Hamburg. Neue Details in der Rolling-Stones-Freikarten-Affäre: Neben der Zweiten Bürgermeisterin schlug ein weiterer Politiker das Angebot aus.

Verschlossene Umschläge auf einer VIP-Party und ein Geständnis: In der Affäre rund um die Tickets für das Konzert der Rolling Stones im Hamburger Stadtpark gibt es allerhand Neuigkeiten. Dabei rückt nun auch der Konzertveranstalter ins Visier, die Hamburger Firma FKP Scorpio.

Die hatte an jenem Septembertag des Jahres 2017, wenige Stunden vor Beginn des Konzertes, zu einem Empfang ins Landhaus Walter geladen. In wenigen Hundert Metern Entfernung von der gewaltigen Bühne stimmte man sich auf das Ergebnis ein. Mit dabei: Katharina Fegebank (Grüne), Hamburgs Zweite Bürgermeisterin. Sie hatte bislang angegeben, beim Konzert gewesen zu sein, aber die Karten selbst bezahlt zu haben. Mit anderen Worten: Fegebank hat keine der 100 Stones-Freikarten bekommen, die Harald Rösler, damals Chef des Bezirksamts Nord, von FKP Scorpio verlangt und erhalten hatte.

Offenbar hat sie aber ein Freikartenangebot von FKP Scorpio erhalten – und es ausgeschlagen. Dies geht aus einer aktuellen Kleinen Anfrage der CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Richard Seelmaeker und Jens Wolf hervor. Sie wollten unter anderem wissen, ob Fegebank auf dem VIP-Empfang andere, bessere Tickets bekommen hat. Die Antwort lautet: „Auf dem Vorempfang wurden der Bürgermeisterin Ehrenkarten mit Sitzplatz im verschlossenen Umschlag kostenfrei angeboten. Sie hat diese Karten abgelehnt und am Konzert im Stehplatzbereich mit den von ihr privat erworbenen Karten teilgenommen.“

FKP macht 2017 einen Umsatz von 100 Millionen Euro

Bei dem VIP-Empfang war auch Wolfgang Schmidt dabei, damals Hamburgs Bevollmächtigter beim Bund, heute Finanzstaatssekretär und Vertrauter von Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Auch ihm sind, so heißt es in einer Antwort auf eine weitere Frage, Freikarten „einschließlich der Teilnahme am Vorempfang“ angeboten worden. „Er hat die Annahme der Freikarten abgelehnt und und das Konzert auf den Plätzen besucht, für die er Karten erworben hatte.“

Was FKP Scorpio mit den verschlossenen Umschlägen bezweckte, bleibt unklar. In früheren Zeiten wurde so etwas wohl „politische Landschaftspflege“ bezeichnet. Für die Veranstaltungsfirma war die Stones-Tournee ein großes Geschäft. Im FKP-Jahresabschluss für 2017 ist zu lesen: „Die Umsatzerlöse der Gesellschaft haben sich gegenüber 2016 um ca. 44 Millionen Euro erhöht und liegen erstmals in der Unternehmenshistorie über 100 Millionen Euro.“

Die Stimmung beim VIP-Empfang war offenbar gut. Laut Internetportal Musikwoche lobte der FKP-Veranstaltungsleiter Christian Wiesmann die Hamburger. „Zu sehen, wie nach den intensiven Planungen über nur vier Monate alles zusammenkommt und wie hervorragend die Zusammenarbeit mit allen Beteiligten – dem Bezirksamt Hamburg-Nord, der Polizei, der Feuerwehr, dem HVV, dem ASB und der Stadtreinigung - funktioniert, ist absolut großartig. Eine Veranstaltung in einer solchen Dimension an einem so besonderen Ort ist nur dann möglich, wenn alle zu 100 Prozent an einem Strang ziehen.“

In Hamburg startete die Tour der Stones

Zu denjenigen, die mit an diesem Strang zogen, gehörte wohl auch die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Dorothee Martin. Gegenüber dem Abendblatt schildert sie ihre Rolle so: „Der Vorsitzende des Tourismusverbands hat mir im März 2017 von der Idee des Konzerts der Rolling Stones im Stadtpark berichtet. Ich habe sein Anliegen als tourismuspolitische Sprecherin wunschgemäß an den Bezirksamtsleiter weitergegeben. Mit dem weiteren Verfahren war ich nicht weiter befasst.“ Die Idee des Tourstarts der Stones in Hamburg habe sie „hochattraktiv“ gefunden. Und weiter: „Ich war mit zwei aus dem Kontingent des Bezirksamts direkt beim Veranstalter erworbenen Kaufkarten auch selbst vor Ort.“

Martin kritisiert Röslers Verhalten: „Dass insbesondere die Bezirksamtsleitung im Zuge der Genehmigung offenbar jedes Maß beim Thema Freikarten verloren hat, ist unerklärlich und bedauerlich. Denn eigentlich hätte es nur als außergewöhnliches Kulturereignis in die Hamburger Geschichte eingehen sollen.“