Hamburg. Es ist ein erster Versuch: Aus speziellen Pflanzen will ein Rönneburger Landwirt den Inhaltsstoff CBD gewinnen.

Am liebsten, sagt Landwirt Jan Heißmann, beobachte er im Moment die Spaziergänger. Oft blieben sie am Rand der weiten Felder stehen bestaunten die Pflänzchen und machten Selfies. Denn hier, auf dem Acker von Bauer Jan Heißmann im Süden Hamburgs, wächst weder Weizen noch Hafer. Sondern Hanf. Also jene Pflanzen, die sonst eher Wirkung auf rauschmittelinteressierte Jugendliche ausüben. Diese Pflanzen dürften es nicht. Denn es handelt sich um Nutzhanf, im Grunde eine jahrtausendealte Kulturpflanze, frei vom berauschenden Wirkstoff THC. In Hamburg ist es die erste legale Hanfplantage.

Auf den Hanf gekommen ist Jan Heißmann durch seinen Nachbar „Siggi“. Der heißt eigentlich Siegfried Weckler, ist Betreiber der einzigen Wasserskianlage Hamburgs am Neuländer Baggerteich und gewitzter Geschäftsmann. An seinen Hof, den er privat bewohnt, grenzen Heißmanns Äcker. Man kam ins Gespräch. Man war sich sympathisch. Nun ist man gemeinsam Hanfbauer. „Jan war sofort Feuer und Flamme“, sagt Weckler. „Wir haben schnell losgelegt.“

Ungewöhnliche Symbiose

Die ungewöhnliche Symbiose von Bauer und Wasserskianlagenbetreiber hat seinen Grund: Man braucht sich gegenseitig. Heißmann ist heiß auf Wecklers kreative Ideen und seinen Vermarktungssinn. Und Weckler wiederum braucht Heißmann, weil in Deutschland nur die Höfe Hanf anbauen können, die auch über eine entsprechend große Anbaufläche verfügen. Jeder andere würde sich durch die Aufzucht der Pflanzen, selbst von harmlosem Nutzhanf, strafbar machen.

Jan Heißmann dagegen erfüllt alle Voraussetzungen für den Hanfanbau, für den nur EU-lizenzierte Samen benutzt werden dürfen. Für ihn ist Hanf die Pflanze der Zukunft. „So bitter es ist, aber mit Lebensmitteln, also Weizen, Hafer oder Ähnlichem, kann man als Landwirt heute kein Geld mehr verdienen“, sagt er. „Hanf ist eine gute Alternative für jeden Landwirt, der von gewinnbringenden Ertragszweigen, wie der Massentierhaltung wegwill und eine Pflanze zum Anbau sucht, durch die er seine Familie ernähren kann.“

Hanf ist sehr genügsam

Im Frühjahr 2019 wurde die Sorte „Finola“ gesät. Vorher wurde der Anbau bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung angemeldet. „Wir müssen dann noch einmal eine Blütemeldung abgeben“, sagt Heißmann. Dann kommt ein Kontrolleur, der prüft, ob wirklich eine zugelassene Sorte angebaut wird, und hier nicht doch heimlich der verbotene „Stoff“ blüht. Ansonsten ist Hanf sehr genügsam, Heißmann weiß das zu schätzen. Er steht im Feld, streicht über die Pflanzen, die schon jetzt mannshoch stehen. „Der Anbau ist vollkommen biologisch. Die Pflanze hält einfach viel aus, ist resistent gegen die meisten Krankheiten und hinterlässt einen Boden, der nicht ausgelaugt ist.“

Ende August, Anfang September soll die Ernte beginnen. Fast drei Hektar seines Landes sind von Hanf bedeckt. „Im Grunde ein Versuchsfeld“, sagt sein Partner Weckler. „Wir wollen sehen, wie und ob der Anbau funktioniert.“ Das tut er bislang, „prima sogar“, sagt Weckler. „Unsere Erwartungen sind übertroffen.“ Die Ernte wird richtige Feldarbeit. „Es gibt zwar Spezialgerät, das ist aber sehr teuer“, sagt Heißmann.

Viele gesunde Inhaltsstoffe

„Wir werden deshalb bei der Größe der Anbaufläche händisch ernten.“ Was man sich so vorstellen könne wie beim Kaffeepflücken. Nur, dass beim Hanf die Blüten, genauer gesagt die Kerne, abgeerntet werden. Aus ihnen wird dann das Öl gepresst. „Hanföl enthält viele gesunde Inhaltsstoffe, darunter Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren“, sagt Heißmann. Es ist tiefgrün und hat viel Eigengeschmack.

Der Rest der Pflanzen wird gemäht. Das wird Jan Heißmann mit dem Trecker machen. Die Pflanzen werden dann getrocknet und zu Pellets verarbeitet, die als Tierergänzungsfutter dienen. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Inhaltsstoff Cannabidiol, kurz CBD – sowohl beim Öl als auch bei den Pellets. Er wirkt entzündungshemmend, angstlösend und entspannend und gilt vielen in jüngster Zeit als Wundermittel. Weshalb Heißmann davon ausgeht, dass die Nachfrage nach Produkten auf Hanfbasis in den nächsten Jahren weiter wachsen wird.

Apropos wachsen. Wenn das Projekt so erfolgreich bleibt, wie es ist, wird der Hanfanbau in Rönneburg ausgeweitet. „Ich habe knapp 150 Hektar zur Verfügung“, sagt Hanfbauer Heißmann. Damit könnte der Hamburger Süden zum größten Hanfanbaugebiet Deutschlands werden.