Hamburg. Antrag zur Eindämmung von CO2-Emissionen in der Luftfahrt scheitert in der Bürgerschaft. Grüne berufen sich auf Koalitionsdisziplin.
Der Luftverkehr in Hamburg wächst seit Jahren beständig. Die Stadt als Mehrheitseigner des Flughafens freut es, auch wenn es immer schwieriger wird, die Schattenseiten des guten Geschäfts zu vermitteln: den Lärm und die Klimaschädlichkeit des Luftverkehrs.
Laut BUND verursacht Fuhlsbüttel rechnerisch jährlich 2 Millionen Tonnen CO₂. Die Flugverkehre von und zu Airbus in Finkenwerder sind dabei noch nicht berücksichtigt. Seit 2005 stieg der luftverkehrsbedingte Treibhausgasausstoß in Hamburg um 16 Prozent. Trotzdem weigerte sich die rot-grüne Koalition jetzt in der Bürgerschaft, Maßnahmen zum Klimaschutz in das Norddeutsche Luftfahrtkonzept aufzunehmen.
Dem Luftverkehr verbindliche Klimaziele vorgeben?
Die Linkspartei hatte insbesondere gefordert, für das Luftfahrkonzept der Länder Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein klimapolitische Ziele zu formulieren und diese verbindlich in den Plan zu integrieren. Außerdem schlugen die Linken vor, eine Klimaabgabe für Flüge ab Hamburg zu prüfen und einen Maßnahmenkatalog zum Ausbau des Schienenverkehrs vorzulegen, um den Ersatz von Kurz- und Mittelstreckenflügen durch Bahnfahrten zu fördern.
SPD, Grüne und CDU sagten nein dazu und weigerten sich auch, den Antrag der Linken zur weiteren Beratung (und Modifikation) in den Umweltausschuss zu überweisen. Ulrike Sparr, umweltpolitische Sprecherin der Grünen Bürgerschaftsfraktion, verwies auf die Koalitionsdisziplin: „Wir sind für den Klimaschutz. Und das gilt natürlich auch für den Luftverkehr. Der Antrag der Linken war an vielen Stellen nicht zielführend. Vieles muss auf Bundes- oder Europaebene geregelt werden. Dennoch hätten wir den Antrag gerne im Ausschuss diskutiert. Aber es gilt: Bei Uneinigkeit in der Koalition werden Anträge nicht überwiesen.“
Nur Langstreckenflüge sind unumstritten
Die SPD erklärte, die Anpassung des Luftfahrkonzepts sei kaum möglich, weil alle Partner zustimmen müssten. Auch sei Niedersachsen aus dem Verbund ausgetreten. Für den Schienenverkehr setze die Stadt sich bereits ein und habe dazu mehrere Initiativen im Bund angemeldet. Die Klimaabgabe sei rechtlich problematisch, sagte ein Sprecher der SPD-Fraktion. Außerdem sei 2011 eine Luftverkehrssteuer eingeführt worden, die die Fliegerei jetzt schon belange.
Unter Experten ist das Flugzeug das anerkannt umweltschädlichste Verkehrsmittel. Deshalb fordern Umweltschützer, den Einsatz der Flieger möglichst auf die Langstrecke zu begrenzen. Sie kritisieren auch, dass auf Kerosin, anders als auf Benzin oder Diesel, keine Mineralölsteuer erhoben wird und Flüge weitgehend umsatzsteuerbefreit sind. Für die Linkspartei und den BUND sind das Subventionen, die falsche Anreize setzen und fehlsteuern.
Fuhlsbüttel – ein kleines Kohlekraftwerk
„Fuhlsbüttel erzeugt soviel CO2 wie ein kleines Kohlekraftwerk. Unterscheidet der Hamburger Senat beim Klimaschutz zwischen gutem und bösem CO2?“, fragt Martin Mosel, Sprecher des BUND-Arbeitskreises Luftverkehr. Während Rot-Grün am Dienstag den Fahrplan zum Kohleausstieg beschlossen habe und beim Kohlekraftwerk Moorburg den CO2-Ausstoß eindämmen will, bekomme der Luftverkehr einen „klimapolitischen Freiflugschein“ ausgestellt. Moorburg entließ 2016 rund 5,5 Millionen Tonnen des Klimagases Kohlendioxid in die Atmosphäre. Laut BUND schlägt das in der Luft ausgestoßene CO2 mit Faktor 3 zu Buche, weil es um diesen Faktor schädlicher für das Klima sei als am Boden erzeugtes Treibhausgas.
„Das Wort ‚Klima‘ taucht im geltenden Norddeutschen Luftfahrkonzept der Länder nur ein einziges Mal auf: Im Zusammenhang mit der Anregung weiterer Untersuchungen zu den Umwelt- und Klimafolgen des Luftverkehrs“, sagte Stephan Jersch, umweltpolitischer Sprecher der Linkspartei in der Bürgerschaft. „Außerdem regt das Luftfahrkonzept die Abschaffung der erst 2011 eingeführten Luftverkehrssteuer an. Weil sie das Wachstum bremse. Das Konzept geht also völlig an den aktuellen Erkenntnissen der Umwelt- und Verkehrsforschung vorbei.“
Linke will „Heilige Kühe der SPD schlachten“
Jersch erklärte, seine Fraktion habe mit ihrem nicht sonderlich weit gehenden Antrag „auf einem niedrigen Level in die Diskussion mit dem Senat einsteigen“ wollen. „Das ist gescheitert. Offenbar will die SPD auch weiterhin heilige Kühe schützen“, sagte Jersch mit Blick auch auf die Kreuzfahrer, die noch immer ihre Diesel im Hafen laufen lassen und schlecht gefilterte Abgase in die Stadt blasen dürfen. „Es ist hohe Zeit, solche Privilegien abzuschaffen.“