Hamburg . Sie wollen Messstationen und Flugbeschränkungen durchsetzen. Helfen soll ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs.
Fluglärmschutz ist gut, Flugluftschutz aber ist genauso wichtig: Die Bürgerinitiativen gegen den Fluglärm fordern vom Hamburger Senat und dem Flughafen jetzt massive Maßnahmen zum Gesundheitsschutz auch in Sachen saubere Luft.
Anlass des Vorstoßes ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zur Luftreinhaltung vom Mittwoch. Die BIG Fluglärm Hamburg e.V., der Dachverband der Hamburger Bürgerinitiativen für Fluglärmschutz und seit Längerem auch in Sachen Luftreinhaltung unterwegs, verlangt die Einrichtung von vier neuen Messstationen. So soll der Flugverkehr in die Schranken gewiesen werden. Der BUND unterstützt den Vorstoß.
Nach EuGH-Urteil: Aktivisten fordern mehr Messstationen
„Die Forderungen der europäischen Richter sind auch in Hamburg umzusetzen, auch in Hamburg müssen die Messstationen so positioniert werden, dass sie Daten von den am stärksten belasteten Orten liefern", sagt Margarete Hartl-Sorkin, Vorsitzende der BIG Fluglärm.
Laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) haben die Bürger einen Rechtsanspruch auf entsprechend positionierte Messgeräte, dürfen nicht einfach auf Mittelwerte mehrerer Stationen verwiesen werden und können die Standorte der Messstationen gerichtlich überprüfen lassen.
Düsenflieger ohne Katalysator und Partikelfilter
Die BIG fordert Nachtflugbeschränkungen und statt des üblichen „passiven“ auch „aktiven Fluglärmschutz“. Das sind Flugverbote. Ihre lange nur mit Lärmschutz begründeten Forderungen wollen die Umweltschützer längst auch wegen des Schutzes vor Feinstaub und anderen schädlichen Einflüssen des Kerosins realisiert sehen. Die Stadt ist Mehrheitsgesellschafter des Flughafens.
Gebhard Kraft, 1. Vorsitzender der Notgemeinschaft der Flughafenanlieger Hamburg: „Die heute durch die Stadt zum Flughafen Fuhlsbüttel fliegenden Düsenflugzeuge haben weder SCR-Katalysatoren noch Partikelfilter. Technologisch erreicht die Abgasreinigung nicht einmal den Standard eines alten EURO-4-Dieselmotors.“ Gerade die Wohngebiete in den Einflugschneisen seien doppelt belastet – durch den Flugverkehr und den erheblichen Autoverkehr vor allem auf den Hauptverkehrsstraßen.
BUND fordert „neues Messkonzept“
Hamburgs BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch: „Die Luftschadstoffbelastung durch den Flughafen wird häufig unterschätzt. Fliegen schädigt nicht nur das Klima, sondern es werden auch Stickoxide und Feinstäube ausgestoßen. Wir brauchen vor dem Hintergrund der jüngsten EuGH-Entscheidung ein neues Messkonzept am Hamburger Flughafen. Es muss sicherstellen, dass dort gemessen wird, wo die Belastung am größten ist. Dazu gehört zum Beispiel der Startbahnkopf in Groß Borstel.“
Die Umweltbehörde wiegelte ab. "Hamburg hat mehr Stationen als nach der 39. Bundesimmissionschutzverordnung gesetzlich erforderlich wären", erklärte Behördensprecher jan Dube auf Anfrage. Das gestrige EuGH-Urteil bestätigt genau das, was Hamburg bei der Luftreinhaltung und der Schadstoffmessung seit langem macht. Alle vom Institut für Hygiene und Umwelt (HU) in Hamburg erhobenen Daten sind auf der Website der Stadt zu finden. Da finden sich auch eine Station am Flughafen und zwei bei Airbus."
Vier neue Messstationen?
Die Bürgerinitiativen schlagen vor, den Flughafen messtechnisch aufzurüsten und in einem ersten Schritt alle vier Einflugschneisen mit Luftmessstellen für Stickoxide, Ultrafeinstaubpartikel und weitere in der EU-Richtlinie genannte Stoffe auszurüsten. Standorte sollen sein:
•Anflug 23 / Start 05 / Langenhorner Chaussee
•Anflug 05 / Start 23 / Kollaustraße
•Anflug 33 / Start 15 / Alsterkrugchaussee
•Anflug 15 / Start 33 / Ohechaussee (in Absprache mit Schleswig-Holstein)
Das Hamburger Luftmessstellennetz stammt laut BIG überwiegend aus dem letzten Jahrhundert. Die Belastungen durch den Luftverkehr würden praktisch nicht erfasst. Die einzige Messstelle am Flughafen erfasse keine Überflüge. Hier sei dringend Nacharbeit nötig.