Hamburg. Am Freitag entscheidet sich, ob die größte Uni der Hansestadt den Elite-Titel erhält. Es geht um Prestige – aber auch um viel Geld.
Die Pressekonferenz wird am Freitag ab 16 Uhr live auf YouTube übertragen – im Mittelpunkt stehen dann allerdings nicht etwa Film- oder Fußballstars, sondern es soll um Glanz in der Wissenschaft gehen. Welche Unis hierzulande dürfen die neue Elite-Krone tragen? Auch viele Forscher der Universität Hamburg werden gespannt zuhören, wenn Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) und Vertreter der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Wissenschaftsrats in Bonn die Entscheidungen verkünden.
19 Anträge, darunter zwei von Universitätsverbünden, konkurrieren miteinander – aber nur elf können erfolgreich sein in der dritten Auflage des Wettbewerbs von Bund und Ländern, der jetzt „Exzellenzstrategie“ heißt und laut DFG darauf abzielt, bestimmte Universitäten dauerhaft zu stärken und ihre internationale Spitzenstellung in bestimmten Forschungsfeldern auszubauen. Unter den 19 Bewerbern sind auch die norddeutschen Hochschulstandorte Hannover und Braunschweig als Universitätsverbund. Auch die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hofft auf eine Auszeichnung als Exzellenzuniversität.
Nur Bonn schnitt zuletzt noch besser ab
Die Universität Hamburg ist dieses Mal bis ins Finale gekommen. Völlig überraschend hatte die größte Hochschule der Hansestadt im Herbst 2018 bereits den Förderzuschlag für gleich vier international wettbewerbsfähige Forschungsfelder, sogenannte Exzellenzcluster, erhalten – von den alleine auftretenden Bewerbern schnitt nur Bonn mit sechs Clustern noch besser ab. Mindestens zwei Cluster mussten die Hochschulen gewinnen, um sich fürs Finale zu qualifizieren. Von einem „sehr beachtlichen Erfolg“ für die Hamburger sprach kürzlich im Abendblatt-Interview der Generalsekretär des Wissenschaftsrats, Thomas May. Hamburg habe sich bislang „gut behauptet“ im Wettbewerb mit allen anderen Universitäten in Deutschland.
Wie der jüngste Erfolg einzuordnen ist, zeigt auch ein Blick zurück. Zum Start des damals noch „Exzellenzinitiative“ genannten Wettbewerbs hatte die Uni 2007 einen Exzellenzcluster zur Klimaforschung gewonnen und dafür zunächst 28,5 Millionen Euro erhalten. Für die Verlängerung dieses Forschungsverbunds namens CliSAP gab es dann ab 2012 weitere knapp 28 Millionen Euro. 2012 punktete die Uni zusätzlich mit dem Konzept für einen zweiten Cluster: Das Hamburg Centre for Ultrafast Imaging, in dem es um die Bewegungen von Atomen und Molekülen geht, wurde mit 37 Millionen Euro gefördert. Im Rennen um den Exzellenztitel war die Uni damals jedoch vorzeitig ausgeschieden.
Jedes Jahr eine neue Losung
Für die 2018 neu gewonnenen vier Exzellenzcluster wird die Uni Hamburg insgesamt etwa 164 Millionen Euro erhalten, verteilt über sieben Jahre. Gelingt nun auch ein Erfolg in der sogenannten zweiten Förderlinie? Uni-Präsident Dieter Lenzen (71) – im Amt seit März 2010 – sagt, er warte die Entscheidung „demütig und geduldig“ ab. Lenzen hängt jedes Jahr eine neue Losung in seinem Büro auf, die ihn und sein Team inspirieren soll. Für 2019 wählte er das Motto: „Unicum iter ad supremum“ – Es gibt nur einen Weg zum Höchsten.
Ob er den richtigen Weg eingeschlagen hat und die Uni sich im Jahr ihres 100. Geburtstags mit dem Exzellenztitel schmücken darf, wird zur Sprache kommen, wenn bis Donnerstag zunächst ein internationales Expertengremium über die 19 Anträge diskutiert. Um Empfehlungen zu erarbeiten, bewerten die 39 Wissenschaftler auch Eindrücke der Vor-Ort-Besuche an den Hochschulen – die Uni Hamburg war Ende Januar von Exzellenzgutachtern inspiziert worden.
Hamburg will Reputation gewinnen
Am Freitag stimmen die Experten dann über die Bewerbungen ab, gemeinsam mit Bundesforschungsministerin Anja Karliczek und den 16 Wissenschaftsministern der Länder. Unter ihnen ist Hamburgs Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne). „Wir haben schon richtig viel erreicht. Mit vier gewonnenen Exzellenzclustern ist die Universität Hamburg stark in den Wettbewerb eingestiegen“, sagt Fegebank. „Das wird eine harte Endrunde in Bonn – ich bin aber optimistisch, denn der Wissenschaftsstandort Hamburg hat sich in den letzten Jahren ein enormes Profil erarbeitet, das bundesweit wahrgenommen wird.“
Noch im Rennen um die elf Elite-Auszeichnungen sind allein zehn Unis, die schon von 2012 bis 2019 als Exzellenz-Unis gefördert worden sind und Reformen vorantreiben konnten. Während die großen, traditionsreichen Wissenschaftsstandorte wie Berlin, München und Heidelberg darum kämpfen, ihr Renommee zu bewahren, geht es für die Uni Hamburg vor allem darum, Reputation zu gewinnen. Als Exzellenz-Uni gelänge es die Hochschule womöglich noch besser, Topforscher für sich zu gewinnen, mit starken Partnern auch im Ausland zu kooperieren und mehr Fördergelder an Land zu ziehen.
Elite-Fördergeld würde etwa in die Lehre fließen
Die mit dem Exzellenztitel verbundene Förderung von Bund und Ländern spielt natürlich auch eine wichtige Rolle, insbesondere, weil die Auserwählten dauerhaft gefördert werden können, mit bis zu 15 Millionen Euro pro Jahr für bestimmte Vorhaben. Diesen Höchstsatz hat die Uni Hamburg beantragt. Von 2026 an findet zwar eine Bewertung statt. Die Unis müssen aber keine neuen Konzepte zur Begutachtung einreichen. Bei guten Noten gibt es das Fördergeld für mindestens weitere sieben Jahre.
Die Universität Hamburg würde sich gerne 24 neue Maßnahmen bezahlen lassen. Dazu zählen etwa Stipendien für Postdocs, also promovierte Forscher, die noch keine Juniorprofessur bekommen haben und wegen der womöglich langen Wartezeit der Wissenschaft Ade sagen könnten. Den Entdeckergeist an der Uni fördern soll zudem ein Ideen- und Risikofonds für eher gewagte, aber vielversprechende Forschungsansätze.
Studenten sollen über Tellerrand schauen
Eine weitere Maßnahme beträfe die Lehre. Lenzen würde gerne jeden Studiengang um einen allgemeinbildenden Teil erweitern. „Damit würden wir unseren Absolventen die Garantie bieten, dass sie über den Tellerrand hinausgeschaut haben“, sagt der Uni-Präsident. Exzellenz-Fördergeld beantragt hat die Uni zudem etwa für eine Transfer-Agentur. Diese soll dafür sorgen, dass sich Unternehmen künftig besser über die Forschung an der Hochschule informieren können und dass Uni-Forscher besser Bescheid wissen, wer neue Entwicklungen vermarkten könnte.