Hamburg. Bezirksabgeordnete spricht von “Racheaktion“ des abgewählten Fraktionschefs Osterburg. Wollen Abtrünnige eigene Fraktion gründen?
Die Auseinandersetzung bei den Grünen in Hamburg-Mitte weiten sich immer mehr zu einer Schlammschlacht aus. Nachdem der Landesvorstand Vorwürfe gegen zwei neue Bezirksabgeordnete aufklären will – die dem islamischen Extremismus nahestehen sollen, was zu einer Spaltung der neuen Fraktion in der Bezirksversammlung geführt hat – gehen nun die „Abtrünnigen“ in die Offensive.
„In meinen Augen ist das eine Racheaktion von Herrn Osterburg, weil er abgewählt wurde“, sagte die Bezirksabgeordnete Nicole Kistenbrügger der „Hamburger Morgenpost“. Michael Osterburg war 15 Jahre lang Fraktionschef der Grünen in Mitte und Anfang des Jahres völlig überraschend bei der Kandidatenaufstellung gescheitert. Schon damals war gemunkelt worden, eine Gruppe von Neumitgliedern sei dafür mitverantwortlich gewesen. Zum Umfeld dieser Gruppe sollen auch die beiden Abgeordneten gehören, denen nun die Extremismus-Vorwürfe gemacht werden. „Das ist Rufmord. Hier wird das Leben von zwei jungen Männern kaputt gemacht“, sagte Kistenbrügger, die ihre Aussagen gegenüber dem Abendblatt bestätigte. Diese hätten sich auch „rassistische Bemerkungen“ bei einer Parteiveranstaltung anhören müssen.
Osterburg äußerte sich nicht zu den Vorwürfen. Andere Parteimitglieder zeigten sich jedoch erschüttert ob der offenen Schlammschlacht: Es führe doch zu nichts, zu behaupten, die Parteiführung erhebe unbelegte Vorwürfe und setze dann selbst Vorwürfe in die Welt, für die es keinerlei Belege gebe.
Kommunikation fast nur noch über die Medien
Die beiden „Lager“ kommunizieren derzeit fast nur über die Medien. Auf den Wunsch des Parteivorstands nach einem klärenden Gespräch mit den beiden Abgeordneten sollen diese bislang nicht reagiert haben. „Ich beteilige mich nicht an öffentlichen Spekulationen und spiele auch nicht beim Vorwurfs-Ping-Pong mit“, sagte die Landesvorsitzende Anna Gallina dem Abendblatt. „Wir haben als Landesvorstand die Frage zu klären, ob sich zwei gewählte Abgeordnete in vollem Umfang zum Grundgesetz und unseren Grundwerten bekennen. Das allein ist Gegenstand des Verfahrens, das wir angestrengt haben und sonst nichts.“
Mit Spannung wird nun die konstituierende Sitzung der Bezirksversammlung am Donnerstag erwartet. Aktuell hat die Grüne-Fraktion nur zehn Mitglieder, obwohl die Partei bei der Wahl 16 Mandate errungen hatte. Damit wäre nun doch die SPD (14 Sitze) stärkste Kraft. Unklar ist, wie sich die anderen sechs Abgeordneten verhalten werden. „Für uns steht es außer Frage, die grünen Ideale weiterhin vertreten zu wollen“, sagte Nicole Kistenbrügger. „Wenn sich eine gemeinsame sachliche Basis finden würde, sind wir jederzeit gesprächsbereit.“ Viele Grüne haben jedoch die Sorge, dass die Sechs eine eigene Fraktion gründen werden.