Hamburg. Vorwurf: Wenige Wohnungen zu teuer gekauft. Auch die FDP hält das Vorgehen Hamburgs beim Vorkaufsrecht für falsch.
Wirbel um das Vorkaufsrecht: Die Stadt soll für einige von ihr erworbene Gebäude zu viel Geld ausgegeben haben, um Mieter zu schützen – dieser Ansicht ist zumindest der Landesverband Nord des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW).
Anlass ist eine schriftliche Kleine Anfrage des FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Jens Meyer. Aus der Antwort des Senats geht hervor, dass die Stadt 2018 für elf Grundstücke das Vorkaufsrecht für Immobilien in Gebieten mit sozialer Erhaltungsverordnung ausgeübt hat. Für 126 Wohnungen – darunter zwei Wohngemeinschaften – zahlte sie 56 Millionen Euro. Der BFW hält das für eine „Verschwendung von Steuergeldern“.
Durchschnittsgröße von 58,51 Quadratmetern
So viel Geld, „um für ein paar Menschen die Miete zu begrenzen“, das könne „nicht im Sinne der Allgemeinheit sein“, sagt Sönke Struck, Vorstandsvorsitzender des BFW Nord. Damit habe die Stadt „einige wenige ,alte‘ Wohnungen teuer eingekauft“. Struck zufolge hätte man stattdessen besser viele neue Wohnung gebaut.
Er behauptet: „Bei einer durchschnittlichen Wohnungsgröße von 65 Quadratmetern könnten wir mit dem Geld derzeit 205 frei finanzierte Wohnungen auf den Markt bringen – vorausgesetzt wir finanzieren diese komplett aus dem Eigenkapital.“ Da aber Investoren angesichts günstiger Zinsen rund zwei Drittel eines Projekts fremdfinanzierten, könnten 580 – also fast dreimal so viele Wohnungen – entstehen, so Struck weiter.
In der FDP-Anfrage wird nicht nach der Größe der 126 Wohnungen gefragt, wobei diese Angabe nötig wäre, um die Ausgaben der Stadt grob einschätzen zu können. Auf Abendblatt-Anfrage erklären Stadtentwicklungs- und Finanzbehörde dazu, die Größe der Wohnungen variiere zwischen 23 und 132 Quadratmetern, die Durchschnittsgröße betrage 58,51 Quadratmeter.
Zentrales Anliegen
Allein auf die Wohnungen bezogen, hätte die Stadt bei einem Gesamtpreis von 56 Millionen Euro also 440.000 Euro pro Wohnung bezahlt. Allerdings gibt es in den Gebäuden auch noch neun Gewerbeeinheiten, wie die Stadtentwicklungsbehörde mitteilt. Drei der elf Grundstücke liegen in Ottensen, fünf in der Sternschanze, zwei auf St. Pauli, ein Grundstück liegt in Altona-Altstadt. Hat die Stadt nun „einige wenige ‚alte‘ Wohnungen teuer eingekauft“? „Bestandsschutz und Neubau sind zwei unterschiedliche Aspekte der Hamburger Wohnungspolitik und sollten nicht gegeneinandergestellt werden“, antworten die Behörden.
„Der Schutz der Mieterinnen und Mieter in den bestehenden Wohnungen vor Verdrängung ist für den Hamburger Senat ein zentrales Anliegen. Gerade in den stark nachgefragten zentralen Quartieren kümmert sich die Stadt deshalb darum, Mietwohnraum zu erhalten und Mietsteigerungen zu begrenzen.“ Der Senatsantwort auf die FDP-Anfrage zufolge bleiben die bisherigen Mieten in den Wohnungen nach Ausübung des Vorkaufsrechts bestehen.
Ausreichendes Wohnungsangebot gefordert
FDP-Politiker Jens Meyer hält das Vorgehen der Stadt für falsch. „Das große Getöse, das der Senat gegen sogenannte Luxussanierungen erzeugt, entpuppt sich als Symbolpolitik und lenkt von den eigentlichen Problemen ab“, sagt Meyer. „Die Ausübung von Vorkaufsrechtenin Gebieten mit sozialer Erhaltungsverordnung führen nur dazu, dass einzelne bevorteilt werden. Ziel muss es sein, die Belastung durch Mietpreissteigerungen für alle Hamburger zu begrenzen. Das gelingt nicht durch ständige Reglementierung, sondern nur durch ein ausreichendes Wohnungsangebot.“