Hamburg. Laut Mietverträgen für die Sporthalle Hamburg hatte das Bezirksamt Anspruch auf Freikarten für alle Konzerte. CDU fordert Untersuchung.

Das Bezirksamt Nord hat offenbar seit Jahrzehnten für jedes in der Sporthalle Hamburg stattfindende Konzert 30 Freikarten bekommen. Diesen Schluss lassen Mietverträge unter anderem für Auftritte der Beginner, von Nick Cave, Kraftklub, den Beatsteaks und vielen weiteren Bands zu, die am Montag und Dienstag im Hamburger Transparenzportal veröffentlicht wurden. Zu den allgemeinen Vertragsbedingungen gehört folgende Klausel: „Der Mieter hat spätestens zwei Wochen von der Veranstaltung dem Vermieter 30 Eintrittskarten unentgeltlich zu überlassen.“

Vorgeschrieben wird sogar, für welche Plätze diese Freikarten gelten. „Bei Veranstaltungen mit Zusatzbestuhlung auf dem Hallenboden Reihe 10, Nr. 1–30.“ Aus dem Bezirksamt heißt es dazu, die allgemeinen Vertragsbedingungen würden schon seit vielen Jahren gelten und seien entsprechend den Vertragsbedingungen für die Miete von Räumen im Congress Center Hamburg (CCH) formuliert worden.

Freikarten-Affäre: Muss sich die Bürgerschaft einschalten?

Am Mittwoch teilte das Bezirksamt dem Abendblatt mit: "Der Passus über die 30 Eintrittskarten ist in den frühen 80er-Jahren in die AGB aufgenommen worden und war dort bis Ende 2017 fester Bestandteil. Die Details der tatsächlichen Praxis in der Vergangenheit sind zurzeit Gegenstand laufender Ermittlungen."

Die CDU im Bezirk Nord spricht davon, dass das Bezirksamt die Öffentlichkeit über Jahre "belogen und betrogen" habe. Der CDU-Abgeordnete Bernd Kroll sagte: "Ich bin entsetzt, mit welcher Dreistigkeit der SPD-Bezirksamtsleiter (Harald) Rösler uns Abgeordnete und damit auch die Bürgerinnen und Bürger immer wieder belogen hat.“ Die Behörde müsse jetzt offenlegen, wer "Hunderte von Freikarten" bekommen habe. Die Hamburger Bürgerschaft müsse sich jetzt einschalten. Denn auch die Finanzbehörde als Aufsicht über die Bezirke habe tatenlos zugeschaut.

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ex-Leiter des Bezirksamtes

Das Bezirksamt Nord steht derzeit im Fokus eines Freikartenskandals. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit Herbst 2017 unter anderem gegen den Ex-Leiter des Bezirksamtes Nord, Harald Rösler (SPD), wegen des Verdachts der Bestechung und Bestechlichkeit. Dabei geht es um das Konzert der Rolling Stones im Stadtpark.

Rösler soll damals vom Konzertveranstalter FKP Scorpio 300 Freikarten verlangt und 100 bekommen haben. Die Staatsanwaltschaft erhob im Zusammenhang mit der Affäre bislang sieben Anklagen, weitere Ermittlungsverfahren sind anhängig. Vor rund zwei Wochen durchsuchte die Staatsanwaltschaft erneut das Bezirksamt Nord. Diesmal ging es um Konzerte in der Sporthalle. Auch dort steht der Verdacht der Bestechlichkeit im Raum.