Hamburg. Orthopäde und Chirurg Karl-Heinz Frosch erklärt Arthrose und gibt im Universitätsklinikum Eppendorf Tipps zur Therapie.

Unsere Knie müssen Schwerstarbeit leisten: Sie strecken und beugen sich viele Tausend Male im Jahr. Deshalb läuft es längst nicht immer wie geschmiert, gerade mit zunehmendem Alter: Früher oder später machen sich unsere größten Gelenke bei Belastungen geräuschvoll bemerkbar. Wann das harmlos ist oder ein Warnsignal, wann Ärzte sich das ansehen sollten, und was man dann gegen Kniebeschwerden tun kann, erläuterte der Orthopäde und Unfallchirurg Prof. Karl-Heinz Frosch vor etwa 330 Besuchern bei der Gesundheitsakademie des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE).

„Ein schmerzloses Knacken im Knie ist normal“, sagt Frosch. Es gebe kaum Menschen, bei denen das nicht vorkomme. „Feinsandige Reibegeräusche dagegen können Hinweise auf Knorpelschäden sein“, so der Direktor der UKE-Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie. Wenn solche Symptome mit Beschwerden einhergehen, sollte man das abklären lassen, rät Frosch.

Arthrose nicht unbedingt schmerzhaft

Knorpel bildet die Schutzschicht unserer Gelenke. Ein Unfall, der das Knie betrifft, kann einen punktuellen Abrieb des Knorpels bewirken, auch bei jungen Menschen. Bei einem fortschreitenden Verlust an Knorpelvolumen hingegen, der meist in einem höheren Alter auftritt, sprechen Ärzte von einer Arthrose­. Schmerzen entstehen durch diesen Verschleiß nicht zwangsläufig: „Viele Menschen haben eine Arthrose, merken davon aber nichts“, so Frosch.

Wenn es doch schmerzt, sind das nicht die Knorpel, denn sie haben keine Nerven. Vielmehr tut die Gelenkschleimhaut weh, weil sie von abgeriebenen Knorpelpartikeln gereizt wird, anschwillt und mehr Gelenkflüssigkeit produziert. Eine Arthrose kann viele Ursachen haben. „Ein Risikofaktor ist etwa fehlende Bewegung“, sagt Frosch. Das beginne schon in jungen Jahren. „Studien zeigen: Kinder, die sich viel bewegen, haben mehr Knorpelmasse im Kniegelenk als Kinder, die sich wenig bewegen“, sagt der Orthopäde.

Knorpel ist trainierbar

Die Folgen zeigten sich unter Umständen im Erwachsenenalter: „Wer vergleichsweise wenig Knorpelmasse hat, kommt schneller dahin, eine schmerzhafte Arthrose zu entwickeln“, sagt Frosch. Allerdings sei der Knorpel auch bei Erwachsenen noch trainierbar. „Wer sich viel bewegt, dessen Knorpel wird dann härter und widerstandsfähiger.“

Das hat mit der Ernährung des Knorpels zu tun. „Wenn man sich viel bewegt, wird der Knorpel ausgepresst, er verliert Volumen. Nachts saugt er sich wieder voll wie ein Schwamm“, erläutert Frosch. Deshalb sei es bei Arthrose nicht ratsam, das Knie dauerhaft zu schonen – im Gegenteil: „Eine der wirkungsvollsten konservativen Therapien ist Bewegung“, sagt Frosch. Bei wenig Bewegung wird der Knorpel weniger gut ernährt, zudem reduziert sich die Muskulatur, die das Kniegelenk stabilisiert.

Prof. Frosch rät von Hyaluron ab

Empfehlenswerte Sportarten bei Arthrose seien Schwimmen, Radfahren und Nordic Walking. Sehr hilfreich könne es bei Arthrose auch sein, Übergewicht zu reduzieren, um das Knie zu entlasten, sagt Frosch. Etliche Orthopäden bieten an, bei Arthrose in den Knien Hyaluron in das Gelenk zu spritzen, einen Stoff, der im Knorpel natürlicherweise vorkommt und die Schmierung verbessern soll. Studien zeigten, dass etwa 30 bis 50 aller Patienten einen Vorteil davon haben, sagt Frosch. Aber: „Der Effekt schwächt sich mit der Zeit ab.“

Die gesetzlichen Kassen bezahlen diese Behandlung nicht. Das Risiko, dass es durch die Injektion zu einer Infektion des Kniegelenks mit Keimen kommt, sei zwar sehr gering, aber eben nicht gleich null, sagt Frosch. Auch deshalb rate er davon ab, immer wieder Hyaluron zu spritzen. Ein künstliches Kniegelenk ist dem Mediziner zufolge meist erst dann nötig, wenn der Knorpelabrieb so weit fortgeschritten ist, dass nur noch Knochen aufeinander reiben und der Patient dauerhaft mit Schmerzen zu kämpfen hat. Insbesondere bei Patienten unter 50 müsse eine solche Operation allerdings wohl überlegt sein. „Endoprothesen halten heute bis zu 15 Jahre lang“, sagt Frosch. „Der erste Wechsel funktioniert meistens noch ganz gut, aber der zweite Wechsel kann schon nicht mehr unproblematisch sein.“

Krankentherapie hilft bei Meniskusriss

Dem UKE-Forscher zufolge sollten Ärzte auch bei Schäden an den Menisken im Knie zurückhaltend mit Operationen sein. Viele Menschen ab 45 haben Risse in den Menisken, merken davon aber nichts, wie Frosch sagt. „Das ist nicht schlimm – es zeigt vielmehr, dass längst nicht jeder Meniskusriss operiert werden muss.“ Bei Knieschmerzen durch Meniskusrisse komme ein erheblicher Teil der Betroffenen etwa mit Krankengymnastik als Therapie aus. „Eine Operation ist meist erst dann nötig, wenn sich etwa Teile des Meniskus lösen und das Knie blockiert“, sagt Frosch.