiseverbot erteilt und ihn dann in ein Flugzeug nach Köln gesetzt. Erst am Flughafen in Deutschland habe man ihm seinen Pass wieder ausgehändigt.
Canbay will gegen Einreiseverbot Widerspruch einlegen
Canbay, Deutschtürke kurdischer Abstammung, wollte mit einer Jugendgruppe an einem Theaterfestival in der westtürkischen Metropole teilnehmen. Gegen das vom Konsulat verhängte Einreiseverbot will Mahmut Canbay jetzt Widerspruch einlegen. Er hat Familie und Freunde in der Türkei.
Das Mut!Theater in der Amandastraße ist eine interkulturelle Einrichtung, die von der Hamburger Kultubehörde und dem Bezirk Eimsbüttel gefördert wird. Gespielt werden eigene Inszenierungen auf Kurdisch, Türkisch und Deutsch. Zudem gibt es theaterpädagogische Projekte zu Themen wie Gewalt, Umwelt, Rassismus und Gender.