Hamburg. Die zwölfte Soziale Erhaltungsverordnung betrifft 24.000 Menschen. Auch in Eilbek soll sie kommen. Was die Regulierung bedeutet.

Mit der hamburgweit zwölften Sozialen Erhaltungsverordnung sollen nun auch Mieter in Altona-Nord vor Verdrängung geschützt werden. Jeder Verkauf oder Abriss von Wohnimmobilien sowie bauliche Änderungen oder die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen müssen vom Bezirksamt geprüft und genehmigt werden, wie Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) am Dienstag im Rathaus sagte. In dem Gebiet zwischen Max-Brauer-Allee, Eimsbütteler Straße und den Gleisanlagen nördlich des Bahnhofs Altona leben nach Angaben des Senats rund 24.000 Menschen. Die Verordnung tritt an diesem Mittwoch in Kraft.

Die Wohngebiete in Altona-Nord seien sehr gefragt und stünden deshalb unter einem „starken Aufwertungs- und Verdrängungsdruck“, sagte Stapelfeldt. Ohne regulierende Maßnahmen wäre die Bevölkerungsstruktur in ihrer Zusammensetzung gefährdet, heißt es vom Senat. Wie Stapelfeldt sagte, werden die Bewohner nun vor Verdrängung „infolge umfassender Modernisierungen und Wohnungsumwandlungen so weit wie möglich geschützt“.

Stadt kann als letztes Mittel ihr Vorkaufsrecht ausüben

Dass die Verordnungen wirken, zeige die stark gesunkene Zahl der Umwandlungsanträge in den bereits geschützten Gebieten: In der Sternschanze und in St. Georg habe es seit 2017 keine Anträge mehr gegeben, sagte die Senatorin. Bei Verkäufen könne die Stadt zudem ihr Vorkaufsrecht als letztes Mittel ausüben, sollte der neue Investor sich nicht an die im Rahmen der Erhaltungsverordnung geltenden Regeln halten wollen.

Seit 2012 seien in den bereits geschützten Gebieten 340 Immobilienverkäufe geprüft worden, sagte Stapelfeldt. „Nur in acht Prozent der Fälle wurden Vorkaufsrechtverfahren eingeleitet.“ Zumeist habe dies zu einer Nachbesserung geführt. Wie aus der Antwort des Senats auf eine Schriftliche Kleine Anfrage des FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Jens Meyer hervorgeht, übte die Stadt im Jahr 2018 für elf Grundstücke ihr Vorkaufsrecht für Immobilien in Gebieten mit Sozialer Erhaltungsverordnung aus. Für 126 Wohnungen – darunter zwei Wohngemeinschaften – zahlte sie 56 Millionen Euro.

In Altona-Nord handele es sich bei 54 Prozent der Gebäude um Altbauten, 91 Prozent der Haushalte lebten in Mietwohnungen, sagte Altonas Bezirksamtsleiterin Liane Melzer. Ihr zufolge liegen die Mieten schon jetzt bei gut der Hälfte der Wohnungen oberhalb des Mietenspiegels. Bei Neuvermietungen sei der Quadratmeterpreis zuletzt bis auf 16,50 Euro gestiegen.

Viele Bewohner sind Normal- und Geringverdiener

Nach Angaben des Senats, der auf eine repräsentative Erhebung verweist, müssen in Altona-Nord mehr als die Hälfte aller Haushalte mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete aufwenden; mehr als ein Viertel aller Haushalte müsse sogar mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für die Miete zahlen. Die meisten Bewohner seien Normal- und Geringverdiener, etwa die Hälfte habe weniger als 2300 Euro im Monat zur Verfügung, 20 Prozent müssten mit weniger als 1500 Euro auskommen. Mit der jüngsten Maßnahme stünden nun alle innerstädtischen Stadtteile Altonas unter dem Schutz Sozialer Erhaltungsverordnungen, sagte Bezirksamtsleiterin Liane Melzer.

Als nächster Stadtteil soll Eilbek eine solche Verordnung erhalten. Dort leben nach Angaben des Senats etwa 12.500 Menschen. Das Verfahren laufe, sagte Stapelfeldt. „Wir hoffen, dass der Erlass noch in diesem Jahr erfolgen kann.“

Ihre Arbeit bestätigt sieht die SPD-Bürgerschaftsfraktion. „Die SPD ist Hamburgs Mieterschutzpartei“, sagte die SPD-Abgeordnete Martina Koeppen. Olaf Duge von den Grünen erklärte, Untersuchungen belegten, dass die Soziale Erhaltungsverordnung die Umwandlung in Eigentumswohnungen drastisch bremse und Verdrängungseffekten vorbeuge. „Die gewachsene soziale Mischung in den Quartieren kann so stabil gehalten werden“, sagte er.

Die FDP spricht von „Symbolpolitik“

Ein Lob mit Einschränkungen kam von der Linksfraktion. „Jede Erhaltungsverordnung mehr ist gut und dringend erforderlich“, sagte die Linken-Abgeordnete Heike Sudmann. Allerdings seien in Berlin derzeit 840.000 Einwohner durch Soziale Erhaltungsverordnungen geschützt, in Hamburg dagegen erst 212.000. „Den Titel einer Mieterschutzpartei hat die SPD schon lange verspielt. Wer für die Menschen in ganz Hamburg etwas tun will, sollte sich endlich um einen Mietendeckel, einen echten Mietenstopp kümmern“, forderte Sudmann.

Die FDP nannte den Erlass der neuen Erhaltungsverordnung „Symbolpolitik“. Sie werde den Anstieg der Mieten nicht bremsen, sagte der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Fraktion, Jens P. Meyer. „Im Gegenteil: Sie verhindert Sanierung und Nachverdichtung und sorgt damit gerade nicht für den dringend benötigten zusätzlichen Wohnraum. Rot-Grün muss endlich begreifen, dass Verordnungen und Verbote der falsche Weg sind.“